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Arbeitserfahrung und die Aneignung von Arbeitsprozeßwissen

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Von der Arbeitserfahrung zum Arbeitsprozeßwissen
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Zusammenfassung

Die Frage nach dem Wissen, das Fachkräfte im gewerblich-technischen Bereich für die Bewältigung ihrer Arbeit benötigen und anwenden, hat eine Vielzahl von wissenschaftlichen Disziplinen seit langem bewegt.

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Literatur

  1. Was die Protagonisten des Fabriksystems zu ständigen Klagen veranlaßte: „Die Schwäche der menschlichen Natur (…) ist so groß, daß der Arbeiter, je geschickter, desto eigenwilliger und schwieriger zu behandeln wird und folglich dem Gesamtmechanismus durch seine rappelköpfigen Launen schweren Schaden zufügt“ (Ure, zitiert nach Marx 1972, S. 389). Zum Prozeß der Unterordnung der Handwerker unter die Gesetze der Fabrikarbeit vergleiche ausführlich Thompson (1973) und W.-H. Meyer (1982).

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  2. Auf die Bedeutung von Vorstellungen für die sinnliche Wahrnehmung haben konstruktivistische Theoretiker zu Recht hingewiesen (vgl. v. Glasersfeld 1995, S. 36 f.). Auch neuere neurobiologische und kognitionspsychologische Untersuchungen bestätigen die hier vertretene These, wonach die sinnliche Wahrnehmung einer Sache an die Vorstellung gebunden ist, die man sich von dieser Sache gemacht hat: „Bevor Sinnesdaten ausgewertet, interpretiert und ausgewertet werden können, bedarf es eines,Konzeptes’, eines Weltbildes, eines,mitlaufenden Weltmodells’ (…), in das die aktuellen Sinnesdaten eingefügt werden, bzw. von dem aus sie verworfen werden können. Dies führt zu einem Vergleich von erwarteter Wirklichkeit mit tatsächlicher Wirklichkeit und damit offenbar zu einem Erlebnis, das man mit den Worten beschreiben kann:,Dies geschieht jetzt wirklich’.“ (Emrich 1994, S. 94)

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  3. Eine Erfahrung machen’ erstreckt sich von Problematisch-werden einer längst vertrauten Situation im Erlebnis bis zum erneuerten Sich-auf-die-Sache-verstehen.“ (Engler 1992, S. 41)

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  4. Vgl. Kants Kritik der reinen Vernunft (1980a+b), Hegels Kritik an Kants Erfahrungs-und Wissensbegriff (vgl. (Hegel 1970, Bd. 8, Zusätze zu §42, S. 114 f.) sowie die zusammenfassende Diskussion beider im Hinblick auf die Entwicklung einer Berufsbildungstheorie bei Martin Betz (1991, S. 14 ff.).

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  5. In neuerer Zeit haben Aebli (1980/1981, 1984) und Schön (1983) Ansätze entwickelt, in denen ebenfalls ein dialektisches Verhältnis von Erleben und Handeln auf der einen Seite sowie Reflektieren und Lernen auf der anderen Seite postuliert wird.

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  6. Lynn Jones (1994, S. 6) hat in Rekurs auf eine Arbeit von Shilling (1988) plastisch demonstriert, wie werthaltig und kulturspezifisch Erfahrungen sind und sein können: Teamarbeit in einer japanischen Fabrik, die englischen Jugendlichen als vorbildliches Beispiel per Video gezeigt wurde, stieß bei diesen auf eine ganz andere Vorstellung von Teamarbeit: „Teamwork don’t mean sweating your bollocks off for some lousy lob.“

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  7. Ganz zu schweigen von der privaten Lebenswelt der Facharbeiter und Auszubildenden, wo die ästhetische Qualität des Erfahrung-Habens und Erfahrung-Machens durch allerlei Accessoires, Riten und Gebräuche dokumentiert wird: Punks, Trabi-Liebhaber, Fußball-Fanclubs u. a. ni.

