Zusammenfassung
Der Leistungserstellung, die sich über die gesamte Versicherungsdauer erstreckt, entspricht Farnys Verständnis der Versicherung als einer Dauerleistung. Denn der Versicherer verpflichtet sich durch sein Leistungsversprechen, das Farny als Versicherungsschutzversprechen bezeichnet und als Teil der Versicherung betrachtet,235 dazu, über die gesamte Versicherungsdauer im Falle des Eintritts genau definierter Versicherungsfälle Entschädigungsleistungen zu erbringen. Die Versicherung umfaßt damit als Leistungen sowohl die Entschädigungsleistungen im Versicherungsfall als auch die Bereitschaft zur Zahlung während der gesamten Versicherungsdauer.236 Diesen Versicherungsbegriff grenzt Farny von einem Versicherungsbegriff ab, der nur die Entschädigungsleistungen als Versicherungsleistungen definiert,237 und bezeichnet ihn als Versicherungsschutz. Farny formuliert dies folgendermaßen:
„Die Leistung des Versicherers ist vielmehr das abstrakte Schutzversprechen, die ständige Bereitschaft zu zahlen, kurz, die Gewährung von Versicherungsschutz. Diese Leistung ist nicht auf den Fall des Schadeneintritts beschränkt, sondern eine davon unabhängige Dauerleistung.“238
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Literatur
In der Dienstleistungsbetriebslehre wird im Unterschied zu Farny zwischen Leistungsversprechen einerseits und Dienstleistung andererseits unterschieden, wobei das Leistungsversprechen nicht zur Dienstleistung gezählt wird. Vgl. Corsten (1985) S. 116. Demgegenüber umfaßt für Farny Versicherung sowohl das Leistungsversprechen als auch seine Erfüllung.
Farny schließt sich damit einer verbreiteten Auffassung an. Vgl. so Steinlin (1961) S. 211 und Plath (1957) S. 657.
Vgl. dazu in der rechtstheoretischen Diskussion Prölss/Martin (1977) S. 35.
Farny (1965) S. 8.
Ders. (1989) S. 502. Vgl. auch ders. (1995b) S. 81 f.
Vgl. ders. (1989) S. 446. Vgl. ähnlich auch ebd. S. 133. Bei der Darstellung der Leistungserstellung in der „Versicherungsbetriebslehre“ geht Farny dazu über, die erstellten Leistungen ihrer Leistungserstellung gleichzusetzen. Vgl. ebd. S. 502 ff. Vgl. dazu kritisch Müller (1981) S. 161 f. und Seng (1989).
In Übereinstimmung mit Gutenberg wird nach heute herrschender Ansicht die Immaterialität als das wesentliche Charakteristikum von Dienstleistungen angesehen. Vgl. zur Diskussion um den Dienstleistungsbegriff insbesondere Corsten (1985) S. 185 ff., ders. (1988) S. 17 ff., Maleri (1994) S. 1 ff., Altenburger (1980) S. 113 ff. und davon abweichend Berekoven (1974) S. 29. Maleri formuliert: „Wie bereits dargelegt, besteht der wesentliche Unterschied des Sachgutes zur Dienstleistung in dessen materieller Substanz, die unmittelbare Folge des Einsatzes von Materie in Form von Rohstoffen bei der Sachgüterproduktion ist. Als ‘Rohstoffe’ werden bekanntlich materielle Substanzen verstanden, die als wesentliche Bestandteile in produzierte Güter eingehen.“ (Maleri (1994) S. 39). Vgl. auch ebd. S. 3. Wie andere Dienstleistungen auch kann Versicherung nicht ohne den Einsatz materieller Trägermedien, z.B. für das Leistungsversprechen, erbracht werden. Solche Leistungen werden daher von Maleri dann den Dienstleistungen zugerechnet, wenn das jeweilige Produktionsergebnis hauptsächlich in einer immateriellen Leistung besteht und geringwertige materielle Trägersubstanzen keine entscheidende Bedeutung für den ökonomischen Wert der betreffenden Wirtschaftsgüter haben. Vgl. ebd. S. 45 f.
