Auszug
Existiert eine europäische Öffentlichkeit jenseits von Katastrophen? Ist vielleicht nur noch das Wetter europäisch? Muss es erst zu Terroranschlägen, Islam-Karikaturen oder der Vogelgrippe gekommen sein, damit sich François und Francesco, Fritz oder Frederik gemeinsam betroffen und herausgefordert fühlen? Oder gibt es mehr als ein halbes Jahrhundert nach den Römischen Verträgen längst eine europäische Öffentlichkeit, ein europäisches Bewusstsein und sogar schon eine europäische Identität (Wiśniewski 2003)? Schließlich gehören doch Information und Kommunikation ebenso wie Grundrechte, Integration und Konsens zu Schlüsselbegriffen eines sich seit Jahrzehnten vollziehenden europäischen Einigungsprozesses. Damit sind die Resultate von unterschiedlich offenen und in wechselnder Intensität sich vollziehenden Entwicklungen angesprochen, die auf verschiedenen Ebenen ablaufen, auf institutioneller und monetärer, verkehrstechnischer und touristischer, sozialer und rechtlicher, aber auch auf medialer. Im Kontext der allgemeinen Rahmenbedingungen stellt sich die aktuelle Situation in der Öffentlichkeit und den Medien sowie bei den Bedingungen, unter denen Journalisten arbeiten beziehungsweise ihre Berichterstattung und Kritik rezipiert werden, in allen Mitgliedsländern der EU nur annähernd ähnlich dar. Allein schon ein Vergleich der vier großen Gründungsstaaten ergibt für die Presse folgendes Bild:
D | I | GB | F | |
Fläche (km2) | 357.022 | 301.336 | 243.307 | 543.965 |
Bevölkerung (Mio.) | 82,5 | 57,6 | 60,0 | 58,9 |
Dichte (je km2) | 230 | 191 | 243 | 108 |
Tageszeitungen | ||||
Anteil der Verkaufsarten | 36% Einzel- VK 62% Abo 2% Rest | 90,7 Einzel- VK 9,3% Abo | 54% Enizel- VK 41% Abo | 62% Einzel- VK 30% Abo 8% Rest |
Reichweite (a) | 78,0 | 39,9 | 33,7(b) | 33 |
Verkauf (c) | 4.103 | (?) | 1.364 | 1.803 |
Zeitschriften | 45% Einzel- VK 43% Abo 12% Rest | 85% Einzel- VK 15% Abo | 11% Einzel- VK 89% Abo 12% Rest | 68% Einzel- VK 32% Abo 12& Rest |
Umsatz des Pres- schandels (Mio. €) | 4.159 | 3.500 | (?) | 2.896 |
(a) % der Erwachsenen - (b) inklusive Wochenzeitungen: 81% - (c) in Millionen Exemplare. © Bernd Sösemann |
Der Alltag aller Bürger in der Europäischen Union hat sich somit „europäisch“ verdichtet.
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Literatur
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Sösemann, B. (2007). Transnationale Kommunikation als Faktor eines differenzierten Integrationsprozesses in der Europäischen Union. In: Krienke, M., Belafi, M. (eds) Identitäten in Europa — Europäische Identität. DUV. https://doi.org/10.1007/978-3-8350-5462-2_13
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