Zur vergleichenden Anatomie des Hypophysen-Hypothalamus-Systems

Zusammenfassung

Zwei verschiedene Relationssysteme zwischen Hypophyse und Hypothalamus sind jetzt aufgedeckt worden. Das eine ist innerhalb der Hypophyse an deren intrasellär gelegenen neuralen Anteil, den Hinterlappen, gebunden; im Hypothalamus gehören zu ihm die großzelligen Gruppen des Nucleus supraopticus und des Nucleus paraventricularis, die sich oral vom Tuber cinereum, bei den Säugetieren und beim Menschen in der hypophysenfern gelegenen Regio supraoptica, befinden. Bei niederen Wirbeltieren (Fischen und Amphibien) liegen die entsprechenden großen Zellen noch weiter oral in der Regio praeoptica. Dieses System, bei den höheren Wirbeltieren „System des Tractus supraoptico-hypophyseus“ genannt, dient u. a. nachweislich der Regulation des Wasserhaushaltes durch Produktion bestimmter Hormone. — Die andere Relation verläuft über den proximalen Anteil der Neurohypophyse, über das Infundibulum, jenen Teil, welcher das wesentliche Bindeglied in der Funktionskette zwischen Adenohypophyse und dem hypophysennahen Tuber cinereum darstellt. Dieses System dient nachweislich der Regulation der Sexualfunktionen (ausführlich bei Spatz, 1951, 1952 und 1953/54) und wahrscheinlich auch anderen an den Vorderlappen gebundenen Funktionskreisen. Während ein Kontakt zwischen Adenohypophyse und Hinterlappen inkonstant ist, sind wir zur Überzeugung gelangt, daß irgendein Kontakt zwischen Adenohypophyse und Infundibulum bzw. Gewebe von Art des Infundibulum bei den von uns untersuchten Wirbeltieren konstant vorkommt. Die Manifestierung der Kontaktbildung variiert sehr stark. Überhaupt weist die Hypophyse bei den verschiedenen Vertebraten außerordentlich variable Verhältnisse auf, wodurch die Deutung mancher Strukturen recht erschwert wird. Insbesondere bei den Fischen zeigt die Hypophyse wie auch der Hypothalamus recht abweichende Bilder von denen bei den höheren Vertebraten, so daß die homologen Strukturen hier nur schwer erkennbar sind bzw. ein Vergleich nur mit Vorsicht gestattet ist. Bei den heutigen Ausführungen können des Zeitmangels wegen in der Hauptsache nur Amphibien, Reptilien und Säugetiere zur Sprache kommen. Die Verhältnisse bei den Fischen sollen kurz gestreift werden. Bezüglich des Hypophysen-Hypothalamus-Systems der Knochenfische sei auf eine eben erschienene Arbeit verwiesen (Anat. Anz 100 Erg.-Bd.). Unsere Nomenklatur, die Hypophyse betreffend, ist aus folgender Übersicht zu ersehen.