Schule verändern, ohne revolutionär zu sein?! Bildungsgangforschung zwischen didaktischer Wissenschaft und Schulpraxis

Zusammenfassung

„Die Schullehrer wenden sich in ihrer Praxis massenhaft von den ihnen an der Hochschule gelehrten didaktischen Modellen ab und kristallieren eigene Alltags-, Profi- und Routinedidaktiken heraus.“ Diese Aussage von Hagen Kordes in seinem Buch über Bildungsgangforschung (1989) bringt die zwischen Hochschuldidaktik und Lehreralltag bestehende Kluft auf den Punkt. Hochschuldidaktische Konzepte und Theorien spielen in der praktischen Arbeit eines Lehrers so gut wie keine Rolle. Dieser Sachverhalt ist so unzweifelhaft, daß er keiner weiteren Erläuterung bedarf. Beim Autor dieses Artikels ist das nicht anders. Nach einer erziehungswissenschaftlichen Dissertation, die auf bildungsgangdidaktischer Grundlage das Lernen von Physik in der Sekundarstufe II untersuchte (Hericks, 1993), Referendariat und anderthalbjähriger Tätigkeit an einem physikdidaktischen Hochschulinstitut bin ich seit drei Jahren als Lehrer an einer Gesamtschule in Nordrhein-Westfalen tätig und versuche um des eigenen Überlebens willen, so etwas wie Alltags-, Profi- und Routinedidaktiken herauszubilden. Meine Zeit an der Uni erscheint Lichtjahre entfernt; die Kluft, von der ich eingangs sprach, ist erlebte Realität.

„Bei uns an der Schule gibt es kein Chaos.“

(Ausspruch eines Gesamtschuldirektors)