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Die Idee als allumfassende Ordnung des Faktischen — Norbert Elias’ Geschichtsphilosophie

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Zivilisationstheorie in der Bilanz

Part of the book series: Figurationen. Schriften zur Zivilisations- und Prozesstheorie ((FIG,volume 1))

Zusammenfassung

Im Zusammenhang mit seinen wissenschaftlichen Arbeiten, ja seinem Denken überhaupt die Bezeichnung „Geschichtsphilosophie“ verwendet zu sehen, würde sich Norbert Elias zweifelsohne verbeten haben. Er hätte wohl auf die von ihm 1968 verfaßte Einleitung zum ersten Band von „über den Prozeß der Zivilisation“ verwiesen, in der er, die beabsichtigte Untersuchung von „langfristige(n) Strukturwandlungen spezifischer Art“, von „Entwicklungen“ betreffend, ausdrücklich „Abschied von den metaphysischen Ideen nimmt“ (Elias 1997, S. 12). Der „Begriff der Entwicklung“ darf Elias zufolge weder mit der Vorstellung einer mechanischen Notwendigkeit“, einem dem Verlauf der gesellschaftlich-geschichtlichen Wirklichkeit immanenten und diesen vorantreibenden Prinzip von naturgesetzlicher Geltung, noch mit der „Vorstellung einer teleologischen Zielstrebigkeit“, einem dem Geschichtsgeschehen innewohnenden Richtungssinn, in Verbindung gebracht werden (Elias 1997, S. 12). Worum es Elias vielmehr einzig zu tun ist, ist in Gestalt der von ihm durch empirische Forschung erschlossenen „langfristigen Transformationen“ sowohl der „Gesellschaftsstrukturen“ als auch der „Persönlichkeitsstrukturen“ den „Tatsachenkern herauszuarbeiten, auf den sich der gängige vorwissenschaftliche Begriff des Zivilisationsprozesses (als eines Entwicklungsprozesses; P.-U. M.-B.) bezieht“ (Elias 1997, S. 10 u. 13; die Hervorhebung stammt von mir; P.-U. M.-B.). Und schließlich hätte sich Elias in der Frage der Geschichtsphilosophie wohl auch den Hinweis gestattet, daß er — anders als Karl Mannheim — es unternommen habe, selbst noch die vermeintlich autonom bestehenden und die Konstitution der gesellschaftlichen und geschichtlichen Wirklichkeit durch die Menschen bestimmenden Denkgebilde, die Ideologien, durch ein „realistisches Wissen“, sprich: ein Wissen um die sie bedingenden realen Kausalverhältnisse, zu ersetzen, auf diese Weise alles „Ideologische“ aus dem menschlichen Zusammenleben entfernend.1

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Merz-Benz, PU. (2000). Die Idee als allumfassende Ordnung des Faktischen — Norbert Elias’ Geschichtsphilosophie. In: Treibel, A., Kuzmics, H., Blomert, R. (eds) Zivilisationstheorie in der Bilanz. Figurationen. Schriften zur Zivilisations- und Prozesstheorie, vol 1. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11910-4_2

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