Zusammenfassung
Sexualität. Alter. Institutionen. Mit diesen drei Schlagwörtern meiner Dozentin und späteren Master-Arbeitsbetreuerin endete kurz vor Abschluss des 2. Semesters unsere unverbindliche Besprechung über mögliche Themenfelder für die Abschlussarbeit im Studiengang Master Soziale Arbeit. Dabei handelte es sich zunächst einmal um einen Themenkomplex, mit dem ich bislang nicht in Berührung gekommen war. Die Herausforderung, ein für sich selbst noch völlig unbekanntes und von der eigenen Lebenswelt entferntes Forschungsfeld zu betreten, erschien mir jedoch reizvoll. Im Rahmen einer ersten, noch wenig fokussierten Literaturrecherche schärfte sich zunehmend meine Einsicht dafür, dass Sexualität durchaus bis ins hohe Alter relevant sein kann, aufgrund multipler Einflussfaktoren im Alter jedoch oftmals weniger oder gar nicht mehr gelebt wird (vgl. Bucher et al. 2001, S. 35 ff; Zehender 2006, S. 44 ff). Gerade bei Pflegeheimbewohnern und -bewohnerinnen treten Herausforderungen wie Krankheiten, negative Selbstbilder oder fehlende Privatsphäre nicht selten kumuliert auf, sodass die Verwirklichungschancen gewünschter Sexualität nicht unwesentlich von äußerer Unterstützung abhängig sind (vgl. Beier und Loewit 2005, S. 641; Grond 2011, S. 9 ff, 18). Doch speziell gegenüber Pflegeheimen wiederholt sich in der einschlägigen Fachliteratur (vgl. Thiele 2001, S. 120; Michelchen 2008, S. 46 ff) der Vorwurf von restriktiven Bedingungen und der Tabuisierung des Themas, während die aktuelle Studienlage, vor allem im deutschsprachigen Raum, noch limitiert ist. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund interessierte mich zunehmend die Frage: Inwieweit kann und wird Sexualität in Pflegeheimen tatsächlich gelebt?
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Notes
- 1.
Verfeinert wurde diese Auswahlstrategie noch durch die vorab festgelegte Auswahlregelung (vgl. Mayer 2013, S. 39), dass in den wenigen Fällen von zwei oder mehr in einem Pflegeheim beschäftigten Pflegedienstleitungen die jeweils ranghöhere Person zu befragen ist.
- 2.
Konkret zählen hierzu diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger und -pflegerinnen, Fach- und Diplom-Sozialbetreuer und -betreuerinnen sowie Pflegehelfer und -helferinnen.
Literatur
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Reiner, J. (2016). Sexualität in Pflegeheimen?. In: Wintzer, J. (eds) Qualitative Methoden in der Sozialforschung. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-47496-9_26
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