Zusammenfassung
Eine vergleichende Betrachtung historischer und gegenwärtiger menschlicher Gesellschaften läßt erkennen, daß es offensichtlich eine Reihe charakteristischer Prozesse gibt, die in jeder Gesellschaft vorkommen und die als die ständige Bewältigung spezifischer, aus menschlichem Zusammenleben resultierender Probleme interpretiert werden können. Hierzu sind u. a. zu rechnen:
-
1.
Die Sozialisation. — Wie wird ein Mensch im Laufe seines Lebens mit den Vorstellungen, Werten, Verhaltensweisen, Geräten usw. bekannt gemacht, deren „Haben“ und Beherrschung in seiner Gesellschaft als angemessen gelten? Was ist der Inhalt, und wer sind die Träger dieses Prozesses?
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2.
Die Produktion von Gütern und Dienstleistungen. — Welche Gilter und Dienstleistungen werden mit welchen Mitteln hergestellt? Wer ist an der Produktion wie beteiligt? Wer sind die Planträger?
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3.
Die Verteilung und Verwendung von Gütern und Dienstleistungen. — Nach welchen Gesichtspunkten erfolgt sie, wer entscheidet darüber?
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4.
Die Herrschaft. — Wer sind die Herrschenden? Auf welchem Legitimitätsgrund ruht die Herrschaft? Welcher Mittel bedienen sich die Herrschenden zur Durchsetzung ihrer Ziele?
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5.
Die Sicherung nach auß. — Wie sichert sich die Gesellschaft gegen Angriffe von außen? Wer sind die Träger dieser Verteidigung? Dibt es ein Heer, und welcher Art ist dieses?
Zuerst veröffentlicht in: Hamburger Jahrbuch für Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, 6. Jahr (1961), S. 254 ff.
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Anmerkungen
Hermann Schubnell: Die Entwicklung der Demographie in Deutschland, ihr gegenwärtiger Stand und ihre Aufgaben. In: Studium Generale, 12. Ja. (1959), H. 5.
Ebenda, S. 256.
Ebenda, S. 257.
Lorenz v. Stein: Das Bevölkerungswesen und sein Verwaltungsrecht; Die Verwaltungslehre, 2. Teil, Stuttgart 1866. S. 99 ff.
Hermann Schubnell: a.a.O., S. 266.
In der deutscen Fassung des Demographischen Wörterbuchs wird vorsichtiger nur von quantitativer Betrachtung gesprochen: „Die Demographie (Bev.-Wissenschaft, Bev.-Lehre) ist die Wissenschaft, die sich hauptsächlich in quantitativer Betrachtung mit dem Studium menschlicher Bevölkerungen befaßt: Zahl (Umfang), Gliederung nach allgemeinen Merkmalen (Struktur) und Entwicklung.“ Mehrsprachiges Demographisches Wörterbuch. Deutschsprachige Fassung bearbeitet von Wilhelm Winkler. Deutsche Akademie für Bevölkerungswissenschaft an der Universität Hamburg, Hamburg 1960, S. 17.
Hermann Schubnell: a.a.O., S. 267.
S. dazu Charlotte Lorenz: Art. „Bevölkerungslehre“. In: Handbuch der Soziologie, Hrsg. Ziegenfuss, Stuttgart 1953.
Karl Gustav Specht: Demographische, Sozialgeographie und Okologie, eine Untersuchung ihrer Grundfragestellung und ihres Verhältnisses zur Soziologie. Habilitationsschrift 1953 (unveröffentlicht). Hier zitiert nach Hermann Schubnell: a.a.O., S. 265.
Leopold von Wiese: Art. „Soziologie“. In: Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, 9. Bd., Stuttgart/Tübingen/Göttingen 1956, S. 626–648.
Hermann Schubnell: a.a.O., S. 267.
Hermann Schubnell: a.a.O., S. 270.
) Es ist für die Beoölkerungswissenschaft in der Bundesrepublik z. Z. bedeutsam, daß einige Mitarbeiter der Statistischen Ämter, insbesondere des Statistischen Bundesamtes, der Bevölkerungsproblematik ein echtes wissenschaftliches Interesse entgegenbringen. Sonst wäre die ganze Situation noch mißlicher.
) René König: Art. „Soziale Morphologie“. In: Fischer-Lexikon, Bd. 10 (Soziologie).