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  8. Die ästhetische Dimension der Erfahrung ist besonders von Dewey (1934, S. 278) hervorgehoben worden, und zwar nicht -- was hier das entscheidende ist - abgeleitet aus der Kunsterfahrung, sondern als Bestandteil jedweder Erfahrung. Bei Dewey ist auch schon die Auffassung angelegt, was Engler (1992, S. 205) hervorhebt, daß nämlich nicht nur die Gegenstände der Erfahrung eine ästhetische Qualität haben, sondern vor allem die Erfahrung, die wir mit ihnen machen: Nicht nur das Automobil als solches besitzt eine ästhetische Qualität, sondern genauso das Auto-Betrachten, das Auto-Fahren, das Auto-Konstruieren, das Auto-Basteln.

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  9. Papert (1982, S. 230 ff.) berichtet z. B. von Versuchspersonen, denen die Lösung einer mathematischen Aufgabe aufgetragen war (der Beweis, daß die Quadratwurzel aus 2 irrational ist) und denen eine zielführende mathematische Umformung des Problems unverkennbar ästhetisches Vergnügen bereitete.

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  10. „Unser Handeln ist dabei stets mit unserer Umwelt verschränkt. Veränderungen dieser Umwelt erfahren wir immer als schon Handelnde, also eingebettet in unseren eigenen Handlungszusammenhang. Wir erfassen diese Veränderungen zuerst und schnell ganzheitlich und schätzen sie gefühlsmäßig ein. Dann werden die einzelnen Bestandteile — sowohl der Umwelt als auch unseres Handelns in ihr — als Gestalten hervorgehoben und genauer bedacht. Diese,kognitive Analyse’ mündet aber wieder in unser Handeln und Fühlen ein, macht beides stabiler und weltbezogener. Das Denken ist Zwischenstadium, nicht Endstadium unserer Welterfahrung (…).“ (Volpert 1988, S. 180 f.)

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  11. lm Bereich der Berufsbildungsforschung ist das „Suchen von Erfahrungen“ unter Stichworten wie „experimentierendes Lernen” oder „experimentelle Erkenntnistätigkeit“ diskutiert worden (vgl. Eicker 1983; Rauner 1985b). Erfahrungen werden hier insofern gesucht, als die Rückbindung an Erfahrung erforderlich ist, wenn im Experiment bereits Gedachtes überprüft werden soll (vgl. Rauner 1985b, S. 18). Das Suchen von Erfahrungen unterscheidet sich daher vorn ziellosen Ausprobieren. Es unterscheidet sich allerdings auch von der Verwendung des naturwissenschaftlich-orientierten Experiments in der heruflichen Bildung, wo zugunsten der Erforschung eines prinzipiellen Wirkungszusammenhangs von der Erfahrung realer Arbeit und Technik abstrahiert wird (vgl. Fischer 1991a, S. 204 f.).

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  12. „Eine Erfahrung, die ohne Konsequenzen bleibt, aus der man nichts gelernt hat, ist keine gewesen. (…) Der Unbelehrbare ist nicht einer, der nichts dazulernt, obwohl er Erfahrungen macht, sondern einer, der keine Erfahrungen macht, obwohl ihm so manches passiert.“ (Buck 1989, S. 15).

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  13. Den von Hauptmeier und Rusch vorgelegten Überlegungen zu einer konstruktivistischen Theorie der Erfahrung läßt sich in den Bereichen zustimmen, wo eine in vielen Auffassungen von Erfahrung behauptete Dualität von Geist und Körper, Theorie und Praxis kritisiert wird. Jedoch findet sich auch hier die fragwürdige Weiterung des Radikalen Konstuktivismus, wonach der Mensch keine Möglichkeit besäße, „Wissen über,wirkliche’ Wirklichkeiten zu gewinnen“ (a. a. O., S. 9). Zu dieser Auffassung kommen Hauptmeier und Rusch aufgrund der Annahme, daß nicht nur Wissen für die Erfahrung instrumentalisiert wird, sondern auch die Erfahrung für das Wissen. Eben dies ist nicht der Fall: Erfahrung ist im Hinblick auf den individuellen Lernprozeß Voraussetzung und Folge von Wissen, im Hinblick auf den Erkenntnisprozeß der Beweis, daß die Wirklichkeit so ist (oder nicht so ist), wie man sie sich gedacht hat.