Vgl. zur Erklärungsbedürftigkeit von Versicherung Teil I.1. Fußnote 11. Vgl. auch Weber (1995) S. 10.
Vgl. Farny (1989) S. 422.
Vgl. ebd. S. 423. Vgl. zur fehlenden Lagerfähigkeit und fehlenden sinnlichen Wahrnehmbarkeit von Dienstleistungen allgemein Maleri (1994) S. 79 ff.
Vgl. Farny (1965) S. 31. Vgl. aber auch ders. (1989) S. 298 ff. und S. 422, bei dem Versicherung ebenfalls das Dienstleistungsgeschäft einschließt und sich über die Versicherungsdauer erstreckt. Farny betrachtet Beratungs- und Abwicklungsleistungen als Servicekomponenten des Versicherungsprodukts, die als Produktbestandteil gestaltbar sind. Vgl. ebd. S. 312. Vgl. auch Corsten: „Einem zeitraumbezogenen Produkt liegt dabei eine prozeßorientierte Betrachtung zugrunde, d.h. der Leistungsnehmer fragt die Teilnahme an einem Vorgang nach.“ (Corsten (1994) S. 68).
Die Akquisition hat den Austausch gleichlautender Leistungsversprechen zum Ziel. Dabei stellt der Versicherungsnehmer den Versicherungsantrag, den der Versicherer annehmen muß, damit der Versicherungsvertrag zustande kommt und die Akquisition abgeschlossen werden kann.
Vgl. Farny: „Der Absatz ... geht der Leistungserstellung nicht nur zeitlich voraus, sondern ist die condition sine qua non für die Leistungserstellung.“ (Farny (1965) S. 56). Vgl. auch ders. (1989) S. 423.
Dies hat zur Folge, daß sich für ein in Auftrag gefertigtes Schiff auch der Einsatz der Produktionsfaktoren und die Kosten seiner Erstellung besser als für Versicherungschutz planen lassen.
Vgl. zum Begriff Wirtschaftsgut Farny (1969b) S. 41 f. und ders. (1988) S. 870. Wirtschaftsgüter sind für Farny werthabende Mittel für konsumtive oder produktive Zwecke. Ihr Wert resultiert aus dem Nutzen und der Knappheit der Güter. Für Farny zeigt die Überprüfung der Gutsmerkmale (Wert, resultierend aus Nutzen und Knappheit) die Gutseigenschaft der Versicherung. Denn die Versicherung stiftet dem Versicherungsnehmer zum einen Nutzen, indem sie sein Wirtschaften von Risiken befreit, zum anderen muß sie bezahlt werden.
Ders. (1989) S. 129 (Hervorhebungen nicht im Original). Vgl. auch ebd. S. 419 und ders. (1971) S. 11.
Mit diesem Produktverständnis Farnys ist das Produkt Versicherung nicht auf die Marktleistung eingegrenzt. Dies beurteilt Müller kritisch: „Der Versuch, einen Teil des Produktes Versiche- rungsschutz mit den Organisations-, Planungs- und Entscheidungsprozessen im Versicherungsbetrieb zu identifizieren, stößt auf das betriebswirtschaftlich begründete Bedenken, daß Leistungserstellungsprozesse nicht mit den Leistungen selbst, den Produkten, gleichgesetzt werden dürfen.“ (Müller (1981) S. 162).
Farny (1989) S. 422.
Vgl. ders. (1988) S. 555. Farny formuliert noch einen weiteren Begriff von dem Versicherungsprodukt, den er jedoch selbst nicht konsequent verfolgt. Demnach ist eine Mehrzahl von Versicherungsverträgen als ökonomische Einheit ein „Versicherungsprodukt“, das entweder einheitlich vom Versicherer erstellt oder einheitlich vom Versicherungsnehmer verwendet wird. Vgl. ders. (1989) S. 299 ff.
Vgl. ebd. (1989) S. 419.
Vgl. auch ebd. S. 420.
Ders. (1988) S. 870 (im Original nicht kursiv).
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Schencking, F. (1999). Das Produkt Versicherung und sein indeterminierter Leistungsumfang. In: Entwicklungsmöglichkeiten privater Krankenversicherung. Gabler Edition Wissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-08197-5_9
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