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Empirische Evidenz zur Bereitstellung öffentlicher Güter

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Umweltökonomik

Part of the book series: Physica-Lehrbuch ((PHYSICALEHR))

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Zusammenfassung

Kapitel 6 zeichnet ein recht pessimistisches Bild, was die Möglichkeiten zur freiwilligen Bereitstellung öffentlicher Güter angeht: Unabhängig davon, wie komplex wir unser Modell gestaltet haben, zeigte sich, dass rationale Akteure hierbei versagen und das Gut nicht oder in ineffizient geringer Menge bereitstellen werden. In Kap. 7 soll nun diese theoretische Prognose mit der Empirie konfrontiert werden, und zwar auf zwei Ebenen: Zunächst werden wir in Abschn. 7.1 untersuchen, ob das von der Theorie prognostizierte Kooperationsversagen auch in der realen Klimapolitik zu beobachten ist. Wir werden uns daher etwas ausführlicher mit dem Kyoto-Protokoll und seiner Verhandlungsgeschichte auseinandersetzen. In Abschn. 7.2 werden wir dann die mittlerweile sehr umfangreiche empirische Evidenz aus der experimentellen Wirtschaftsforschung in Grundzügen kennenlernen. Es zeigt sich: Während sich die ökonomische Theorie bei der Erklärung der realen Klimapolitik recht gut behauptet, versagt sie bei der Erklärung der experimentellen Befunde: Es zeigt sich nämlich, dass ein beträchtlicher Teil von Versuchsteilnehmern in Experimenten sich durchaus kooperativ verhält und zur Bereitstellung von öffentlichen Gütern beiträgt. In Abschn. 7.3 wird ein prominenter theoretischer Ansatz vorgestellt, der in der Lage ist, kooperatives Verhalten in sozialen Dilemma-Situationen zu erklären. Es handelt sich um die Theorie von Fehr und Schmidt (1999), die zentral auf der Idee von Ungleichheitsaversion beruht. In Abschn. 7.4 werden wir diesen Ansatz auf das Geschehen in der realen Klimapolitik anwenden und eine alternative Deutung für das bisher beobachtbare Kooperationsversagen in der Klimapolitik versuchen.

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Notes

  1. 1.

    In der Resolution (S. 98 1997, S. 4) heißt es „… the United States should not be a signatory to any … agreement … which would (A) mandate new commitments to limit or reduce greenhouse gas emissions …, unless the … agreement also mandates new specific scheduled commitments to limit or reduce greenhouse gas emissions for Developing Country Parties within the same compliance period, or (B) would result in serious harm to the economy of the United States …“.

  2. 2.

    Im Falle Deutschlands sind außerdem noch die „wall fall profits“ – die vereinigungsbedingten Emissionsminderungen durch den Zusammenbruch der ostdeutschen Industrie – zu berücksichtigen. Ohne diesen Effekt sähe die deutsche Bilanz der Klimapolitik bei weitem nicht so glänzend aus.

  3. 3.

    Die Angaben zu den Anteilen an den weltweiten Treibhausgasemissionen beziehen sich auf das Jahr 2005. Vgl. World Resources Institute (http://www.wri.org).

  4. 4.

    Als Beispiel lässt sich die Wahl des Worts „Klimakatastrophe“ zum Wort des Jahres 2007 anführen. Das Wort des Jahres wird von der Gesellschaft für Deutsche Sprache bestimmt.

  5. 5.

    Eine Überprüfung der Ergebnisse auf der Basis einer repräsentativen Stichprobe steht noch aus. Die Autoren erwarten aber kaum optimistischere Resultate: So war in dem Mannheimer Experiment der Anteil von Wählern der Grünen beispielsweise deutlich überrepräsentiert. Teilnehmer mit Präferenz für die Partei der Grünen kauften aber signifikant mehr Zertifikate als Teilnehmer ohne diese Präferenz.

  6. 6.

    Zu den ersten publizierten experimentellen Arbeiten zählen Sauermann und Selten (1959) und Smith (1962). Vernon Smith erhielt 2002 (zusammen mit Daniel Kahneman) den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. In der Begründung der Preisverleihung heißt es „[The prize was awarded] for having established laboratory experiments as a tool in empirical economic analysis, especially in the study of alternative market mechanisms“ (http://nobelprize.org).

  7. 7.

    Vgl. Weimann (2004).

  8. 8.

    Der Theorietest ist nur ein – wenn auch wohl das wichtigste – Ziel von ökonomischen Laborexperimenten. Daneben haben Laborexperimente auch die Funktion, „stilisierte Fakten “ zu erzeugen, d. h. Beobachtungen, die sich als reproduzierbar und robust hinsichtlich der Variation von Elementen der Laborumgebung erweisen. Auf Basis dieser Verhaltensmuster können dann neue Theorien mit höherer Erklärungskraft entwickelt werden. Eine weitere Anwendungsmöglichkeit für Experimente besteht darin, die Performance neu entwickelter Institutionen noch vor ihrer Implementierung in der Realität zu untersuchen und damit die der Einführung solcher Institutionen (z. B. Auktion en) inhärente Unsicherheit zu reduzieren. Schließlich sind für eine Reihe von Gütern, insbesondere im Umweltbereich, individuelle Präferenzen nicht beobachtbar, sondern müssen durch spezielle Befragungstechniken ermittelt werden. Experimente können benutzt werden, um diese Techniken zu testen und weiterzuentwickeln. Vgl. Sturm und Weimann (2006).

