Zusammenfassung
Reflexionen über Natur- und Körperkonzeptionen haben Hochkonjunktur. Der materiell-leibliche, historisch-kulturell vermittelte (Natur-)Körper ist zu einem zentralen Kristallisationspunkt feministischer theoretischer Auseinandersetzungen in den Kultur- und Sozialwissenschaften wie in der Philosophie avanciert. Zwar gehören kritische Infragestellungen essentialistischer Natur- und Körpervorstellungen längst zum unhinterfragten Repertoire feministischer Theoriedebatten; sie gewinnen allerdings angesichts der Herausforderungen von Gentechnologie und Biomedizin ein neues Gewicht. Die informationstechnologisch inspirierten Naturkonzepte unterlaufen die Grenzziehung zwischen ‚Natur‘ und ‚Technik‘. Die Vision einer Überwindung von ‚Natur-Grenzen‘, die mit dem technologischen Apriori der Neukonzeption und — kreation von ‚Natur‘ einhergeht, wird einerseits als Inbegriff neuzeitlicher Naturbeherrschungsphantasmen kritisiert.
In diesem Beitrag fasse ich Argumentationen zusammen, die ich in meiner Dissertation (Gransee 1999a) ausführlicher dargelegt und für dieses Buch teilweise überarbeitet und aktualisiert habe.
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Gransee, C. (2002). ‚Neuerfindungen der Natur‘ — Chancen und Grenzen transformierender Konzepte. In: Kuhlmann, E., Kollek, R. (eds) Konfiguration des Menschen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10512-1_9
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