Rudolf Heberle: Art. „Soziographie“. In: Handwörterbuch der Soziologie, Hrsg. Vierkandt, Stuttgart 1931.
Roderic v. Ungern-Sternberg: Die Ursachen des Geburtenrückgangs im Europäischen Kulturkreis, 1932 (preisgekrönte Arbeit der amerikanischen Eugenics Research Association).
Livio Livi: The Relationship between Sociology and Demography. In: Transactions of the Fourth World Congress of Sociology, Bd. II, London 1959.
Paul Mombert: Bevölkerungslehre, Grundriß zum Studium der Nationalökonomie, Jena 1929.
Gerhard Mackenroth: Bevölkerungslehre, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1953, S. 325 ff.
Hans Linde: Generative Strukturen. In: Studium Generale, 12. Jg. (1959), H. 6.
Ebenda.
Gunther Ipsen: Art. „Bevölkerung“. In: Handwörterbuch des Grenz- und Auslandsdeutschtums, Bd. I, Breslau 1933, S. 458.
Hans Linde: Die generative Form spezifischer Bevölkerungen. In: Forschungs- und Sitzungsberichte der Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Bd. I (Lieferung Raum und Gesellschaft), Bremen 1952, S. 25 ff.
Gerhard Mackenroth: Die generative Struktur von Bevölkerungen und Sozialschichten. In: Weltwirtschaftliches Archiv. Bd. 75 (1955). Teil 1.
Gerhard Mackenroth: Bevölkerungslehre a.a.O., S. 326.
Die vorindustrielle europäische Bevölkerungsweise: „Der überwiegende Teil der nächsten Generation wird in der Familie geboren. Die außereheliche Fruchtbarkeit spielt eine ganz geringe Rolle. Die Familie ist durch Religion und Recht stark gesichert, sie hat auch in der Produktionswirtschaft einen festen Platz. Der Bevölkerungsvorgang reguliert sich über ein Mehr oder Mindei an Familiengründungen. Heiratshäufigkeit und Heiratsalter sind die Variablen der Bevölkerungsweise, mit denen sie sich zum Nahrungsspielraum und zu Konsumnorm und Arbeitsnorm abstimmt. Die Fruchtbarkeit in der Ehe ist keine soziologische Variable, wenigstens nicht in breiten Schichten. In einigen Besitzerschichten mag auch das der Fall sein, doch würde sich ein solches Verhalten hart an der herrschenden Sexualethik stoßen müssen.“ Die „neue“ europäische Bevölkerungsweise: „Die Familie hat noch immer große, wenn auc gegenüber früher abgeschwäcte Bedeutung für die generativen Vorgänge. Innerhalb der Familie hören Heiratsalter und Heiratshäufigkeit auf, soziologische Variable zu sein, sie bekommen den Charakter von Konstanten: d. h., jeder, der überhaupt zur Heirat ansteht, heiratet auch und heiratet relativ früh. Wenn das Heiratsalter absolut nicht wesentlich gesunken ist, so doch ganz beträchtlich im Verhältnis zur gestiegenen mittleren Lebensdauer. Die Spätheirat der städtischen Intellektuellenschichten, die eine Zeitlang für sie typisch war, aber heute deutlich im Abbau ist, war eine Ubergangserscheinung. Allgemein steigt die Heiratshäufigkeit und sinkt das Heiratsalter; es gibt eine ganze Reihe von äußeren Umständen, die das statistische Bild verdunkeln: die Männerverluste in den Kriegen, die Frauenüberschüsse, die Zweitheiraten u. a. Das hat aber alles mit dem soziologischen Faktum nichts zu tun: innerhalb der überhaupt möglichen Familienbildungen werden Heiratshäufigkeit und Heiratsalter Konstante der Bevölkerungsweise. Die ganze Variablität verlagert sich auf die Fruchtbarkeit in der Ehe.“ (Gerhard Mackenroth: Bevölkerungslehre, a.a.O., S. 408 ff.).
Hans Linde: Die generative Form spezifischer Bevölkerungen, a.a.O.
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Bolte, K.M. (1963). Soziologie und Demographie. In: Specht, K.G., Rasch, H.G., Hofbauer, H. (eds) Studium Sociale. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-04232-7_7
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