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  14. In dem Überblick über neuere Forschungsarbeiten zum Thema „implizites Wissen“, den Nick Boreham (1994b) gibt, wird nach meinem Verständnis Erfahrung als eine übergreifende Kategorie gesehen, die sowohl explizites als auch implizites Denken enthält.

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  15. Neben der schon diskutierten Empfindung in bezug auf eine adäquat funktionierende Kupplung ist die Beschreibung des Weingenusses ein Beispiel für die angesprochene Problematik, das fast jedem geläufig ist. Die beste Rezeption eines Sinneseindrucks ist der Sinneseindruck selbst, wovon viele Umschreibungen zeugen: Daß ein Wein als nach Moos und Leder schmeckend dargestellt wird, ist bestenfalls eine Krücke für die Beschreibung des Sinneseindrucks — wer würde schon einen Wein trinken, der wirklich nach Moos und Leder schmeckt?

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  16. Programmatisch formuliert wieder bei Hegel: „Wir bleiben hiermit dabei stehen, daß das unmittelbare Wissen als Tatsache genommen werden soll. Hiermit aber ist die Betrachtung auf das Feld der Erfahrung, auf ein psychologisches Phänomen geführt. — In dieser Rücksicht ist anzuführen, daß es zu den gemeinsten Erfahrungen gehört, daß Wahrheiten, von denen man sehr wohl weiß, daß sie Resultat der verwickeltsten, höchst vermittelten Betrachtungen sind, sich demjenigen, dem solche Erkenntnis geläufig geworden, unmittelbar in seinem Bewußtsein präsentieren. Der Mathematiker, wie jeder in einer Wissenschaft Unterrichtete, hat Auflösungen unmittelbar gegenwärtig, zu denen eine sehr verwickelte Analysis geführt hat; jeder gebildete Mensch hat eine Menge von allgemeinen Gesichtspunkten und Grundsätzen unmittelbar gegenwärtig in seinem Wissen, welche nur aus vielfachem Nachdenken und langer Lebenserfahrung hervorgegangen sind. Die Geläufigkeit, zu der wir es in irgendeiner Art von Wissen, auch Kunst, technischer Geschicklichkeit gebracht haben, besteht eben darin, solche Kenntnisse, Arten der Tätigkeit im vorkommenden Falle unmittelbar in seinem Bewußtsein, ja selbst in einer nach außen gehenden Tätigkeit und in seinen Gliedern zu haben. — In allen diesen Fällen schließt die Unmittelbarkeit des Wissens nicht nur die Vermittlung desselben nicht aus, sondern sie sind so verknüpft, daß das unmittelbare Wissen sogar Produkt und Resultat des vermittelten Wissens ist.“ (Hegel 1970, Bd. 8, § 66, S. 156)

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  17. Im Unterschied zur deutschen Sprache verfügt die Sprache von wüstenbewohnenden Völkern über eine immense Anzahl von Wörtern zur Beschreibung von Braun-und Beige-Tönen — offenbar in der Wüste eine gesellschaftliche Notwendigkeit. Der interkulturelle Sprachvergleich zeigt, daß die Frage der Verbalisierbarkeit von Erfahrungen neben der sachlichen und individuellen auch eine gesellschaftlich-kulturelle Dimension hat.

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  18. Sehr zu Recht bemerkt daher Margret Müller zum Thema „Leinen als Integration und Akkumulation von Erfahrungen“: „Als Reflexionsbestimmung (meine Hervorhebung, M. F.) unterscheidet sich Erfahrungswissen von anderen Formen der kognitiven Verarbeitung von Realität, indem es die Dinge in das Verhältnis eines Nacheinanders, der Folge setzt.,Wenn dieses und jenes so ist, dann…`. Insofern ist Erfahrungswissen Handlungswissen und von analytischen Formen des Wissens und von Wissenschaft zu unterscheiden und abzugrenzen.” (Müller 1991, S. 201)

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  19. „Erfahrung lehrt uns zwar, daß etwas so oder so beschaffen sei, aber nicht, daß es nicht anders sein könne.“ (Kant 1980b, Einleitung zur „Kritik der reinen Vernunft” von 1787)

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  20. Diesen doppelten Stellenwert für das Lernen hat auch schon I lerbart der Erfahrung beigemessen (vgl. Buck 1989, S. 13).

