Auszug
„Unser Berufssystem ist nicht familienkonform und umgekehrt unsere Familien-und Haushaltsstruktur ist nicht berufskonform; die an der Wurzel der industriellen Gesellschaft liegende Trennung von Dienst- und Privatleben wird hier zum strukturellen Widerspruch der beiden großen Bindungen und sozialen Lebensnotwendigkeiten, auf denen die Sicherheit des Menschen in der modernen Gesellschaft beruht. Ausgetragen wird dieser fundamentale Widerspruch des Systems auf dem Rücken der berufstätigen Mutter“.1 Dieses Zitat, das auch eine aktuelle soziologische Analyse sein könnte, wurde bereits 1972 von Helmut Schelsky verfasst. Das Problem der Vereinbarkeit von Familie und Beruf wurde also von den Sozialwissenschaften bereits vor Jahrzehnten erkannt. Auch auf anderen Ebenen wird dieses Thema seit langem diskutiert. So kam beispielsweise das Gutachten zum 60. Deutschen Juristentag 1994 zu dem Schluss, dass die Arbeitswelt (immer noch) generell wenig Rücksicht auf die individuelle und familiale Lebensgestaltung nehme, und die Organisation der Arbeit wenig familienorientiert sei. Die erwerbstatigen Familienmitglieder seien bisher gezwungen, ihre Pflichten und Wünsche weitgehend den Bedingungen des Erwerbsarbeitslebens unterzuordnen. Die Organisation der Erwerbsarbeit wird demgegenüber den persönlichen und familialen Interessen übergeordnet. Wer seine Aufgaben in beiden Lebensbereichen (Arbeitswelt und Familie) ernst nimmt, gerät damit fast zwangsläufig in Konflikte.2 Umso erstaunlicher ist es, dass das Problem der Vereinbarkeit von Familie und Berufstätigkeit, das sich bei vielen jungen Müttern und Vätern stellt, von der Arbeitswelt auch heute leider immer noch zu wenig berücksichtigt wird. Konflikte zwischen familialen und beruflichen Aufgaben führen häufig dazu, dass viele junge Paare die Geburt von Kindern aufschieben oder ganz auf Kinder verzichten, denn die Vereinbarkeit dieser beiden Lebensbereiche ist für viele junge Menschen ein wichtiger Aspekt bei der Entscheidung pro oder contra Familie. Und nach der Familiengründung haben viele junge Familien in Deutschland nach wie vor erhebliche Probleme, Erwerbstätigkeit und Kinderbetreuung unter einen Hut zu bringen.
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Literaturverzeichnis
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Rost, H. (2007). Im Zeichen der Demographie: Potenziale nutzen — Wettbewerbsvorteile sichern. In: Esslinger, A.S., Schobert, D.B. (eds) Erfolgreiche Umsetzung von Work-Life Balance in Organisationen. DUV. https://doi.org/10.1007/978-3-8350-9380-5_4
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