Zusammenfassung
Unstreitig lassen sich die Begriffe ‚männlich‘ und ‚weiblich‘ als zum Oberbegriff ‚Geschlecht‘ gehörig fassen. Damit ist jedoch noch nicht gesagt, was Geschlecht ausmacht, und auch nicht, welche Charakteristika als männlich und welche als weiblich einzuordnen sind. Aus der Beobachtung von Männern und Frauen Rückschlüsse zu ziehen mit der Folge, das, was sich bei Männern findet, als männlich und das, was sich bei Frauen findet, als weiblich anzusehen, ist zum großen Teil tautologisch. Denn, wie feministische Forschung und Theoriebildung nachgewiesen haben, sind immer auch Gesellschaft und Kultur beteiligt an Zuschreibungen dessen, was als männlich oder als weiblich gilt. Entsprechend haben sich die meisten Eigenschaften, die lange Zeit als feste Größe be- und gehandelt wurden, als soziokulturell hergestellt erwiesen (vgl. nur etwa Schröter 2002; Connell 2002). Dank den zwei Wörtern für ‚Geschlecht‘, die es im Englischen gibt, wurde und wird zwischen Sex als dem biologischen und Gender als dem sozialen oder kulturellen Geschlecht unterschieden. Dabei hat Sex die Konnotation von unveränderlich im Sinne von universell gültig und Gender die von gesellschaftlich, historisch, kulturell bedingt und damit variabel. Doch auch dieser Unterscheidung fehlt inzwischen der Gewissheitscharakter, den sie vor zehn Jahren noch zu haben schien: auch das biologische Geschlecht ist keine Konstante (vgl. Kessler 1998; Fausto-Sterling 2000). Zugleich ist der Körper eines Menschen nicht nur ein soziales Konstrukt, sondern eine je individuelle Realität, auch und gerade im Hinblick auf Geschlecht und Geschlechtlichkeit (Maihofer 1995).
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Literatur
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Plett, K. (2003). Intersexualität als Prüfstein: Zur rechtlichen Konstruktion der Zweigeschlechtlichkeit. In: Heinz, K., Thiessen, B. (eds) Feministische Forschung — Nachhaltige Einsprüche. Studien interdisziplinäre Geschlechterforschung, vol 3. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10055-3_17
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