Zusammenfassung
In der Gesamtheit der geordneten Mengen, mit denen wir uns in den letzten beiden Paragraphen beschäftigt haben, gibt es spezielle Mengen, die durch die besondere — wenn man will, besonders einfache — Art der Anordnung ihrer Elemente bemerkenswert sind und die man als „wohlgeordnet“ bezeichnet. Im Reiche der wohlgeordneten Mengen herrschen besonders einfache Verhältnisse, die in vielen Beziehungen an die uns wohlvertrauten Eigenschaften der gewöhnlichen Zahlenreihe erinnern. Dementsprechend werden wir in den Ordnungstypen der wohlgeordneten Mengen eine Klasse „unendlicher Zahlen“ kennenlernen, die viele Eigenschaften der endlichen Zahlen aufweisen und uns daher einen weniger fremden Eindruck machen, als ihn die unendlichen Kardinalzahlen und namentlich die Ordnungstypen unendlicher geordneter Mengen zunächst erwecken mochten. Ist schon hiermit ein besonderes Eingehen auf die Theorie der wohlgeordneten Mengen hinreichend gerechtfertigt, so werden gewisse Eigenschaften dieser Mengen doppelt bedeutungsvoll dadurch, daß sie sich auf ganz beliebige Mengen übertragen lassen.
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Referenzen
Vgl. die Bemerkung in Beispiel 1 von § 9, S. 94.
Vgl. Hessenberg, S. V.
Hier tritt eine charakteristische (indirekte) Beweismethode der Theorie der wohlgeordneten Mengen auf, die uns nachstehend noch öfters begegnet. Sie besteht darin, daß zwecks Nachweises der Unmöglichkeit einer gewissen Eigenschaft der Elemente einer wohlgeordneten Menge zunächst angenommen wird, es gebe Elemente von der fraglichen Eigenschaft; dann muß nach Definition 1 in der Teilmenge aller derartigen Elemente ein erstes existieren, d. h. ein erstes Element von der fraglichen Eigenschaft; für dieses erste ist meist die Unmöglichkeit der Eigenschaft leicht nachzuweisen auf Grund der Tatsache, dafi alle vorangehenden Elemente sie nicht besitzen. Daher kann die Menge überhaupt kein Element von der fraglichen Eigenschaft enthalten.
Ist m das erste Element von M, so ist demnach die Nullmenge der durch m bestimmte Abschnitt von M.
Diese Bezeichnungen und Zeichen für die Größenordnung der Ordnungszahlen sind also dieselben wie die in § 6 für die Größenordnung der Kardinalzahlen eingeführten. Verwechselungen sind hieraus nicht zu befürchten (außer etwa bei endlichen Kardinal- und Ordnungszahlen, wo es nichts ausmacht).
Vgl. z. B. Hausdorff, S. 117 ff. Es sei nochmals (vgl. S. 105) hervorgehoben, daß die Potenzierung von Ordnungszahlen etwas ganz und gar anderes bedeutet und bezweckt, als die in § 8 behandelte Potenzierung der Kardinalzahlen. So ist z. B. eine Menge von der Ordnungszahl ω ω abzählbar und nicht etwa von der Kardinalzahl aa = c des Kontinuums. Um etwa die Menge der natürlichen Zahlen nach der Ordnungszahl ωω anzuordnen, kann man mit Hessenberg jede Zahl als Produkt ihrer Primfaktoren darstellen und diese Produkte in erster Linie nach der wachsenden Anzahl der Faktoren anordnen; bei gleicher Anzahl der ihrer Größe nach anzuschreibenden Faktoren soll, unter Außerachtlassung etwa beiderseits gleicher Faktoren, die Größe der Faktoren für die Anordnung der Produkte maßgebend sein. Hiernach ergibt sich folgende Anordnung der (abzählbaren) Menge der natürlichen Zahlen: 1, 2, 3, 5, 7, 11, ... (alle Primzahlen); 4, 6, 10, 14, . . .; 9, 15, 21, 33, . . .; ... 8, 12, 20, 28, . . .; 18, 30, 42, 66, . . .; ... 27, 45, 63, 99, . . .; ...16, 24, 40, 56, . . .; . . . Man mache sich dieses Bildungsgesetz klar und überzeuge sich hierzu namentlich, daß z. B. die Menge aller hierbei der Zahl 2n vorangehenden Zahlen die Ordnungszahl ωn-1 aufweist!
S. 104 f. Von den älteren Methoden sei neben der Cantor schen namentlich die von Hessenberg (S. 58–60) genannt.
Man erkennt so gleichzeitig, daß die formale Zuerkennung des Prädikates „Ordnungszahl“ an die Null eine gebieterische Notwendigkeit auch für die allgemeine Geltung des Satzes 5 ist, wie sie sich schon im Hinblick auf Definition 2 als erforderlich herausstellte.
Vgl. Schoenflies im Jahresber. d. D. Mathem.-Verein., 31 (1922). 100 f.
Gegen diesen Schluß, der bei Zermelo vermieden wird, sind gewisse Einwände möglich; vgl. S. 133.
Der Ausdruck „Folge“ soll, wie dies vielfach geschieht, eine kurze Bezeichnung für „wohlgeordnete Menge“ darstellen. Trotz der Bequemlichkeit dieses Ausdrucks wurde hier sonst von seiner Verwendung abgesehen, und zwar in Rücksicht auf seinen spezielleren Gebrauch außerhalb der Mengenlehre (im Sinn von „abgezählte Menge“, nur ohne die Bedingung, daß die einzelnen Elemente alle verschieden sein sollen).
Für eine philosophische Stellungnahme zu diesen Fragen (und auch schon zur Begründung der endlichen Zahlen mittels der endlichen Mengen) vergleiche man z. B. E. Cassirer, Substanzbegriff und Funktionsbegriff (Berlin 1910), S. 57 ff., oder auch Al. Müller, Der Gegenstand der Mathematik usw. (Braunschweig 1922), S. 47 ff. und 92, sowie die dort angeführte Literatur.
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Fraenkel, A. (1923). Wohlgeordnete Mengen und Ordnungszahlen. Die Wohlordnung und ihre Bedeutung. In: Einleitung in die Mengenlehre. Die Grundlehren der Mathematischen Wissenschaften, vol 9. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-25900-9_11
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