Zusammenfassung
Wir sind jetzt vorbereitet, auf Webers Lehre von den Wertbeziehungen einzugehen. Sie ist nicht zuletzt bisher aus der oben dargelegten erkenntnistheoretischen Annahme verstanden worden. Hier geht es um die Frage, was man unter Erkenntnis verstehen soll und wie es noch möglich ist, sie weder als Abbildung noch als Übernahme der äußeren Wirklichkeit durch unser Bewußtsein zu verstehen. Begriffe als Erkenntnisformen haben die Aufgabe, die Unendlichkeit der uns gegebenen Wirklichkeit zu reduzieren und sie uns zugänglich zu machen. Die Erkenntnistheorie nimmt daher die Form der Logik der Begriffsbildung an.1
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Literatur
Vgl. WL, 5
Vgl. WL, 5.
Cassirer (1910/1994), S. 5𠄸.
WL, 180. Vgl. auch WL, 4, 193, 202.
WL, 108.
Dieses Mißverständnis vertreten z. B. Schelting (1922) und Parsons (1937).
Siehe den ersten Teil der vorliegenden Arbeit, bes. 2.2.1.
Das ist das Problem nicht nur der südwestdeutschen Schule, sondern auch Carl Mengers. Menger (1969).
Diese Auffassung stellt der folgende Satz am deutlichsten dar: der Begriff ist vor dem Begriffenen da (WL, 9597, Anm. 3). Man kann diesen Satz im Zusammenhang der Handlungslehre so interpretieren, daß der das Handeln leitende, dem Handelnden die Orientierung gebende Sinn der Handlung dem vom Handeln hervorgebrachten Zustand vorangeht, daß sich der Zweck verwirklicht, an dem sich der Handelnde orientiert. Die Wirklichkeit im Sinne des durch das Handeln Verwirklichten kann man nur in bezug auf den Zweck bzw. Sinn verstehen, an dem sich der Handelnde orientiert hat. Dieses Verhältnis kann man besonders deutlich bei der Herstellung von Artefakten erkennen. Der Begriff des Stuhls geht sozusagen als Entwurf allen sinnlichen, realen Stühlen voran, und ohne ihn kann man keinen realen herstellen. Man kann auch den Begriff des Stuhls nicht dadurch definieren, daß man alle realen Stühle beobachtet, den Stoff analysiert und gemeinsame Elemente abhebt.
Die Tragweite der Lehre vom Idealtypus bleibt auch unklar, sofern es nicht eindeutig ist, was man mit der Ab- bzw. Nachbildtheorie meint. Im Prinzip hängt diese zweite Interpretation mit dem Problem des Verhältnisses von Allgemeinem und Individuellem zusammen. Deshalb mag es nicht ganz neu sein, was ich hier als den Kern der Wertbeziehung hervorheben will.
Husserls Logische Untersuchungen sind m. E. bei der Entstehungsgeschichte von Webers Wissenschaftslehre eins der wichtigsten Werke, wenngleich man das bisher nicht genügend beachtet hat. Denn schon in der WL finden die drei wichtigsten Errungenschaften der Logischen Untersuchungen: die Kritik am Psychologismus, der Begriff der kategorialen Anschauung und der Intentionalität. Siehe Heideggers Kasseler Vortrag. Heidegger (1992/93). Darüber hinaus unterscheidet Husserl darin in ähnlicher Weise drei verschiedene Formen der Allgemeinheit voneinander, die der Nominalismus miteinander vermengt hat. Siehe Husserl (1992b), S. 113 ff.
WL, 180.
WL, 137.
Nach Weiß „bezieht sich der Begriff Wertbeziehung vielmehr auf die konstitutive Rolle aktueller Wertung“ (Weiß (1992), S. 33).
WL, 123 f.
WL, 201.
WL, 181.
WL, 123. Vgl. „Werte heißen die Gegenstände oder Inhalte eines solchen (wie eines jeden) Interesses, und zwar vor allem dann, wenn diese Inhalte oder Gegenstände möglichst allgemein oder abstrakt definiert sind“ (Weiß (1992), S. 34).