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  21. Es mag hier oder später die Frage auftauchen, worin sich Arbeitserfahrung von Arbeitsprozeßwissen unterscheidet. Der Unterschied ist in Kapitel 3.4 erläutert. Zusammengefaßt wird mit dem Begriff „Arbeitsprozeßwissen“ die mögliche Arbeitserfahrung im Hinblick auf drei Momente präzisiert: Erstens ist Arbeitsprozeßwissen das Resultat einer Verschmelzung von Arbeitserfahrung und Bildung/ Qualifizierung. Zweitens enthält Arbeitsprozeßwissen Kenntnisse um Zweck und Ablauf des betrieblichen Gesamtarbeitsprozesses. Drittens wird Arbeitsprozeßwissen in Problemsituationen akkumuliert, deren Bewältigung die Zielfindung, Planung, Durchführung und Bewertung von Arbeitsprozessen einschließt.

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  22. Wie Herbert Beck (1993, S. 13) zusammengefaßt hat, genügten dem Erfinder des Schlüsselqualifikationsbegriffs, Dieter Mertens (1974), noch 12 Bestimmungen. Mittlerweile sind nach Beck über 300 Umschreibungen verwendet worden, um den Begriff zu klären. In abnehmender Häufigkeit sind dies: Denken in Zusammenhängen, Kommunikationsfähigkeit, Problemlösetähigkeit, Selbständigkeit, Teamfähigkeit, Kooperationstähigkeit usw. Gerhard Minnameier (1997, S. 2) spricht mit Bezug auf ein Gutachten für das Bundesinstitut für Berufsbildung (vgl. Didi u. a. 1993) sogar von 654 einzelnen Schlüsselqualifikationen.

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  23. Dieser Satz gilt vor allem, wenn man die divergierenden Ansätze zusammennimmt,die sich dem Schlüsselqualifikationsbegriff seit seiner Propagierung (Mertens 1974) verpflichtet haben. Es soll jedoch nicht behauptet werden, daß einzelne Ansätze und Überlegungen, die unter der Oberschrift „Schlüsselqualifikation“ entwickelt worden sind, von vornherein abwegig seien. Die erforderliche detaillierte Diskussion kann hier allerdings nicht geführt werden; vgl. dazu die zusammenfassende Diskussion von Rolf Dubs (1995).

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  24. So lautet die Arbeitshypothese des europäischen Netzwerks „Work Process Knowledge“, das sich zum Ziel gesetzt hat, Forschungsarbeiten zu diesem Thema zusammenzuführen und vergleichend zu diskutieren.

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  25. Dies sind die prozeduralen Komponenten des Arbeitsprozeßwissens, die Gerald Straka u. a. (1996, S. 154 f.) in ihren Überlegungen zu einem Modell motivierten selbstgesteuerten Lernens analog als Bedarfsbestimmung, Strategien, Handlungskontrolle und Evaluation fassen.

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  26. Ähnlichkeiten finden sich zu dem, wie Stark u. a. (1996, S. 24) ihr Modell von Handlungskompetenz bestimmen, das aus meiner Sicht die topologischen Komponenten des Arbeitsprozeßwissens beschreibt: „Unser Modell von Handlungskompetenz umfaßt drei Komponenten. Wer in seiner Domäne erfolgreich sein möchte, muß erstens in der Lage sein, mit wiederkehrenden Anforderungen, die einen Großteil des Arbeitsalltags ausmachen, effizient umzugehen. Man muß zweitens aber auch mit neuartigen Situationen kompetent umgehen können (…). Dazu bedarf es natürlich — als dritter Komponente der Handlungskompetenz - fundierten Sachwissens, ohne Kenntnis darüber, welche Größen in bestimmtem Situationen relevant sind, wie sie miteinander verknüpft sind und welche Funktion sie haben, ist erfolgreiches Handeln nicht möglich.“

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  27. Normalerweise findet hierbei der Terminus „Anpassung“ Verwendung: „Die Produktionsplanung an wechselnde Markterfordernisse anpassen!” Als ob es kein Widerspruch sei, einerseits die innerbetrieblichen Produktionsabläufe und ihre Zulieferung von außen detailliert vorhergeplant sowie just-in-time abgestimmt zu haben und andererseits diese Planung wegen der Anarchie des Marktes ebenso beständig außer Kraft zu setzen.

