Zusammenfassung
In diesem kurzen Dialog zwischen Don Juan, einem Jaqui-Zauberer, und Carlos Castaneda, damals noch Student der Anthropologie, wird amüsant deutlich, daß es vollkommen andersartige Ordnungen der Welt gibt, die sich einander diametral gegenüberstehen. Zunächst ist da Castanedas modem-rationale Erklärung des Phänomen des Windes, die bei Don Juan nur auf ein unverständiges Lachen stößt. Aber auch Castaneda, der bei Don Juan die Künste der Jaqui-Zauberei erlernen will, tut sich äußerst schwer, die Wahrnehmungs-und Denkstrukturen des Don Juan zu begreifen. Mit dieser fundamentalen Differenz von Ordnungen setzte ich mich im ersten Teil der Arbeit auseinander. Im philosophischen Kontext wird diese Problematik dadurch virulent, daß immer mehr (postmoderne) Theorien davon ausgehen, daß der Widerstreit der differenten Ordnungen nicht mehr durch einen allgemeingültigen Maßstab entschieden werden kann Nach dem Tod der »großen Erzählungen« zersplittert jeglicher Versuch einer Universalordnung unweigerlich in begrenzte, lokale Ordnungen. In der Ethnologie, als der Wissenschaft vom kulturell Fremden, hat die Auseinandersetzung mit fremdkulturellen Ordnungsraster zu einer Anerkennung und Tolerierung der Andersartigkeit dieser Ordnungen geführt. Damit wird die eigene Ordnung relativiert und der universale Anspruch der modernen Konzepte von Wahrheit und Geschichte in Frage gestellt. Aber auch von anderer Seite wurde an diesen Grundpfeilern der Moderne gesägt.
„»Was ist der Wind denn sonst?« fragte er herausfordernd. Geduldig erklärte ich ihm, daß heiße und kalte Luftmassen verschiedenen Druck erzeugen und daß der Druck die Luftmassen in vertikale und horizontale Bewegung bringt. Ich brauchte einige Zeit, um alle Einzelheiten der meteorologischen Grundkenntnisse zu erläutern.
»Du glaubst, daß an dem Wind nichts anderes dran ist, als heiβe und kalte Luft?« fragte er verwundert.
»Ich fürchte, so ist es«, sagte ich und genoß heimlich meinen Triumph.
Don Juan schien überrascht. Aber dann sah er mich an und fing schallend an zu lachen.“1.
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Kaltmeier, O. (1999). Einleitung. In: Im Widerstreit der Ordnungen. Zugänge zur Moderne. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10327-1_1
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