Zusammenfassung
Es gehört zu den eindrücklichsten Experimenten auf dem gesamten Gebiet der Biologie, daß man am narkotisierten oder getöteten Frosch nach Eröffnung des Brustkorbs das Spiel der Herztätigkeit beobachten und auch nach einem Vorschlag von W. Trendelenburg einem größeren Zuhörerkreis episkopisch demonstrieren kann, wie bei der Zusammenziehung (Systole) die Kammer infolge der Entleerung des Inhalts klein und blaß wird und wie sie bei der Neufüllung mit Blut von den Vorhöfen her, bei der Diastole, wieder weit und dunkelrot wird. Es ergibt sich also die Tatsache, daß die rhythmische Tätigkeit dieses Organs auch nach dem Tode des Gesamtorganismus weiter fortbestehen kann, sogar dann noch, wenn wir das Herz aus dem Verband des Körpers herausnehmen. Seine rhythmische Tätigkeit ist also nicht gebunden an die Funktion anderer Stellen des Körpers, auch nicht, wie das z. B. bei der Atmung feststellbar ist, an bestimmte Stellen des Zentralnervensystems. Die Tatsache, daß das Herz die Fähigkeit zur rhythmischen Tätigkeit in sich besitzt, nennen wir Automatie. Ein einfaches Experiment ermöglicht es, diese Automatie in einem sog. Zentrum anatomisch zu lokalisieren. Denn das Weiterschlagen des herausgenommenen Herzens können wir im Experiment nur dann feststellen, wenn ein kleiner Bezirk, der Venensinus, mit herausgenommen wird. Nach den Vorstellungen, deren Entstehung und Begründung wir im einzelnen kennenlernen werden, bilden sich hier im Sinus „Erregungen“, die die Fähigkeit haben, weitergeleitet zu werden, und die so nacheinander Vorhof und Kammer erreichen und jeweils dort eine Kontraktion veranlassen, so daß eine wohlgeordnete Folge von Kontraktionen der einzelnen Abschnitte — Sinus, Vorhof, Kammer, Bulbus arteriosus am Froschherzen — entsteht, die wir Koordination nennen. Wir sprechen also von einer rhythmischen Erregungsbildung im Sinus, dem Automatiezentrum des Herzens, und einer Erregungsleitung im Herzen, in deren Gefolge der mechanische Vorgang der Kontraktion auftritt. Aus diesen Grundvorstellungen ergibt sich naturgemäß die Gliederung unserer Betrachtung der Herzphysiologie und als erstes Problem das der automatischen Erregungsbildung.
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Literatur
Es handelt sich bei den Lucianischen Perioden um eine gruppenweise auftretende automatische Tätigkeit, die 1873 im Laboratorium von C. Ludwig am erstickenden Froschherzen beobachtet wurde und die durch Sauerstoffzufuhr zu beseitigen ist. Abderhalden und Gellhorn beobachteten sie auch an Herzstreifen und fanden, daß diese Gruppenbildung durch Adrenalin beseitigt werden kann (s. o.). Sie treten nicht nur bei Sauerstoffmangel auf, obwohl sie sicher etwas mit dem schlechten Zustand des automatisch tätigen Herzteils zu tun haben. Aber eigenartigerweise liegen während der Gruppen relativ hohe Frequenzen und nicht verkleinerte Kontraktionshöhen vor. Darum wird Schädigung und Erstickung als Ursache von den Nachuntersuchern abgelehnt. Wahrscheinlich handelt es sich irgendwie um die Tätigkeit eines Extrareizherdes mit Ermüdung und Erholung in den Pausen (Langendokff, Ashman und Hafkesbring). Schellong sah sie beim absterbenden Menschenherzen und führte sie auf Schwankungen im Verhältnis zwischen Reizstärke und Erregbarkeit zurück; Goldenberg und Rothberger fanden Lucianische Perioden auch am Purkinje-Faden des Warmblüterherzens. Die Prüfung der Erregbarkeit ergab periodische Schwankungen der Erregbarkeit, die dem Erwachen und Verschwinden der Automatie parallelgingen.
Beim Schildkrötenherzen sind die Angaben nicht einheitlich. Garrey gab auf Grund von Suspensionskurven den Ursprung in der rechten Vene an, so daß ein „venosinuales“ Intervall vorläge. Meek und Eyster verlegten den Impulsbeginn auf Grund elektrophysiologischer Versuche in die Sinuauricularverbindung, ebenso Schlomovitz und Chase auf Grund lokaler Temperatureinwirkung.
Über die histologische Beschaffenheit und die Lageunterschiede bei den verschiedenen Tieren sei auf die Arbeiten von Tandler (1931), W. Kocx (1922), Benninghoff (1924, 1930, 1933 ), Mönckeberg (1924, 1926) und Terborg (1939) verwiesen.
Zusammenfassung bei Roversi (1929).
Das kardiomotorische Zentrum im Coronarvenentrichter (Zamn) ist demnach identisch mit dem Vorhofteil des Atrioventrikularknotens, dem sog. Vorhofknoten. Nach Koch reicht der AscnoFF-TAwu A-Knoten mit seinem Vorhofteil bis in den Bereich der Vena coronaria. Wieweit man die fächerförmigen „Ausläufer“ noch zum spezifischen System rechnen soll, darüber kann man sich streiten und hat es auch getan (Koch-Möncreberg). Jedenfalls ist die Bezeichnung „Coronarsinusknoten” abzulehnen und entsprechend ist daher auch die Bezeichnung „Coronarsinusrhythmus“ unzweckmäßig.
Kürzlich berichteten A. Dittmar u. Mitarb. in Arch. Kreislaufforsch. 25, 242 (1957) zusammenfassend über diese Methoden eines elektrischen Schrittmachers des Herzens.
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Schütz, E. (1958). Die Automatie des Herzens. In: Physiologie des Herzens. Lehrbuch der Physiologie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-25183-6_1
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