  9. 9.

    Vgl. Weimann (2004).

  10. 10.

    Spieltheoretisch formuliert haben wir es mit einem „teilspielperfekten Gleichgewicht“ zu tun. Eine Strategie ist dann teilspielperfekt, wenn sie in jedem Teilspiel ein Nash-Gleichgewicht darstellt.

  11. 11.

    Allerdings scheint der Effekt zwischen MPCR und Beitragsniveau für sehr große Gruppen (N = 40 und N = 100) verloren zu gehen. Vgl. Isaac et al. (1994).

  12. 12.

    Vgl. Sturm und Weimann (2006) und die Meta-Studie von Zelmer (2003).

  13. 13.

    In die gleiche Richtung gehen die Resultate von Brosig et al. (2004), die die Wirkung von Reputation und Kommunikation in zwei-Personen-Verhandlungsspielen untersuchen. Eine Video-Konferenz zwischen den Verhandlungsteilnehmern steigert die Kooperationsrate um 90 %, aber auch eine anonyme E-Mail-Kommunikation – die Reputationseffekte ausschließt – führt zu 70 % höherer Kooperation.

  14. 14.

    Die Sanktion verringert die Auszahlung des Sanktionierten, verursacht aber auch Kosten beim Sanktionierenden. Daher ist es aus theoretischer Sicht individuell nicht rational, einen Mitspieler, der beispielsweise weniger zum öffentlichen Gut beigetragen hat als man selbst, zu bestrafen.

  15. 15.

    Ein sehr ähnliches Modell wurde von Bolton und Ockenfels (2000) vorgestellt. Es basiert ebenfalls auf der zentralen Annahme von Ungleichheitsaversion und kommt zu weitgehend identischen Verhaltensprognosen für zentrale Spiele, die in der experimentellen Wirtschaftsforschung analysiert wurden. Dass hier das Modell von Fehr und Schmidt (1999) gewählt wird, erklärt sich vornehmlich aus der größeren mathematischen Einfachheit.

  16. 16.

    Die Schreibweise\(\max \!\left\{ {{\pi _j} - {\pi _i},0} \right\}\)bedeutet, dass die Nutzendifferenz\({\pi _j} - {\pi _i}\)nur „gezählt“ und mit\(\alpha \)gewichtet wird, wenn sie positiv ist.

  17. 17.

    Man zeigt leicht:\({U_B}\left( {11{,}13} \right) = 11 - {\alpha _B}\left( {13 - 11} \right) < 10 \Leftrightarrow {\alpha _B}> 0{,}5. \)

  18. 18.

    Ob dies tatsächlich der Fall ist, kann bezweifelt werden. Brosig et al. (2007) haben Versuchspersonen wiederholt über einen längeren Zeitraum immer wieder ins Labor eingeladen und mit denselben Entscheidungsproblemen konfrontiert. Während Theorien, die auf Ungleichheitsaversion basieren, anfangs gut abschnitten, erklärte am Ende die Standardtheorie das Verhalten der Teilnehmer am besten. Es stellt sich daher die Frage nach der Stabilität von Präferenzen, die Ungleichheitsaversion beinhalten.

  19. 19.

    In einem Internetexperiment mit Teilnehmern internationaler Klimaverhandlungen konnten Dannenberg et al. (2010) tatsächlich nachweisen, dass Ungleichheitsaversion eine Rolle spielt: Das arithmetische Mittel des Maßes für Aversion gegen vorteilhafte Ungleichheit liegt bei\(\bar \beta= 0{,}56, \)des Maßes für Aversion gegen unvorteilhafte Ungleichheit bei\(\bar \alpha= 0{,}39. \)Die Medianwerte sind\(\hat \beta= 0{,}53\)und\(\hat \alpha= 0. \)

  20. 20.

    Dabei ist zu beachten, dass sich die Position eines Akteurs in der Payoffhierarchie endogen ergibt aus seiner eigenen Beitragsentscheidung sowie den Beitragsentscheidungen aller übrigen Spieler. Damit ist es möglich, dass die Position eines Akteurs in der Payoffordnung (die ex ante allein vom Vektor der Anfangsausstattungen z abhängt) infolge der Beitragsentscheidungen ex post eine andere ist.

  21. 21.

    Man zeigt außerdem leicht, dass es sich hingegen immer lohnt, um\(\Delta \)„nach oben“ abzuweichen. Das einzige Nash-Gleichgewicht ist also dadurch charakterisiert, dass alle Akteure, für die\({\beta _j}> \beta _j^{krit}\)gilt, ihre gesamte Anfangsausstattung in das öffentliche Gut investieren.

  22. 22.

    Dabei kann der Faktor\({h \mathord{\left/ {\vphantom {h {\left( {N - h - 1} \right)}}} \right. \kern-\nulldelimiterspace} {\left( {N - h - 1} \right)}}\)als Gewichtungsfaktor wie folgt verstanden werden: Je mehr Akteure in der Payoffhierarchie höher stehen (größeres h), desto stärker wird unvorteilhafte Ungleichheit gewichtet.

  23. 23.

    Vgl. hierzu die Ausführungen in Abschn. 7.2.2 zum Freifahrerexperiment von Isaac und Walker (1988).

  24. 24.

    Vgl. hierzu Lange et al. (2007).

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Sturm, B., Vogt, C. (2011). Empirische Evidenz zur Bereitstellung öffentlicher Güter. In: Umweltökonomik. Physica-Lehrbuch. Physica, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-7908-2643-2_7

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