Zusammenfassung
Im 20. Jahrhundert ist in der politischen Philosophie eine Renaissance aristotelischer Denkfiguren zu verzeichnen. Von Eric Voegelin, Leo Strauss und Hannah Arendt über Hans-Georg Gadamer, Joachim Ritter und Dolf Sternberger bis zu Alasdair MacIntyre und Martha Nussbaum zieht sich ein Band, das sie in vielfältiger Weise mit dem Gründervater der epistēmē politikē verbindet. Einflußreiche Schulen der deutschen wie amerikanischen Politikwissenschaft und Philosophie waren und sind aristotelisch ausgerichtet.
»Ein Grund, von Aristoteles weitläufig zu sein, liegt darin, daß keinem Philosophen soviel Unrecht getan worden ist durch ganz gedankenlose Traditionen, die sich über seine Philosophie erhalten haben und noch an der Tagesordnung sind, obgleich er lange Jahrhunderte der Lehrer aller Philosophen war. Man schreibt ihm Ansichten zu, die gerade das Entgegengesetzte seiner Philosophie sind. Platon wird viel gelesen; Aristoteles ist in neuerer Zeit fast unbekannt, und es herrschen die falschesten Vorurteile über ihn.«
(G.W.F. Hegel)1
»Wir verstehen die klassischen Texte eigentlich nur dann und nur insoweit wirklich aus dem Grunde, als der Sinn uns aus unserer eigenen Erfahrung durchsichtig wird. Es ist immer gut zu lernen und sich einzuprägen, was die großen Autoren vorgetragen haben, aber das eigentliche Verstehen — wenn einem plötzlich ein Licht aufgeht — erwächst erst dann, wenn wir bemerken, daß der klassische Autor unsere eigene Erfahrung deutet. Woraus mit Notwendigkeit folgt, daß gerade das eigentliche und tiefere Verständnis immer nur ein partikulares Verständnis sein kann — man faßt es an einem Zipfel, es wird partienweise hell an dieser und jener Stelle, in einem gewissen Sinne und Grade.«
(Dolf Sternberger)2
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Anmerkungen
Vgl. Hans Maier: Die Lehre der Politik an den älteren deutschen Universitäten, in: Politische Wissenschaft in Deutschland. Lehre und Wirkung, München 1969, 21985 (erw.), 31–67;
ders.: Die ältere deutsche Staats- und Verwaltungslehre, Neuwied/Berlin 1966, München 21980, bes. 166–172, 190f.
Jürgen Habermas: Der philosophische Diskurs der Moderne, Frankfurt a.M. 1985, 16.
Robert C. Solomon: Ethics and Excellence: Cooperation and Integrity in Business, New York 1992; ders.: Corporate Roles, Personal Virtues: An Aristotelean Approach to Business Ethics, in: Business Ethics Quarterly 2 (1992), 317–339; Peter Koslowski: Prinzipien der Ethischen Ökonomie: Grundlegung der Wirtschaftsethik und der auf die Ökonomie bezogenen Ethik, Tübingen 1988; ders.: Politik und Ökonomie bei Aristoteles, Tübingen 31993; ders.: Die Ordnung der Wirtschaft: Studien zur Praktischen Philosophie und Politischen Ökonomie, Tübingen 1994.
ders.: Corporate Roles, Personal Virtues: An Aristotelean Approach to Business Ethics, in: Business Ethics Quarterly 2 (1992), 317–339;
Peter Koslowski: Prinzipien der Ethischen Ökonomie: Grundlegung der Wirtschaftsethik und der auf die Ökonomie bezogenen Ethik, Tübingen 1988;
ders.: Politik und Ökonomie bei Aristoteles, Tübingen 31993;
ders.: Die Ordnung der Wirtschaft: Studien zur Praktischen Philosophie und Politischen Ökonomie, Tübingen 1994.
Aristotle or Burke? Some comments on H. Schnaedelbach’s »What is Neo-Aristotelianism?«, in: Praxis International 7 (1987/88), 238–245.
Franco Volpi: Réhabilitation de la philosophie pratique et néo-aristotélisme, in: Aristote politique. Etudes sur la ›Politiquei d’Aristote, hg. von Alonso Tordesillas, Paris 1993, 483.
Vgl. L. Cortella: Aristotele e la razionalita della prassi. Una analisi del dibattito sulla filosofia pratica aristotelica in Germania, Rom 1987;
Franco Volpi: Che cosa significa neoaristotelismo? (1984), in: Tradizione e attualità della filosofia pratica, hg. von Enrico Berti, Genua 1988, 111–135;
Enrico Berti: La philosophie pratique d’Aristote et sa ›réhabilitation‹ récente, in: Revue de Métaphysique et de Morale 2 (1990), 249–266.
Vgl. Rüdiger Bubner: »Philosophie ist ihre Zeit, in Gedanken erfaßt«, in: Hermeneutik und Ideologiekritik, hg. von Jürgen Habermas u.a., Frankfurt a.M. 1971 , 210–243, bes. 237f.
Hans Robert Jauß: Literaturgeschichte als Provokation der Literaturwissenschaft, Frankfurt a.M. 1970;
ders: Ästhetische Erfahrung und literarische Hermeneutik, Frankfurt a.M. 1991, bes. 392–399, 666–671;
Manfred Frank: Das individuelle Allgemeine. Textstrukturierung und Textinterpretation nach Schleiermacher, Frankfurt a.M. 1 985, bes. 20–34.
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Gutschker, T. (2002). EinfÜhrung. In: Aristotelische Diskurse. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05252-0_1
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