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Beobachtungen und Betrachtungen zur Religionspsychologie:

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Religionspsychologie

Zusammenfassung

Mehr als ein Jahrhundert internationaler Religionspsychologie ist an uns vorbeigezogen. Sind wir jetzt besser als am Anfang unserer Studie in der Lage, zu sagen, was Religionspsychologie ist, was sie vermag, was sie darstellt und was für ein Unternehmen sie ist? – Welche Antwort man auch immer geben wollte, sie sollte behutsam, nuanciert oder zumindest zurückhaltend sein, denn sie könnte aus ganz unterschiedlichen Perspektiven vorgetragen werden. Zunächst gilt es aber, nochmals daran zu erinnern, dass wir längst nicht alles aus der Religionspsychologie gesehen haben. Wie klar geworden sein dürfte, ist das Schrifttum zur Religionspsychologie quasi uferlos. Auch die besten inhaltlichen Übersichtswerke aus jüngster Zeit, wie Hood et al. (2009), Pargament (2013a) oder Wulff (1997), vermochten nicht alles zu behandeln. Niemand vermag das noch, es ist aber für unser Anliegen wahrscheinlich auch nicht nötig. Dennoch gilt es zu bedenken, dass unser Fokus auf institutionelle oder organisatorische Geschichte der Religionspsychologie – wie jeder Fokus! – nur gewisse Dinge in den Blick geraten lässt, einiges verzerrt und anderes gar nicht sichtbar macht.

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Notes

  1. 1.

    Initiiert von Henning, Nestler und Sparn existierte die Reihe zwischen 1998 und 2002: Das Hineinnehmen einiger gestandener Religionspsychologen in den Kreis der Herausgeber (ab Band 4) hat der Reihe kein Überleben sichern können. (Formell aufgehoben wurde sie vom Verlag 2014.).

  2. 2.

    Um präzise zu bleiben: Oser besuchte die Tagung 2001 in Soesterberg, engagierte sich aber nie in der IAPR, aus seinem Kreis gehörte Helmut Reich dem Scientific Committee der European Group of Psychologists of Religion an; weder Grom noch Angehörige seines Kreises besuchten je Tagungen der IAPR. Sowohl Oser als auch Grom konzipierten neue Ansätze in der Religionspsychologie (Grom 1992/2007, 1992/2011; Oser und Gmünder 1984/1991), die breite internationale Anerkennung fanden und die für etliche empirische Untersuchungen die Inspiration und Grundlage lieferten.

  3. 3.

    Selbstverständlich gibt es psychoanalytische Veröffentlichungen zur Religion von Verfassern, die sich selbst nicht als Religionspsychologen präsentieren, die „der Religion“ (oft allzu simpel verstanden) ablehnend gegenüberstehen und diese abwertend behandeln. Ein im deutschen Sprachraum recht bekannt gewordenes Beispiel wäre Moser (1976), ein jüngeres aus ausländischer Literatur Faber (2010).

  4. 4.

    Allgemein wurde von Rezensenten des betreffenden Bandes (Belzen und van der Lans 1986) die genannte Diskussion als interessantester Beitrag angemerkt.

  5. 5.

    Vgl. Ayele et al. (1999); Bickel et al. (1998); Biggar et al. (1999); Bowman (2000); Braam et al. (2000); Buchanan et al. (2001); Calhoun und Tedeschi (2000); Calhoun et al. (2000); Carone und Barone (2001); Carrol et al. (2000); Chang et al. (1998); Chang et al. (2001); Ellison et al. (2001); Fabricatore et al. (2000); Gall et al. (2000); Giesbrecht und Sevcik (2000); Graham et al. (2001); Hettler und Cohen (1998); Hintikka et al. (1998); Jersild (2001); Joseph (1998); Koenig et al. (1998); Krause et al. (1998); Levin und Chatters (1998); Levin und Taylor (1998); Loewenthal et al. (2000); Neumann und Chi (1999); O’Neill (1999); Pargament et al. (2001); Pfeifer und Waelty (1999); Prager (1998); Razali et al. (1998); Schnittker (2001); Shaddock et al. (1998); Tek und Ulug (2001); Tigert (2001); Young et al. (2000) und viele andere.

  6. 6.

    Der Hinwendung zu nichtchristlichen Religion in den historischen und philologischen Religionswissenschaften lag zwar häufig auch das Anliegen zugrunde, die (eventuell eigene) Religion von wissenschaftlicher Erforschung auszunehmen – das Christentum wurde dann zum Beispiel als fundamental anders als alle anderen Religionen ausgegeben –, aber zunehmend wird mittlerweile auch das Christentum selbst zum Objekt religionswissenschaftlicher Analyse gemacht.

  7. 7.

