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Immersion und der Verlust symbiotischer Symbole

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Leib und Netz

Part of the book series: Medienkulturen im digitalen Zeitalter ((MEDIZE))

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Zusammenfassung

Seitdem Johann Gottfried Herder (Abhandlung über den Ursprung der Sprache, welche den von der Königl. Academie der Wissenschaft für das Jahr 1770 gesezten (sic!) Preis erhalten hat, Stuttgart, 1997) in seiner Schrift „Abhandlung über den Ursprung der Sprache“ (1770) das ‚Mängelwesen Mensch‘ als Erklärungsgrundlage für das Zustandekommen von Kultur postuliert hatte, hat sich in der Entwicklung der Wissenschaft das rationalistische Paradigma festgesetzt, demzufolge Technik als Mittel für zweckgerichtetes Handeln diejenigen Defizite ausgleicht, die den Menschen von Natur her auszeichnen, wobei dieses Paradigma zwei gegensätzliche Ausgangspunkte dialektisch entfaltete, nämlich als Idealismus einerseits und Materialismus andererseits. Von seinem Herkommen mit Mängeln ausgestattet überwindet der Mensch durch Verstand und Vernunft seine natürlichen Beschränkungen und erschafft sich eine Kultur, die ihm gleichermaßen als Reich der Freiheit wie der Notwendigkeit entgegensteht. Der Mensch, so die erkenntnisleitende Paradoxie einer jeden anthropologisch fundierten Wissenschaft der sozialen Welt, ist seiner Natur nach ein Kulturwesen.

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Notes

  1. 1.

    In der Soziologie hat die Mär vom ‚Mängelwesen Mensch‘ eine lange Geschichte, die bereits von Durkheim erzählt wurde. „Der Mensch ist [bei Durkheim] also ein ‚Mängelwesen‘, aber nicht organisch, wie wir das im Gebrauch dieses auf Herder zurückgeführten Begriffes durch Gehlen sehen werden …, sondern als einzelner, der stets der Leitung durch die Gesellschaft bedarf“ (Vgl.: Schmied 2007, S. 71.).

  2. 2.

    „Die Natur des Menschen ist Kultur.“ Vgl. Morin, Edgar: Das Rätsel des Humanen. Grundfragen einer neuen Anthropologie. München und Zürich (1974, S. 103). (Original: Le paradigme perdu. La nature humaine. Paris 1973.) Siehe dazu auch Vogel, Christian: Von der Natur des Menschen in der Kultur. In: Rössner, Hans (Hg.): Der ganze Mensch – Aspekte einer pragmatischen Anthropologie. München 1986.

  3. 3.

    So Luhmann, Niklas: Gesellschaft der Gesellschaft. Frankfurt/M. (1998), darin Kap. 3: Evolution, Abschnitt IX. Technik, S. 517–535.

  4. 4.

    Günther, Gotthard (1995): Transzendentalphilosophische Grundlagen der Kybernetik. Vortrag von 1965, zu finden bei YouTube unter: https://youtu.be/xokyh7QVOjY.

  5. 5.

    So fasse ich die Überlegungen auf, die Dirk Baecker (2007) immer wieder neu ausprobiert. In dieser Hinsicht orientiere ich mich an Baecker, Dirk: Studien zur nächsten Gesellschaft. Frankfurt/M. 2007.

  6. 6.

    Siehe dazu Grundmann, Reiner: Wo steht die Risikosoziologie? In: Zeitschrift für Soziologie, Jg. 28, (1999, S. 44–59). Dort wird in einem Überblick gezeigt, dass das Problembewusstsein für risikosoziologische Problemstellungen älter ist als eine fachsoziologische Diskussion im Anschluss an die „Risikogesellschaft“ von Ulrich Beck zunächst feststellen konnte.

  7. 7.

    Ein Gedanke, den ich hier nur andeuten kann, ohne näher darauf einzugehen, denn er gehört nicht zum Thema: Die Hauptfunktion des sozialen Gedächtnisses ist das Vergessen, so Luhmann (1998, S. 579). Siehe dazu ausführlicher Dimbath und Wehling (2011, S. 7–36) und besonders Esposito (2002).

  8. 8.

    Als Beispiel wäre hier die Psychoanalyse zu nennen. Denn mit ihr es gelungen, auch das Nichtrationale des Lebens in die Rationalitätssemantik der Gesellschaft einzupassen.

  9. 9.

    Siehe dazu auch: Mirbach (1999/2006).

  10. 10.

    Eine Formulierung dieser Naivposition lautet: „Wie ist es möglich, daß mein Gehirn in meinem Kopf sitzt und ich ohne mein Hier-und-Jetzt-Sein zu verändern in meinem Bewußtsein weit – bis ins Unendliche – über den Ort meiner Anwesenheit hinausgehen kann?“ Die Antwort lautet: Ich kann über den Ort meiner Anwesenheit nicht hinausgehen. Ich kann nur weitere Unterscheidungen einführen (Vgl. Stamer 2010, S. 150–185, hier S. 150).

  11. 11.

    Auf eine genauere Betrachtung des Unterschieds von Alleinsein und Einsamkeit möchte ich an dieser Stelle verzichten. Aus den Ausführungen geht hervor, dass ich Alleinsein als eine soziale Situation auffasse. Einsamkeit dagegen hat keine soziale Relevanz. Dazu Karl Marx: Nur in Gesellschaft kann der Mensch alleine sein.

  12. 12.

    https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressekonferenzen/2012/Alleinlebende/begleitmaterial_PDF.pdf?__blob=publicationFile. Statistisches Bundesamt (2011). (Letzter Aufruf: 28. Februar 2015).

  13. 13.

    Siehe die Diskussion des Verhältnisses von Individualität und Exklusion bei Kronauer (2002, S. 122–132).

  14. 14.

    Zum Zusammenhang von Individualisierung und Körperlichkeit Willems (2009, S. 46).

  15. 15.

    So die Leitfrage in der Studie von Rieffel (2014). Siehe dazu auch Barlösius (2015).

  16. 16.

    http://www.kunstwissenschaften.uni-muenchen.de/forschung/symposien/archiv/symposien2011/immersion/index.html.

  17. 17.

    Siehe zum Begriff „disperses Publikum“ Maletzke (1998, S. 45 f.).

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Meyer, M. (2018). Immersion und der Verlust symbiotischer Symbole. In: Klemm, M., Staples, R. (eds) Leib und Netz. Medienkulturen im digitalen Zeitalter. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-18863-4_3

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