Zusammenfassung
Ausgangspunkt des Artikels ist die große Bedeutung der Biographieforschung für die Frauen- und Geschlechterforschung. Es werden theoretische Konzepte vorgestellt, die für die rekonstruktive Erforschung von Geschlechtlichkeit – als die begriffliche Markierung der Berücksichtigung von L(i)ebensweisen jenseits normativer Heterosexualität – besonders wichtig sind: die Biographizität des Sozialen, der damit verknüpfte Zusammenhang von Biographie und Geschlechtlichkeit und das im Anschluss daran entwickelte queering biographicity. Darüber hinaus werden zentrale empirische Forschungsarbeiten der Frauen- und Geschlechterforschung, der Männlichkeitssoziologie und der queer studies vorgestellt, die einen Schwerpunkt auf die Analyse erzählter Lebensgeschichten legen. Wir fokussieren die Darstellung auf die derzeit einsetzende theoretische wie empirische Dekonstruktion der Zweigeschlechtlichkeit, eine Diversifikation von Perspektiven und die Berücksichtigung nicht-hegemonialer L(i)ebensweisen in der Biographieforschung und weisen die diesbezüglichen Erkenntnis erweiternden und emanzipatorischen Potenziale der Forschungsrichtung aus.
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Literatur
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Gregor, J., Ruby, S. (2018). Biographie und Geschlecht. In: Lutz, H., Schiebel, M., Tuider, E. (eds) Handbuch Biographieforschung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-18171-0_20
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