Zusammenfassung
Webers Deutung der Kunst- als Kulturinhalte läßt sich demnach in seine Fragestellung nach den Grundlagen des okzidentalen Rationalismus einschreiben. Die ästhetische Sphäre nimmt eine Sonderstellung im Projekt des okzidentalen Rationalismus ein. Der arationale oder antirationale Grundzug der Kunst läßt gleichwohl die rationalen Unterströmungen der okzidentalen Kulturen wirksam werden, deren Entfaltung nicht aus der radikalen Abtrennung der Kunst vom Leben hervorgeht — wie es eine einseitig differenzierungstheoretische Deutung der Rationalisierungsthese und der Kunstentwicklung behaupten würde1-, sondern aus der produktiven Spannung von religiöser Ethik und ästhetischer Sphäre. Daß die Bandbreite westlicher Ästhetik in der Moderne von der — wie Weber in der Musiksoziologie meint — »tonalitätszersetzenden« Zwölftonmusik2 über die »Rationalität« der nur scheinbar rechenhaften Konstruktionen Piet Mondrians3 bis zur materialasketischen Sakralisierung von Fett und Filz bei Joseph Beuys reicht — dies ist nicht einer »Ästhetenmaniriertheit« oder »intellektualistischer Feinschmeckerei«4 zu verdanken, sondern in den Grundlagen okzidentaler Kultur verankert.
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Referenzen
So aber die Tendenz bei Luhmann, Niklas: Die Kunst der Gesellschaft. Frankfurt am Main 1995.
Vgl. Weber, Max: Die rationalen und soziologischen Grundlagen der Musik. In: ders: Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie. Tübingen 1925. [Grundriß der Sozialökonomik, III. Abteilung, 2. Halbb.]. S. 856.
Als spannendes Unternehmen, Mondrian und Heidegger zusammen zu sehen vgl. Wyss, Beat: Der Wille zur Kunst. Zur äethetischen Mentalität der Moderne. Köln 1996. S. 35–78.
So aber Webers süffisante Bemerkungen in der »Musiksoziologie«, ebd., S. 856.
Vgl. z.B. Wichmann, Siegfried: Japonismus, Ostasien-Europa. Begegnungen in der Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts. München 1980.
Dies wird genau in dem Brief Max Webers an Georg Lukacs vom 10. März 1913 (Geheimes Staatsarchiv Berlin (GStA), Rep. 92. NL Max Weber Nr. 22) ausgedrückt. Dort schreibt Weber, es sei »eine Wohltat«, daß, »nachdem man Ästhetik vom ›Standpunkt‹ des Rezipierenden, dann jetzt von dem des Schaffenden zu treiben versucht, nun endlich das ›Werk‹ als solches zu Wort kommt.« Für diesen Hinweis danke ich Birgitt Morgen-brod.
Vgl. Gephart, Werner: Strafe und Verbrechen. Die Theorie Emile Durk-heims. Opladen 1990. S. 152–158.
Über die Beziehungen zur bürgerlichen Kultur vgl. Mommsen, Wolfgang 1: Bürgerliche Kultur und künstlerische Avantgarde (Frankfurt am Main 1994), der hier als Kunsthistoriker schreibt.
Vgl. Religion, Kultur und Gesellschaft, Sphären der Moderne, Bd. 3 (erscheint demnächst).
Simmel, Georg: Die Kunst Rodins und das Bewegungsmotiv in der Plastik. In: Nord und Süd 1909. S. 199.
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Gephart, W. (1998). Zwischenbetrachtung: Eigengesetzlichkeit und Ausdifferenzierung der ästhetischen Sphäre. In: Bilder der Moderne. Sphären der Moderne, vol 1. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09412-8_6
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