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  28. Hier lehne ich mich an Seidel (1976, S. 54 ff.) an, der seine „psychologische Analyse der Entstehung und Lösung von Problemen“ als kritische Auseinandersetzung mit der Psychologie des Problemlösens entwickelt und dabei in einem allgemeinen Sinn Probleme als Entwicklungsmomente der Tätigkeit bestimmt.

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  29. Helmut Heid (1995a, S. 43) hat am Beispiel des Begriffs „Verantwortungsbereitschaft“, der in der Hitliste der Schlüsselqualifikationen unter den Top Ten stehen dürfte, treffend gezeigt, wie Mangel an inhaltlicher Bestimmtheit und Anspruch an den Adressaten Hand in Hand gehen: „Die Einübung abstrakter Verantwortungsbereitschaft ist und bleibt erforderlich, wo Adressaten eines solchen Trainings zugleich lernen, die Frage nach der Qualität jener Praxis zu vermeiden, zu delegieren oder allein im Interesse der Erfüllung jeweiliger Arbeitsaufgaben zu instrumentalisieren, für die sie verantwortlich gemacht werden können oder müssen.”

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  30. Zum Verhältnis von Entlohnungsformen und problementwickelnden Tätigkeiten der Technikbenutzung und Technikgestaltung vergleiche die Bemerkungen von Asdonk u. a. (1992, S. 98 ff.) zu „Innovationsarbeit und die Fiktion eines leistungsgerechten Lohns“, Auch Ulich (1991, S. 322 f.) sieht Modelle qualifizierungsförderlicher Arbeit durch Konzepte des individuellen Leistungslohns torpediert.

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  31. Dies ist auch der Grund dafür, daß eine Problemsituation, die von den Fachkräften vergleichsweise gerne als Anforderungssituation in Kauf genommen wird, in der Inbetriebnahme oder im Anfahren einer Anlage zu sehen ist (vgl. auch Drescher 1996, S. 223). Erstens ist man hier von Anfang an dabei, zweitens gehen auch die betrieblichen Ansprüche meist nicht dahin, daß alles von Anfang an hundertprozentig funktionieren muß. Die Inbetriebnahme ist eine der wenigen Arbeitssituationen, wo Facharbeitern auch offiziell die Gelegenheit zum Erfahrung-Sammeln und Üben gegeben wird.

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  32. Verhaltensdaten und verbale Außerungen von acht Industriearbeitern wurden dreieinhalb Jahre lang in 40 Beobachtungsperioden erhoben (vgl. Ulich 1991, S. 303).

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  33. Die hier vertretene Auffassung korrespondiert mit Ergebnissen der Streß-Forschung, wie sie etwa von Lazarus (1966) vertreten worden sind. Ausgangslage ist die für die Problemsituation kennzeichnende Ungewißheit — „alle Formen der Ungewißheit über Art und Auftrittsmoment möglicher Anforderungen und der Ungewißheit darüber, ihnen entsprechen zu können“ (Schmale 1983, S. 186). Diese Ausgangslage wird von der handelnden Person mit kognitiven Bewertungen versehen. Streß ist nach Lazarus definiert als die,,Antizipation einer empfundenen Unfähigkeit zu adäquater Verarbeitung subjektiv erlebter Anforderungen, begleitet von einer Antizipation möglicher als negativ empfundener Folgen hei inadäquater Verarbeitung” (zitiert nach Schmale 1983, S. 186). Die in solchen Antizipationen wirksamen Bewertungsprozesse hat Lazarus als „primary appraisal“ (die Bewertung der Situation als schädigend, bedrohlich, herausfordernd etc.) und „secondary appraisal” (die Bewertung der Bewältigungsfähigkeiten und Bewältigungsmöglichkeiten) beschrieben (vgl. auch Ulich 1991, S. 275 und S. 286 f.).

