Zusammenfassung
In diesem Kapitel wird herausgearbeitet, wie die befragten jungen Frauen in Paarbeziehungen und in Familiengründungsprozessen biografisch handeln. Ich beziehe mich auf das Material der im letzten Kapitel dargestellten Studie und baue bei der Reanalyse zur Bedeutung biografischer Konstruktionen für das Handeln junger Frauen auf bestehenden Auswertungen auf. Nach einem kurzen Blick auf die Verteilung der Lebens-, Beziehungs- und Familienformen der jungen Frauen (Kapitel 6.1) gehe ich in Kapitel 6.2 auf ihre biografischen Konstruktionen, die Lebensthemen, ein. Anhand von drei ausgewählten Lebensthemen versuche ich in den Kapiteln 6.3, 6.4 und 6.5 exemplarisch zu verdeutlichen, wie das Handeln der jungen Frauen sich biografisch entfaltet und ausdrückt, wo Gemeinsamkeiten und auch Differenzen innerhalb des jeweiligen Typs vorliegen, aber auch wie unterschiedlich die Lebensthemen in ihren Sinnkonstruktionen sind. Das Augenmerk der Darstellung liegt weniger in der Deskription und im Nachzeichnen von Paarbeziehungs- oder Familiengründungsprozessen, sondern verweist auf die Zusammenhänge zwischen biografischen Kategorien (biografischer Sinn und Relevanz, Prozesshaftigkeit, Perspektivität) und dem Handeln der jungen Frauen.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Zwei Frauen, je eine aus Bayern und Sachsen, hatten über alle Erhebungen hinweg eine Partnerin. Sie berichteten über die Schwierigkeiten, diese Lebensform selbstverständlich und offen leben zu können, da sie sich in ihrem gewohnten sozialen und vor allem beruflichen Umfeld meist nicht akzeptiert und anerkannt fühlen. Sie würden gerne heiraten, nicht weil die Ehe für sie einen hohen Stellenwert hat, sondern um ihre Beziehung nach außen zu legitimieren.
Dieser Eindruck, dass in Bayern die jungen Frauen häufiger alleine wohnen als in Sachsen, unabhängig davon, ob sie einen Partner haben oder nicht, wird auch durch einen Vergleich mit der amtlichen Statistik bestätigt: In den neuen Ländern lebten beispielsweise 1996 elf Prozent der Frauen im Alter zwischen 25 und 29 Jahren allein, im früheren Bundesgebiet waren es mit 21 Prozent fast doppelt soviele (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 1998: 67 ).
hatten 47 Prozent der 25- bis 29-jährigen Ostdeutschen Kinder im Haushalt, gegenüber 30 Prozent der Westdeutschen (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 1998 ). Das Alter der ostdeutschen Frauen bei der Geburt des ersten Kindes schob sich zwar deutlich nach hinten, liegt jedoch immer noch unter dem westdeutschen Durchschnittsalter.
Der Amtsstatistik zufolge sind junge Frauen mit Kind in den alten Bundesländern meist vor der Familienbildung in die eheliche Lebensform übergegangen, während in Ostdeutschland fast die Hälfte aller Paare eine Phase der nicht-oder vorehelichen Elternschaft lebt, bis sie schließlich überwiegend doch heiraten (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 1998: 58 ).
Im Bundesdurchschnitt sind 47 Prozent der 25- bis 29-jährigen Frauen verheiratet (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 1998 ).
Der Beruf hatte nicht nur die Aufgabe der Selbstbestätigung, sondern sicherte Unabängigkeit gegenüber dem Partner. Es ging also nicht immer um die „Arbeit an sich“.
Die Untersuchung wurde von westdeutschen Wissenschaftlerinnen aus einer westdeutschen Sichtweise heraus initiiert. Im Forschungsteam war die „Ostperspektive“ ebenfalls vertreten. In den Diskussionen wurden unterschiedliche Einschätzungen deutlich, die Auseinandersetzungen waren jedoch notwendig, um die typische Westperspektive auf den „Gegenstand Ost” als auch umgekehrt zu vermeiden. Gleichzeitig konnte im Sinne einer ethnographischen Herangehensweise das Fremde in der eigenen Kultur rekonstruiert werden.
Die Lebenskonzepte junger ostdeutscher Frauen schließen unterschiedlichsten Studien zufolge (vergleiche Schröter 1997 ) neben einer eigenen Familie gleichermaßen den Beruf ein. Für die befragten jungen Frauen in Sachsen stellte sich deshalb zunächst die Frage, ob bei ihnen das Lebensthema Familie überhaupt vorkommt: Die befragten sächsischen Frauen sehen auf der Ebene der kollektiven Projekte eine hohe Berufs-und Familienorientierung und die Vereinbarkeit beider Lebensbereiche als selbstverständlich an. Auf der individuellen Ebene gibt es jedoch auch bei ihnen Frauen, die einer eigenen Familie eine eindeutige Priorität einräumen.
Author information
Authors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2003 Springer Fachmedien Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
Keddi, B. (2003). Lebensthemen — der biografische Faden in den Paarbeziehungen und Familiengründungsprozessen junger Frauen. In: Projekt Liebe. DJI-Reihe, vol 15. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11174-0_7
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-11174-0_7
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-8100-3548-6
Online ISBN: 978-3-663-11174-0
eBook Packages: Springer Book Archive