Zusammenfassung
Bei der Betrachtung der indischen Sozialstruktur kommt man weiter, wenn man Kasten weniger in einem »System« sieht, als vielmehr den Blick auf praktizierte soziale Beziehungen richtet, die vorwiegend der Aufrechterhaltung abgeschlossener Gruppen dienen, was sich insbesondere in den Vorschriften der Endogamie und der Kommensalität zeigt. Bei den Gruppen (den jati) handelt es sich um Bündel von Lineages und Klanen, zu denen man von Geburt an gehört, die sich jedoch zudem in einer Statuskonkurrenz befinden, welche sich unter anderem im Streben nach ritueller Reinheit manifestiert, während soziale Mobilität eingeschränkt ist. Prestige erwirbt man nämlich besonders durch Erfüllung spezifischer ständischer Pflichten (dharma) und genaueste Einhaltung von Regeln.
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Notes
- 1.
Kommensalität bezeichnet die erlaubte Tischgemeinschaft. Einnahme, Zubereitung und Zutaten des Essens sind geregelt (Khare 1986).
- 2.
Brian Smith (1994) hat gezeigt, dass die klassifikatorischen Bemühungen im Brahmanismus sowohl dem Wissen galten, als auch der Kontrolle. »Knowledge is never disinterested. Classifications, such as those made possible by the varna system, reflect the interests of those who are classifying. And those who do the classifying for a particular culture and time do so because they can, because they have seized (or have been given) the ability to imperiously decree what is what« (S. 323).
- 3.
Seit 1990 gab es Quoten von 27 % für die OBC (Other Backward Classes) in den begehrten Regierungsämtern, erst 2006 auch in der höheren Bildung (Hasan 2010). Damit kommen oft Studenten an Studienplätze, die weniger gut darauf vorbereitet sind als die aus höheren und bildungsnäheren Kasten. Diese fallen daher öfter positiv auf und haben bessere Noten. Somit verändert sich die Ungleichheitsordnung trotz positiver Diskriminierung eher wenig. Mittlerweile ist zudem eine Auswanderung der Bessergestellten aus den staatlichen Schulen in Privatschulen festzustellen. Auch der Markt für Nachhilfe boomt.
- 4.
»Much of the mobility appears to be merely horizontal, from traditional caste occupations or agricultural labour in the village to insecure jobs at the lower end of India’s vast informal economy« (Jodhka 2015, S. 10).
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Saalmann, G. (2017). Mit Bourdieu auf Indien geblickt. In: Soziale Ungleichheit in Indien. essentials. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-17624-2_4
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