    Heidegger schrieb nicht ohne Grund in einem „In Memoriam“: „Max Scheler war – vom Ausmaß und der Art seiner Produktivität ganz abgesehen – die stärkste philosophische Kraft im heutigen Deutschland, nein, im heutigen Europa und sogar in der gegenwärtigen Philosophie überhaupt“ (Heidegger 1928/1978, S. 62).

  8. 8.

    Ein Satz bei Scheler wie „[…] um Sinn und Aufgabe einer Religionspsychologie zu ergründen, […] argumentiert [man]: ‚Wie immer man über den Wahrheitswert der Religion denke – ihn bejahe oder ablehne –, welche Religion es auch immer sei, der man im ersten Falle anhänge, auf alle Fälle ist die Religion eine Gruppe seelischer Erscheinungen und Erlebnisse und als solche ein zweifelloser Gegenstand der Psychologie. Dieser Zweig der Psychologie heißt Religionspsychologie und diese Religionspsychologie ist eine Wissenschaft, die ebensowohl vom Atheisten wie vom Gläubigen, ebensowohl von Christen als Mohammedanern usw. betrieben werden kann. Sie ist also völlig voraussetzungslos und interkonfessionell.‘ Diese Argumentation ist eine pure Scheinargumentation und es kommt ihr keinerlei Bedeutung zu“ (Scheler 1921/1968, S. 152 f., Schrägschrift original). scheint ein Zitat eines Religionspsychologen („man“) zu enthalten. Tatsächlich aber gibt Scheler keine Quelle an und wahrscheinlich ließe sich diese auch nicht finden. (Überhaupt trägt er hier ja keine Argumente vor.) Das „Zitat“ scheint einen Psychologismus artikulieren zu wollen, wenn das „auf alle Fälle“ im Sinne von „ist nichts mehr als“ verstanden werden soll. Doch kein Religionspsychologe behauptet(e) das. Der Satz geistert aber seit fast einem Jahrhundert durch die Literatur, man findet ihn zum Beispiel jüngst noch bei Kaiser (2007), S. 161. Dass Religionspsychologie, anders oder mehr als andere Wissenschaftssparten, voraussetzungslos oder interkonfessionell sei, wurde ebenfalls in der religionspsychologischen Literatur nicht behauptet, noch nicht einmal von den enthusiastischen Vertretern. Scheler bedient sich hier anscheinend einer Strohmannargumentation.

  9. 9.

    Es ist für die Stellungnahme van den Bergs sicherlich bedeutsam, dass er berichtete (persönliche Mitteilung, 02.01.1995), dass die Lektüre von Ottos Das Heilige (Otto 1917) ihn sehr beeindruckt habe und dass er Anhänger der Dialektischen Theologie unter seinen Freunden zählte.

  10. 10.

    Es findet sich bei Vergote ein Satz, den man deuten könne, als sei er durch seine empirische Arbeit zu anderen Ansichten gelangt: Seine Forschung habe „kostbare Information geliefert über Angelegenheiten, die uns wichtig erscheinen und die zur Revision von Ansichten nötigten“ (Vergote 1984, S. 11). Jahre später dazu befragt, gab er aber an, hier nicht seine religiösen oder theologischen Ansichten gemeint zu haben.

  11. 11.

    Zum Vergleich: Vergote, der in seinem Werk etliche als Mystik geltende Phänomene behandelt, störte sich sehr an ihm als herablassend vorkommende Äußerungen Leubas (s. Vergote 1978, S. 214). Er wurde selbst aber wiederum kritisiert von Theologen, die Anstoß nahmen an seiner Charakterisierung der Erfahrungen von Theresa von Avila als gelungene Hysterie, offenbar ohne zu verstehen, dass er damit eher positiv als negativ über sie spricht (s. Blankers 1992).

  12. 12.

    Die bereits signalisierte scharfe Unterscheidung von Religion und Magie, wie sie aus anderen Büchern Beths wie z. B. Die Entwicklung des Christentums zur Universalreligion (K. Beth 1913) hervorgeht, diente einem ähnlich apologetischen Ziel (s. a. K. Beth 1914, 1914/1926).

  13. 13.

    Dies kann auf ganz subtile Art und Weise geschehen, wie zum Beispiel im Vorgehen der John Templeton-Foundation (JTF): Diese amerikanische Organisation stellt jährlich Hunderte von Millionen an Fördergeldern für Forschung und sonstige akademische Aktivitäten zur Verfügung, die sich einem Dialog zwischen Glauben und Wissenschaft verschreiben, damit aber einen Trend ausgelöst haben, kritische Forschung zur Religion durch apologetisch inspirierte zu verdrängen. Die Stiftung fordert keineswegs, nur Positives zur Religion vernehmen zu lassen. Obgleich sie aber scheinbar nur auf Ausgewogenheit insistiert und zum Beispiel nebst gesundheitsförderlichen auch gesundheitsschädliche Effekte von Religionen aufzeigen lassen will, wird eine Politik verfolgt, die die Grundlagen der Wissenschaft schleichend erschüttert, indem die Unterscheidung von Glauben und Wissenschaft verwischt wird und die Legitimität nichtreligiöser Forschung verneint wird (vgl. Bains 2011; Murken 1999; Wulff 2003). Es wundert nicht, dass wissenschaftlich kontroverse Richtungen wie Kreationismus, Neurotheologie und in der Psychologie die sogenannte Positive Psychologie von der JTF gefördert werden. Die Stiftung hat auch in der (namentlich amerikanischen) Religionspsychologie erheblichen Einfluss genommen (Hood 2012).

