Zusammenfassung
Nachdem in den 80er Jahren die durchgehende Demokratisierung Lateinamerikas allgemein als ein großer Fortschritt in der Region begrüßt worden war, machte sich in den 90er Jahren bei manchen Politikwissenschaftlern (vor allem ist hier der prominente Argentinier Guillermo O’Donnell zu nennen), ein gewisses Unbehagen über die weitere Entwicklung der noch jungen Demokratien breit. Es wurde moniert, die politische Partizipation der breiten Bevölkerung beschränke sich auf die periodischen Wahltermine, im übrigen schalteten und walteten die politischen Entscheidungsträger nach ihrem Gutdünken. Die Prinzipien der Gewaltenteilung würden ebensowenig respektiert wie eine strikte Trennung von Amtsgeschäften und Privatangelegenheiten. Beziehungswirtschaft und Klientelismus hätten eher zu-als abgenommen, ohne daß die staatlichen Kontrollorgane dagegen einschritten. Von der Gleichheit sämtlicher Bürger vor dem Gesetz könne nach wie vor keine Rede sein. Ausdrücke wie delegative democracy und low intensity citizenship unterstrichen die von O’Donnell in einer Reihe von Aufsätzen durchgeführte Mängelanalyse (O’Donnell 1989, 1993, 1997 und 1999; vgl. auch Mansilla 1990). Diese gipfelte in dem Vorwurf, diese Staaten wiesen noch eine beträchtliche autoritäre Komponente auf (O’Donnell 1993, S. 1360). Denn der Demokratiebegriff hänge untrennbar mit der Einlösung rechtsstaatlicher Forderungen zusammen. Gehe es doch nicht nur darum, daß die Bürger ungehindert ihr Wahlrecht ausübten, sondern darüber hinaus auch von ihren zivilen Rechten Gebrauch machen und Behörden, die ihre Befugnisse mißbrauchten, zur Verantwortung ziehen könnten. Doch von diesem Idealzustand seien die meisten Staaten Lateinamerikas noch weit entfernt.
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Waldmann, P. (2002). Hemmnisse für den Rechtsstaat in Lateinamerika. In: Der anomische Staat. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09590-3_4
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-09590-3_4
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-8100-3434-2
Online ISBN: 978-3-663-09590-3
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