Zusammenfassung
Menschenrechtliche bzw. bürgerrechtliche Forderungen werden von unterschiedlichen Akteuren, ob organisiert oder unorganisiert, erhoben und propagiert.1 Diese versuchen dabei Menschenrechtsverletzungen an Einzelnen oder Gruppen im In- und Ausland zu verhindern oder ihre Folgen zu mindern, über Menschenrechtsverletzungen zu informieren bzw. ein Bewußtsein über Inhalt, Bedeutung und Gefährdung von Menschen- und Bürgerrechten zu allererst zu schaffen. Ein Politikfeld mit dem Namen ‚Menschenrechtspolitik‘ ist dabei nur schwer abzugrenzen. Vielmehr erscheint Menschenrechtspolitik als mehr oder — in der Regel — weniger wichtiger Faktor in anderen etablierten Politikfeldern, wie Innen-, Wirtschafts-, Außen- und Entwicklungspolitik. Je nach der Betonung des menschenrechtlichen Aspektes in den verschiedenen Politikfeldern der zeitgenössischen westlichen Gesellschaften ist es allerdings politischen Akteuren geboten, wenigstens dem Anschein nach Ziele zu verfolgen, die menschenrechtlichen Standards genügen. Gerade die weitgehende Anerkennung der Menschenrechte, ihre Verankerung in den politischen Überzeugungsmustern, obgleich häufig verknüpft mit einem minimalen Wissensstand, was denn nun eigentlich dazu gehöre und was nicht, machen sie zu einem Bestandteil der Selbstdefinition und Selbstdarstellung von Organisationen sowohl nach innen als auch nach außen. Nicht zuletzt aber fungieren Menschenrechte als politisches Argument bei der Legitimierung und Delegitimierung von Aktivitäten und politischen Gegnern. Während ‚Menschenrechte’ in diesem Sinne in vielfältigem Zusammenhang mit den unterschiedlichsten Organisationen stehen, werden im folgenden Organisationen in den Mittelpunkt gerückt, deren primäres Handlungsziel in der Propagierung, Durchsetzung und Überwachung von menschen- und bürgerrechtlichen Standards besteht. Stellen die Menschen- und Bürgerrechte auf der einen Seite als primäre Handlungsziele eine kategoriale Gemeinsamkeit dieser Organisationen dar, die sie von anderen, zum Beispiel entwicklungspolitischen oder sozialpolitischen Organisationen, unterscheiden, so differieren sie andererseits untereinander in ihrer Arbeitsweise, Themenauswahl, Struktur usw.
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Roos, A. (2000). Schwache Interessen und hohe Reputation. Die Legitimierung moralischer Forderungen und die Mobilisierung für Menschen- und Bürgerrechte. In: Willems, U., von Winter, T. (eds) Politische Repräsentation schwacher Interessen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11089-7_10
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