  14. 14.

    14 An dieser Stelle sei, doch nur kurz, noch aus anderen Gründen auf den problematischen Charakter der Veröffentlichung Beit-Hallahmis zur Geschichte seiner eigenen Disziplin hingewiesen. Beit-Hallahmi nennt als Gründe für das Aufkommen der Religionspsychologie: 1. aufkommendes wissenschaftliches Interesse an empirischer Erforschung der Religion im Allgemeinen am Ende des 19. Jahrhunderts, wie z. B. ersichtlich aus der Gründung von Instituten für Religionswissenschaft; 2. eine allgemeine positive Einstellung zur Religion um die Jahrhundertwende, es gab Respekt für Religion als menschliche und soziale Angelegenheit.

    Zu 1. kann aber angemerkt werden, dass solches aufkommende Interesse an empirischer Erforschung keineswegs zu Religionspsychologie zu führen braucht. Außerdem bleibt es in seiner Darstellung unklar, wie sich dieser Punkt verhält zum Untergang, den er ja für die Zeit seit 1930 meint nachweisen zu können. (Die empirische Erforschung religiöser Phänomene hat als solche ja nicht abgenommen.)

    Zu 2.: Auch dieser Punkt ist nicht unwahr, erklärt aber zu wenig: Solche Einstellung und solchen Respekt gab es auch 1850 und 1950, als es noch keine Religionspsychologie gab bzw. (laut Beit-Hallahmi) keine Religionspsychologie mehr gab. Dagegen dürften im Jahre 2000 genannte Einstellung und Respekt viel weniger präsent gewesen sein, dennoch wuchs die Religionspsychologie seitdem erheblich.

  15. 15.

    Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Am wahrscheinlich ältesten europäischen Forschungszentrum für Religionspsychologie, an der Katholischen Universität Leuven (Belgien), wurde zu Vergotes Zeiten viel über Gottesbilder gearbeitet; ein Sammelwerk wie Fowler und Vergote (1980) brachte die meisten der damals noch recht wenigen Forscher, wie auch Fowler und Rizzuto, zusammen, doch zu einer bleibenden Tradition in der Religionspsychologie hat es nicht geführt. Vergotes Nachfolger Hutsebaut entwickelte eine eigene post-critical belief scale, die in etlichen empirischen Studien verwendet wurde, auch international (eine Übersicht geben Duriez et al. 2007). Am Lehrstuhl für Religionspsychologie in Uppsala wurden eine Reihe Dissertationen vorgelegt, die die von Sundén entwickelte Rollentheorie verwendeten (eine Übersicht gibt Lindgren 2014).

  16. 16.

    Übersetzt zusammengefasst lauteten sie ungefähr wie folgt: 1. Ausdruck verdrängter Tendenzen, 2. Sex-Ekstase, 3. Transformation primärer Instinkte, 4. Organisation instinktiver Tendenzen auf ein religiöses Objekt, 5. Erfahrung, deren Form auf angeborener Natur beruht, deren Inhalt vom sozialen Milieu stammt, 6. Bewusstsein unbedingter, letzter Werte, 7. Manifestation der Tendenz zum Idealisieren, 8. Organisation von sozialen Instinkten um ein Objekt von höchstem Interesse, 9. Manifestation kollektiver Repräsentationen oder von 10. völkerpsychologisch relevanter Ideen und Werten (Schaub 1926, S. 121–123).

  17. 17.

    Van der Leeuw war Heymans ziemlich böse gewesen, ihn nicht (dafür aber einen anderen Nicht-Psychologen wie Lévy-Bruhl wohl) zum Kongress eingeladen zu haben (s. Belzen 2007).

  18. 18.

    In einem früheren Text meinte Wulff allerdings explizit, dass die Qualität vieler Religionspsychologie niedriger sei als in der Psychologie im Allgemeinen oder in den Religionswissenschaften (Wulff 1985b, S. 78). Es ist hier wohl nicht der geeignete Ort zu beurteilen, ob und inwieweit er recht hatte oder vielleicht immer noch hat.

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v. Belzen, J.A. (2015). Beobachtungen und Betrachtungen zur Religionspsychologie:. In: Religionspsychologie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-46575-2_11

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