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  34. Der Begriff Anweisung soll in dem skizzierten Zusammenhang ein Spektrum abdecken, das von persönlichen Anordnungen bis zu den in der Arbeitsvorbereitung erstellten Computerprogrammen reicht.

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  35. Dies ist übrigens ein gewichtiger Grund, warum einige Facharbeiter denn Fertigungsinsel-Konzept mit Skepsis begegnen: Das, was sonst in der Ausnahmesituation zu ihren Aufgaben zählte (die kreative Entwicklung von Zielen und Planungsschritten für die Fertigung in unbürokratischer Zusammenarbeit mit vor-und nachgelagerten Abteilungen), scheint hier zum Normalfall gemacht zu werden (vgl. Fischer 1995a, S. 207 ff.).

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  36. Ewald Drescher (1996, S. 223) hat zutreffend festgehalten, daß der genannte Sachverhalt auch einen Wandel im erfahrungsgeleiteten Arbeitshandeln von Instandhaltungsfacharbeitern markiert: „Bestand zu Zeiten kleinerer überschaubarerer Produktionseinheiten das mit der Zeit als Erfahrungsschatz gesammelte individuelle Bild von der Anlage in den konkreten Elementen, Funktionen und ihren Wechselwirkungen, so bezieht sich heute im Angesicht der Vielfalt dieser Elemente und Zusammenhänge die Erfahrung stärker auf die Informationsmöglichkeiten darüber und die Zugriffsmöglichkeiten darauf. Die unmittelbar gegenstandsbezogene verliert gegenüber der auf die Organisation von und den Zugriff auf Informationen bezogene Erfahrung an Gewicht.“

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  37. Objektive Gründe liegen im Zeitdruck und in der Unmöglichkeit, alle Maßnahmen zur Bewältigung der Situation im vorhinein zu ermitteln. Subjektive Gründe liegen darin, daß man nicht vorherplant, was man meint, ohnehin praktisch bewältigen zu können.

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  38. Michael Brater hat frühzeitig auf dieses Phänomen aufmerksam gemacht (vgl. Brater 1984); als Resultat empirischer Untersuchungen ist das Bestreben, durch die praktische Arbeitstätigkeit weiterführende Erfahrungen zu machen, für den Bereich der Produktionsfacharbeit von Böhle und Milkau (1988), für den Bereich der Instandhaltungsfacharbeit von Fischer/ Jungeblut/ Römmermann (1991a, 1995) hervorgehoben worden.

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  39. Vgl. auch unsere Untersuchung (Fischer/ Jungeblut/ Römmermann 1995) und unseren Film (Fischer u. a. 1991) zur Situation in der betrieblichen Instandhaltung: „Jede Maschine hat ihre eigenen Marotten!“ Wie begegnet nun der Facharbeiter der Problemsituation beim prakti113 Dies ist übrigens die Grundlage für eine Kompetenz, die viele der befragten Laboranten als ein wichtiges Kriterium für Erfahrung im Beruf anführten: die Fähigkeit, den Arbeitstag zu planen und dabei festzulegen, wann welche Messung mit welchen Geräten am günstigsten durchgeführt wird. Erst wenn sich die Laboranten die einzelnen Teiltätigkeiten einer Arbeitsaufgabe als beliebig kombinierbare Schemata vorstellen können, sind sie zu einer optimalen Planung des Arbeitstages in der Lage. Mit anderen Worten: Das Verhältnis zwischen Arbeitsplanung und praktischem Tun ist nicht nur als Einbahnstraße zu sehen - so wie eine durchdachte Arbeitsplanung Voraussetzung für die kompetente Durchführung von Arbeitsaufgaben ist, so sind die beim praktischen Tun gesammelten Erfahrungen Voraussetzung für die Optimierung der Arbeitsplanung.

