Zusammenfassung
Seit der sozialwissenschaftlichen Wende innerhalb der bundesrepublikanischen Pädagogik in den 60er-Jahren verlagerte sich deren Forschungsinteresse zunehmend auf die Handlungen, Orientierungen und Sinngebungen der Individuen. Im Zuge dieser Entwicklung konnten qualitativ-empirische Ansätze mittlerweile zu einem selbstverständlichen Bestandteil des Methodenspektrums von Erziehungswissenschaften werden und in deren verschiedenen Forschungsfeldern Anwendung finden. Hinsichtlich der Erörterung zentraler pädagogischer Fragen — zum Beispiel nach den Möglichkeiten und Grenzen von Handlungsfähigkeit — werden qualitative Verfahren häufig als geeigneteres Instrument als quantitative Ansätze erachtet (Baacke 1991). Als weiteren begünstigenden Faktor für die Rezeption dieses Ansatzes in den Erziehungswissenschaften seit den 80er-Jahren nennt Ewald Terhard (1997: 37) den Einfluss der Frauen-und Geschlechterforschung.1 Die in deren Kontext formulierte Kritik an etablierten sozialwissenschaftlichen Forschungsmethoden bezieht sich insbesondere auf ihre androzentrische und gleichzeitig Allgemeingültigkeit beanspruchende Perspektive. Qualitative Verfahrensweisen werden als besonders brauchbar betrachtet, den bislang missachteten Erfahrungen von Frauen in ihrer Widersprüchlichkeit Geltung zu verschaffen sowie deren konstitutive Bedingungen zu analysieren (Becker-Schmidt/Bilden 1991: 26).
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