Zusammenfassung
Jugend und Politik ist ein undankbares und dankbares Thema zugleich. Undankbar, weil Rechtsextremismus kein einheitliches Syndrom darstellt, sondern sehr viel differenzierter betrachtet werden muß, als dies zuweilen geschehen ist. Vielmehr stellen Fremdendistanz, Anomie und rechts-autoritäre Einstellungen (sicherlich nicht die einzigen) distinkt identifizierbaren Teilaspekte dar, die zwar von den hier befragten Jugendlichen mit zunehmendem Alter aufeinander bezogen werden, jedoch durchaus einen unterschiedlichen Entwicklungsverlauf nehmen. Während anomische und rechts-autoritäre Einstellungen von den Mittelwerten her im Längsschnitt stabil bleiben, nimmt in den hier befragten Kohorten die Distanz zu Fremden mit dem Alter zu. Nach Easton (1967) ist es der am wenigsten verbindliche Bereich einer demokratischen Ordnung — die Unterstützung für demokratische Werte —, dem im Verlauf der Adoleszenz eine abnehmende Zustimmung gewährt wird. Gleichzeitig stellt die Zustimmung zu demokratischen Werten den grundlegenden Aspekt einer diffusen Unterstützung dar, haben diese doch nach Easton (1967) Rückwirkungen auf die gesetzten Normen und Herrschaftsstrukturen. Sollte das Ressourcen-Argument zutreffen und eine Antizipation verknappter Zugangsmöglichkeiten zum Arbeitsmarkt die Distanz zu Fremden erhöhen — und die vorgelegten Analysen sprechen sehr für diese Interpretation — so wäre es nicht damit getan, diesen Jugendlichen später einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz zu geben. Entwicklungspsychologisch betrachtet wäre es ebenso relevant, Jugendlichen eine Perspektive zu bieten, die verhindert, daß die zukünftigen Staatsbürger der demokratischen Ordnung gegenüber eine Zweck-Mittel-Rationalität entwickeln. Denn diese spezifische Unterstützung wird der politischen Ordnung nur so lange gewährt, wie die eigenen Interessen als berücksichtigt und erfüllt angesehen werden. Die berufliche und politische Entwicklungsaufgabe werden hierarchisch sequentialisiert. Kann in der sensitiven Jugendphase keine diffuse Unterstützung entwickelt werden, ist eine der zu befürchtenden Folgen, daß Jugendliche mit einer instrumentellen Sichtweise durch spätere Jobs ruhig gestellt werden können. Eine diffuse Unterstützung für die demokratische Ordnung wird dadurch noch nicht erzeugt.
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Reinders, H. (2001). Diskussion und Ausblick. In: Politische Sozialisation Jugendlicher in der Nachwendezeit. Forschung Erziehungswissenschaft , vol 132. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11090-3_16
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-11090-3_16
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