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  40. Für das unübersehbare Vorhandensein dieser Desiderate läßt sich auch ein Grund angeben: Es ist die falsche, aber traditionell gepflegte Auffassung, daß das Handeln der Fachkräfte in der Anwendung der kon-espondierenden Wissenschaften bestehe. Demnach wäre das Handeln des Elektrikers abgeleitet aus der Wissenschaft Elektrotechnik, und die Darstellung der entsprechenden elektrotechnischen Gesetzmäßigkeiten und Standards würde im Prinzip sein Handeln erklären. Alle weiteren, auch schon bislang skizzierten Gesichtspunkte professionellen Handelns geraten so in den Status des bloßen Beiwerks, welches als ein Problem der Einstellung, der Motivation, der Arbeitsmoral etc. verhandelt wird.

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  41. Dies gilt zumindest für die von uns untersuchten Industriebetriebe - in Fällen, wo der Diagnoseraum weithin oder gar vollständig standardisiert ist, mag das anders sein: Bei der Reparatur moderner Automobile wird vielfach — nach entsprechender Messung — das defekte Modul ausgetauscht, das sich in vielen Fällen mehr oder minder nach Anleitung finden läßt. Das Innenleben des defekten Teils ist gewöhnlich nicht weiter von Interesse (vgl. Rauner/ Zeymer 1991, S. 96 ff.). Bei unseren Untersuchungsbetrieben kann man jedoch von einer Standardisierung des Diagnoseraums nicht sprechen, und diese Situation ist offenbar typisch für die betriebliche Instandhaltung (vgl. Drescher 1996, S. 210: Böhle/ Rose 1992, S. 43). Hier findet man nebeneinander unterschiedliche Generationen technischer Systeme, die wiederum von verschiedenen Herstellern stammen, so daß im Hinblick auf die Beherrschung des Gesamtsystems das genaue Gegenteil einer Standardisierung von Arbeitsanforderungen sichtbar ist.

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  42. Natürlich muß man hier etwas Vorsicht walten lassen, weil unsere Untersuchungen nicht darauf angelegt waren, solche Aussagen anhand der tatsächlichen Leistungen zu überprüfen. Wo aber eine teilnehmende Beobachtung möglich war, zeigte sich ein persönliches Interesse der Facharbeiter an der Qualität der eigenen Arbeit. Interindividuelle Unterschiede und die Einschätzung dieser Qualitäten durch betriebliche Vorgesetzte, das ist ein anderes Thema.

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  43. Heinz und Witzel (1995, S. 112) nennen als vorläufiges Ergebnis eine heuristische Typologie von acht berufsbiographischen Gestaltungsprinzipien: Delegation, Selbstbeschränkung, Statusverbesserung, Orientierungssuche, verschiedene Spielarten des Habitus, Persönlichkeitsentwicklung, Selbstbehauptung, berufsinhaltliche Interessenverfolgung.

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  44. Es ist übrigens — unabhängig von der konkreten Situation und Person — gar nicht zu sagen, daß das eine Prinzip erfolgreicher als das andere sei — bloß weil „berufsinhaltliches Engagement“ in der öffentlichen Diskussion derzeit höher gehandelt wird als „Delegation von Verantwortung”. Schließlich honorieren es die Verantwortlichen in der Regel, wenn ihre Verantwortlichkeit mindestens ab und an gefragt ist.

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  45. Mittlerweile sind allerdings einige Anstrengungen unternommen worden, den Prozeß des „Knowledge Engineering“ transparenter und vor allem für die Betroffenen akzeptabler zu gestalten (vgl. dazu Seidel u. a. 1993; Daniel 1993).

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  46. Wenn hier und im folgenden von „Arbeitsplanung“ die Rede ist, so soll dies nicht mit der herkömmlichen Arbeitsplanung für Produktionsvorgänge verwechselt werden. Gemeint ist die „Entwicklung eines Arbeitsplans”, die der Instandhalter in Kommunikation mit dem Produktionsarbeiter durchführt, worin über das Aufstellen von Fehlerhypothesen, über ihre Wertigkeit und Reihenfolge die nachfolgenden Arbeitsschritte bei der Fehlersuche und -behebung festgelegt werden.

