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Geschichte des Jugendschutzes und der Zensur

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Handbuch Filmsoziologie

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Zusammenfassung

Der vorliegende Text über den Umgang mit potenziell entwicklungsbeeinträchtigenden Filmen in der Bundesrepublik Deutschland stellt mithilfe eines kurzen Rückblicks zurzeit tätige Institutionen der Medienregulierung in einen historischen Kontext. Als maßgebliche Protagonistin wird dabei die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) identifiziert, deren Filmbewertung im Spiegel des gesamtgesellschaftlichen Wertewandels interessante Rückschlüsse auf zeitweise tabuisierte Inhalte und die in den jeweiligen Jahrzehnten vorherrschenden Moralvorstellungen ermöglicht. Des Weiteren wird thematisiert, ob der restriktive Jugendschutz in Deutschland möglicherweise legitime Unterhaltungsbedürfnisse von Erwachsenen unzulässig tangiert und wie sich in Zeiten neuer technischer Herausforderungen (z. B. einer zunehmenden Digitalisierung) Jugendschutz zukünftig positionieren muss, um seinen protektiven Funktionen weiterhin nachzukommen.

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Notes

  1. 1.

    Dies sind laut FFA: „300: Rise of an Empire“ (#36 in 2014), „John Wick: Kapitel 2“ (#36 in 2017), „Jigsaw“ (#67 in 2017) und „The First Purge“ (#47 in 2018).

  2. 2.

    Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ (11/1984) nimmt die sogenannte „Horrorwelle“ zum Anlass für eine Titelstory unter der reißerischen Schlagzeile: Blutrausch im Kinderzimmer – Horror-Video. Wenige Tage zuvor hatte bereits das ZDF in der Reihe „Klartext“ eine tendenziöse Dokumentation mit dem Titel Mama, Papa, Zombie – Horror für den Hausgebrauch (01.03.1984) ausgestrahlt.

  3. 3.

    Ein neu eingefügter Vortext erläutert, dass der Film sich nicht gegen das deutsche Volk richte und keine Anklage deutscher Soldaten sei. Neben der Entschärfung einer Folterszene wird auch die deutsche Tonspur an mehreren Stellen verändert.

  4. 4.

    FSK-Entscheid Prüf-Nr. 31 307 (Arbeitsausschuss, 10.12.1963).

  5. 5.

    Aus der Entscheidung der BPjM zu Tanz der Teufel (Nr. 6126 vom 06.10.2016): „Der Film ist aus heutiger Sicht bereits nicht als jugendaffin anzusehen. Er wirkt – im Hinblick auf die in den letzten 30 Jahren ganz erheblich verbesserten technischen Möglichkeiten und in heutigen Filmen des Genres zu findenden Spezialeffekte – eher altmodisch“ und aus der Entscheidung der BPjM zu Blutgericht in Texas (Nr. 5872 vom 01.12.2011): „Es fehlt den Darstellungen die Eignung, die Empathiefähigkeit heutiger Minderjähriger gegenüber Opfern von Gewalttaten in sozialethisch-desorientierender Weise zu vermindern oder gar zu beseitigen. Der Zuschauer wird aufgrund der distanzierend wirkenden, altmodischen Settings, der langatmigen Erzählweise, der hölzernen Dialoge und insbesondere der langen Kameraeinstellungen ohne Gegenschnitte in das Geschehen nicht mehr emotional involviert. () Das Rezeptionserleben ist hinsichtlich der empathischen Beeinflussung der Betrachter demnach heute anders zu bewerten als noch vor ca. 30 Jahren.“

  6. 6.

    Beispielhaft erwähnt sei die Szene aus Schulmädchen-Report 3 – Was Eltern nicht mal ahnen (1971), in der ein vierzehnjähriges Mädchen ihren unbekleideten zehnjährigen Cousin verführen will. Nachdem ein Antrag auf Listenstreichung des Titels eingeht, sieht die BPjM bei einer Neuprüfung im November 2018 den Tatbestand der Kinder- und Jugendpornografie erfüllt und trägt Teil 1 und 3 der Reihe auf Liste B um. In dieser Liste werden Filme geführt, bei denen die BPjM von strafrechtlicher Relevanz ausgeht.

  7. 7.

    Vgl. Studie: Smoke-free movies: from evidence to action der WHO (World Health Organization).

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Humberg, M. (2019). Geschichte des Jugendschutzes und der Zensur. In: Geimer, A., Heinze, C., Winter, R. (eds) Handbuch Filmsoziologie. Springer Reference Sozialwissenschaften. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-10947-9_82-2

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  1. Latest

    Geschichte des Jugendschutzes und der Zensur
    Published:
    27 October 2019

    DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-10947-9_82-2

  2. Original

    Geschichte des Jugendschutzes und der Zensur
    Published:
    28 June 2018

    DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-10947-9_82-1