Ein marxistischer Intellektueller verwurzelt in der Arbeiterbewegung

Zusammenfassung

Den „historischen Stellenwert“ von Wolfgang Abendroth hat seine Lebensgefährtin Lisa so umrissen:

„Die Sozialisation von Wolfgang Abendroth ist ... in gewissem Sinne einmalig. Es gab eine lange sozialistische Familientradition, mein Mann ist von Kindesbeinen an in die Arbeiterbewegung hineingewachsen. Insofern ist er kein typischer Intellektueller, als er nicht durch intellektuelle Kontakte zur Arbeiterbewegung kam. Er hat das Frankfurter Institut für Sozialforschung nach dem Weggang von Grünberg [Carl Grünberg war der Gründer des Instituts], das,Café Marx‘, wie er es wegen der Art von Salonkommunismus nannte, der dort gepflegt wurde, nie sehr gemocht. Wolfgang war immer in der realen Arbeiterbewegung tätig, war sozusagen mit den Proleten verhaftet, obwohl er studierte und später Professor wurde. Seine Basis sind nie die rein intellektuellen Gruppen gewesen, sondern das waren die Arbeiter… Mein Mann hat immer gesagt, lieber im Dritten Reich ins Zuchthaus als in die Emigration. Wann immer er in der Schweiz oder in Holland war [während der Nazizeit], sagte er, das halte ich nicht aus, das kann ich nicht ertragen. Insofern glaube ich, ist Wolf Abendroth eine Ausnahme in der linken Intelligenz. In der ganzen Universitätsatmosphäre war er deshalb wirklich ein Einzelgänger.“¹

Erstveröffentlichung in: Sozialismus, 11/1985, Sonderheft, S. 4–8.