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  47. Mit der Unterscheidung zwischen „objektivierendem“ und „subjektivierendem” Arbeitshandeln wird von Böhle u. a. (Böhle/ Milkau 1988; Böhle/ Rose 1990, 1992) der Versuch unternommen, die Bewältigung objektiv gegebener Anforderungen und subjektiv geprägte Herangehensweisen der Arbeitskräfte zu erfassen. Dabei wird objektivierendem Arbeitshandeln die Eigenschaft zugerechnet, zu verallgemeinerbaren Erkenntnissen über die Welt zu gelangen bzw. sich hieran zu orientieren. Subjektivierendes Arbeitshandeln hingegen sei durch das empathische (einfühlende) Erkennen, Berücksichtigen und Bewältigen der konkreten, unterschiedlichen und einzigartigen Besonderheiten und Variationen von Personen und Dingen gekennzeichnet (vgl. insbesondere Böhle/ Milkau 1988, S. 24 ff.).

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  48. Zwar ist die Zahl der Bauteile einer Maschine oder Anlage, die von einem Defekt betroffen sein können, endlich. Die Anzahl möglicher Ursachen für defekte Komponenten ist aber unendlich, weil sowohl interne, ausschließlich durch dysfunktionale Systemzustände der Anlage selbst begründete als auch externe, durch Bedienung oder Umwelteinflüsse begründete Fehlerursachen zusammengenommen werden müssen. Externe Fehlerursachen sind prinzipiell unendlich es kommt buchstäblich alles als mögliche Ursache in Frage. wovon nicht zuletzt eine Vielzahl kurioser Anekdoten aus dem Erfahrungsschatz von Instandhaltern Zeugnis ablegt. Und auch die Zahl der internen Fehlerursachen ist im Zuge des Rechnereinsatzes in der Produktion explosionsartig in die Höhe geschnellt: Mit dem Rechnereinsatz in vernetzten Systemen häufen sich neben interdependenten Fehlerursachen auch solche bloß temporärer Art sowie Fehlerursachen, die nicht unbedingt nur in einem begrenzten Bereich zu finden sind.

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  49. Bereits an dieser Stelle dürfte aufgrund der vorangegangenen Ausführungen deutlich geworden sein, daß nach unserer Auffassung Wissen nicht nur in der Repräsentation von Funktionszusammenhängen und Erfahrung nicht nur in der Sammlung von Fallbeispielen besteht.

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  50. Die Anzahl der erinnerten Fälle, die laut Dreyfus/ Dreyfus (1987, S. 57) den erfahrenen Experten kennzeichnet, ist es daher gerade nicht, die ihn vor der Leistungsfähigkeit eines Expertensystems auszeichnet.

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  51. Es handelt sich also um eine durch Erfahrung bereicherte Sinneswahrnehmung, dic sich deutlich von einer „unerfahrenen“ abhebt, wovon (nicht nur) Rubinstein berichtet (s.o.: Ausbildung eines feinen technischen Gehörs, besonderer Sehschärfe etc.). Die Charakterisierung dieser, auch immer wieder von Böhle u. a. (1988, 1990, 1992) hervorgehobenen Phänomene durch Rubinstein, wonach „alle Arten der Sensibilität von der praktischen Tätigkeit abhängen” (Rubinstein 1973, S. 92), erweist sich jedoch als zu allgemein, wenn man die vorher angesprochene Qualität der vermittelten sinnlichen Wahrnehmung bedenkt. Denn ohne Zweifel ist die beschriebene praktische Tätigkeit nicht nur gedankenloses Tun. Vielmehr ist in ihr ein implizites Wissen darüber, worauf es ankommt, Integriert, ohne welches die Arbeitenden gar nicht wüßten, worauf sie ihre Sinne richten sollten.

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Fischer, M. (2000). Arbeitserfahrung und die Aneignung von Arbeitsprozeßwissen. In: Von der Arbeitserfahrung zum Arbeitsprozeßwissen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11783-4_3

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