Der „dabei aber seinerseits nichts anderes darstellt als den ‚logischen Kern‘ einer bereits die vorwissenschaftliche, alltägliche Einstellung prägenden Zuwendungsform zur Wirklichkeit. Durch praktische ‚Bewertung‘ nämlich erhalten gewisse Dinge und Vorgänge fir uns eine ‚Bedeutung‘ — eine ‚Bedeutung‘, welche ihrerseits geknüpft ist an die diesen Dingen und Vorgängen zukommende ‚Eigenart, das (an ihnen) Unvergleichbare, Einzigartige, [...] Unersetzliche‘“ (Merz (1990), S. 281. Vgl. WL, 245). — Henrich zufolge setzt Max Weber die Termini Sinn, Bedeutung und Wert zumeist in eins (Henrich (1952), S. 76). Aber streng genommen können wir ‚Bedeutung‘ von ‚Wert‘ und ‚Sinn‘ unterscheiden, weil Bedeutungen Bestimmungen sind, die durch das Beziehen auf Werte Objekte verliehen bekommen können. Hingegen wird der Charakter des Gegenstandes der Intentionalität betont, wenn Weber von ‚Wert‘ bzw. ‚Sinn‘ redet. Weiß lenkt mehr Aufmerksamkeit auf die Unterscheidung von ‚Wert‘ und ‚Sinn‘ und auf die terminologische Verlagerung von dem ersteren auf den letzteren (Weiß (1992), S. 41). „Unter Sinn (oder Bedeutung) soll hier, vor jeder näheren Klärung die Ebene menschlicher Wirklichkeitsauffassung verstanden werden“ (Weiß (1992), S. 42). Zum Begriff der Bedeutung: Henrich (1952), S. 74 ff.
Vgl. WL, 333.
WL, 89, Anm. 2, 124, Anm. 1.
WL, 260.
Vgl. WL, 213.
WL, 199.
Wir werden später sehen, was bei Weber Erfahrungsregeln bzw. nomologisches Wissen bedeuten.
WL, 398. Ferner sagt Weber: „Jedes Artefakt z. B. eine ‚Maschine‘, ist lediglich aus dem Sinn deutbar und verständlich, den menschliches Handeln (von möglicherweise sehr verschiedener Zielrichtung) der Herstellung und Verwendung dieses Artefakts verlieh (oder verleihen wollte); ohne Zurückgreifen auf ihn bleibt sie gänzlich unverständlich. Das Verständliche daran ist also die Bezogenheit menschlichen Handelns darauf, entweder als ‚Mittel‘ oder als „Zweck“, der dem oder den Handelnden vorschwebte, und woran ihr Handeln orientiert wurde“ (WuG, 3).
Zum Begriff der Sinnadäquanz siehe WuG, 5. Darauf werden wir später zurückkommen.
Zum Begriff ‚Relevanz‘ vgl. WL, 340 ff
WL, 181.
WL, 176.
WL, 251 f.
‚Spezifisch‘ beinhaltet hier auch ein Urteil wie das Wort ‚typisch‘ im Sinne von Weber.
PE, 11.
Vgl. auch WL, 15, Anm. 1, 41, 245 f., 252 f.
WL, 176, 181, 274, 343.
WL, 123.
WL, 247 f.
WL, 248 f.
WL, 252 f.
WL, 122, 258, 262.
WL, 511.
WL, 341. Vgl. auch WL, 232, 511.
WL, 182.
WL, 177.
WuG, 8.
WL, 95 f., Anm. 3.
Schelting (1922), S. 701 ff.; ders. (1934), S. 73, 191 ff., 328 ff., 354.
Dazu siehe z. B. Cassirer (1999), S. 135 ff.
Hier stimme ich Merz zu. Siehe Merz (1990), S. 321 Anm. 840.
WL, 100 f., Anm. 2.
WL, 100 f., Anm. 2., 124, 248.
WL, 123.
WL, 123.
WL, 123 f.
WL, 137, Anm. 2, 175, 176. Vgl. WL, 54.
Vgl. WL, 54, 177 f.
Vgl. WL, 180.
WL, 126.
Henrich (1952), S. 79.
„Kulturelle Wirklichkeit existiert nur als Korrelat bestimmter aktueller Wertschätzungen und Sinndeutungen der jeweiligen Akteure“ (Weiß (1992), S. 36 f.).
WL, 175. Ihm (WL, 343, Anm. 1) zufolge lehne sich Weber hinsichtlich des Begriffs der Kultur an Rickert an. Rickert (1902), S. 577 f.; ders. (1913), S. 509; ders. (1921), S. 394. Siehe auch WL, 180, 262. Zu Webers Begriff der Kultur vgl. Scaff (1994).
Merz (1990), S. 317.
WL, 180.
WL, 180.
WL, 175.
WL, 162, 165.
Siehe Merz (1990), S. 318.
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Morikawa, T. (2001). Wert und Kultur. In: Handeln, Welt und Wissenschaft. DUV Sozialwissenschaft, vol 1. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-05967-7_7
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