Zusammenfassung
Bereits 2004 wurde die ambulante Behandlung durch Krankenhäuser im GKV-Modernisierungsgesetz angestoßen, ab 2007 wurde ein Zulassungsverfahren der Krankenhausplanungsbehörden eingeführt. 2012 wurde dann mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz ein neuer Anlauf unternommen, diesmal unter Einbeziehung der niedergelassenen Vertragsärzte. Damit wurde der § 116b SGB V in die sog. Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung (ASV) überführt. Diese umfasst die Diagnostik und Therapie seltener oder komplexer, schwer therapierbarer Krankheiten, die eine spezielle Qualifikation der Behandler, eine interdisziplinäre Zusammenarbeit und/oder eine besondere Ausstattung erfordern. Erstmals wurde damit ein einheitlicher Ordnungsrahmen für die Teilnahme von Vertragsärzten und Krankenhausärzten an der ambulanten Versorgung geschaffen. Es gibt keine Bedarfsplanung oder Zulassung im engeren Sinne. Ihre Qualifikation müssen die Ärzte den erweiterten Landesausschüssen der Ärzte, Krankenkassen und Krankenhäuser anzeigen. Welche Erkrankungen im Rahmen der ASV behandelt werden können, legt der Gemeinsame Bundesausschuss in einer Richtlinie fest. Er regelt auch den Behandlungsumfang, die sächlichen und personellen Voraussetzungen für eine Teilnahme sowie den Leistungsumfang und die Vergütungsstruktur. Das Honorar wird unmittelbar von den Krankenkassen erstattet, die Leistungen werden zu festen Preisen ohne Mengenbegrenzung außerhalb der morbiditätsorientierten Gesamtvergütung bezahlt. Der Kollektivvertrag wird um den Leistungsbedarf bereinigt, der durch die ASV entfällt.
Die Umsetzung ist komplex und verläuft bislang eher schleppend. Sie wird erschwert durch den gesetzgeberischen Konflikt zwischen Anreizen für die Leistungserbringer und der Sorge vor unkontrollierter Ausgabenentwicklung. Die Nachweise der geforderten Teilnahmevoraussetzungen sind aufwändig und ein wichtiges Hindernis für eine flächendeckende Beteiligung von Ärzten an der ASV. Bestehende Wettbewerbsunterschiede zwischen Vertragsärzten und Krankenhäusern sind zwar reduziert, aber nicht beseitigt. Die Krankenkassen haben keine Einflussnahme auf Qualität und evtl. Mengenausweitung.
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Dengler, R. (2020). Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung (ASV). In: Thielscher, C. (eds) Handbuch Medizinökonomie I. Springer Reference Wirtschaft . Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-17975-5_40-2
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Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung (ASV)- Published:
- 12 May 2021
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-17975-5_40-3
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Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung (ASV)
- Published:
- 13 December 2020
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-17975-5_40-2
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Original
Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung (ASV)- Published:
- 05 May 2018
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-17975-5_40-1