Zusammenfassung
Es ist wohl kaum übertrieben, zu behaupten, daß der theoretische Streit zwischen Luxemburg, Kautsky und Bernstein ein rein mathematischer war. Alle drei waren sich darüber einig, daß sich die Gesellschaft auf einer teleologischen Entwicklungslinie befindet, deren sicheres Ziel der Sozialismus ist. Nur waren Kautsky und Luxemburg davon überzeugt, daß die subjektivistische Fortschrittsidee in Form des sich entfaltenden ethischen Subjekts den Sozialismus nicht hinreichend garantieren könne. “Entweder hat Bernstein in bezug auf den Gang der kapitalistischen Entwicklung recht, dann verwandelt sich die sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft in eine Utopie, oder der Sozialismus ist keine Utopie, dann muß aber die Theorie der “Anpassungsmittel” (so nennt Luxemburg die von Bernstein entwickelten Instrumente der Steuerung, mt.) nicht stichhaltig sein”184.
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Literatur
Luxemburg LGW, Bd. 1/1 1990 : 377.
Labriolazit. nach Colletti 1968 : 22.
Vgl. Bartel 1977: 209 f..
Vgl. Anderson 1978 : 23 ff., der darauf aufmerksam macht, daß sich alle Marxistinnen von Bedeutung daran machten, Marx’ ökonomisches Werk fortzuschreiben.
Luxemburg LGW, Bd. 1/1 : 385.
Vgl. zur Analyse der Geschichtsphilosophie des Marxismus auch Balibar 1995 : 80 ff..
Vgl. Bernstein 1899 : 124 und 126.
Das hat Georg Fülberth (Fülberth 1991 : 10 ff.) in dem Kapitel mit der schönen Überschrift “Rosa Luxemburg und die Grundrechenarten” kurz und knapp erläutert.
Rosenberg 1988: 265.
Vgl. zur Ermordung Rosa Luxemburgs und zur Verantwortung der Sozialdemokratie: Gietinger 1993.
Vgl. Laclau/Mouffe 1991 : 77 und 39: Die Aufgabe, diese Lücke zu schließen, kommt nach Ernesto Laclau und Chantal Mouffe dem Begriff der Hegemonie zu. In ihrem Buch gehen sie der Frage nach der Genealogie des Begriffs der Hegemonie nach, und zwar in Form einer ‘Archäologie eines Schweigens’. Ihre Behauptung ist, daß der Begriff der Hegemonie eine Lücke zu schließen hat, so “daß Kämpfe einen Sinn bekommen und historische Kräfte mit voller Posi-tivität ausgestattet werden”.
Vgl. Kautsky 1972 : 22 ff.. Das Kapitel heißt treffenderweise “Die Prophezeiung der Revolution”. Dort kann man Kautskys Versuch nachlesen, die Methode richtiger von der falscher Prophezeiungen zu unterscheiden.
Vgl. Anderson 1978: 23 f..
Vgl. dazu Stedman Jones 1988 : 231 ff..
Das Schlagwort von der ‘Krise des Marxismus’ findet sich erstmals bei Masaryk 1899 : 586 ff. Sowohl Hofmann 1979 : 176, als auch Laclau/Mouffe 1991 zeigen, daß der Revisionismus eine Reaktion auf diese theoretische Krise ist. Luxemburg, auch wenn sie praktisch (und mit ihrer Neudeutung der Alterskrisen als Kinderkrankheiten teilweise auch theoretisch) auf diese Krise reagiert, leugnet wenn nicht schlicht ihre Existenz, zumindest aber ihre Bedeutung: “Vor zwanzig Jahren hat Marx seinen gewaltigen Kopf zur Ruhe gelegt, und trotzdem wir erst vor wenigen Jahren das erlebt haben, was man in der Sprache der deutschen Professoren ‘die Krise des Marxismus’ genannt hat, so genügt ein Blick auf die Massen, die heute allein in Deutschland dem Sozialismus folgen, auf seine Bedeutung im öffentlichen Leben aller sogenannten Kulturländer, um das Werk des Marxschen Gedankens in seiner Riesenhaftigkeit zu fassen” (LGW, Bd. 1/2:369).
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Tuckfeld, M. (1997). Mathematische Differenzen — oder: Luxemburg, Kautsky, Bernstein, die II. Internationale und das Politische. In: Orte des Politischen. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-08834-9_5
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