Skip to main content

Die Legitimation von Bodycams bei der Polizei – Das Beispiel Hamburg

  • Chapter
  • First Online:
Sicherheitsproduktion zwischen Staat, Markt und Zivilgesellschaft

Part of the book series: Studien zur Inneren Sicherheit ((SZIS))

Zusammenfassung

Polizeiorganisationen sind wesentliche Akteure des Feldes der Inneren Sicherheit und als solche auch stets mit gesellschaftlichen Entwicklungen (demografischem Wandel, technischen und wissensbezogenen Veränderungen, sozialen Polarisierungen und Prozessen der Internationalisierung) konfrontiert. Auf diese reagieren sie in unterschiedlicher Weise, wobei sich für Polizeiorganisationen und ihre Mitglieder in verschiedener Hinsicht u. a. auch widersprüchliche Anforderungen ergeben. Ein Gewaltmonopol des Staates stellt immer eine Herausforderung dar. Jede unabhängige Stelle und jeder Mensch kann Gewalt falsch einsetzen oder Gewalt missbrauchen. Der polizeiliche Alltag wird beeinflusst von dem Aussprechen von Ver- und Geboten bis hin zu Eingriffen in die physische Unversehrtheit des Individuums. Das bedeutet, hier wird nicht nur die Ausübung von Gesetzen vollzogen, sondern es findet auch eine Gewaltanwendung statt (vgl. Kipping 2014, S. 98 f.). Dennoch ist diese Art der Gewaltanwendung demokratisch legitimiert. Im polizeilichen Alltag ist selten ein Tag wie der andere, sodass auf immer neue Situationen reagiert werden muss. Dabei kann es sowohl zu Gewalt gegenüber Polizisten kommen als auch Gewalt von Polizisten ausgehen. Ein von der Polizei dauerhaft benanntes Thema ist die gestiegene Gewalt gegenüber Polizeibediensteten und wie man dieser entgegenwirken kann. In diesem Zuge startete das erste Pilotprojekt zur Bodycam in Hessen. Die Ergebnisse des Pilotprojekts, die von der hessischen Polizei veröffentlicht wurden, gaben u. a. den Anlass, auch in Hamburg die Bodycam für die Polizei zu testen. Aufgrund des noch sehr jungen Themas Bodycam bei der Polizei in Deutschland ist wissenschaftliche Literatur Mangelware. Kipker und Gärtner (2015) setzten sich aus der juristischen Perspektive mit der Bodycam auseinander (vgl. ebd. 2015). Für die Ausführungen zu der Entwicklung in Hamburg in diesem Beitrag wurde sowohl ein Interview mit dem Verantwortlichen der Polizei Hamburg durchgeführt als auch an der Beschulungsmaßnahme zur Bodycam für die Polizeibediensteten teilgenommen. Im Folgenden soll zunächst ein Blick auf die USA geworfen werden, da die Gründe die zu einer Einführung von Bodycams geführt haben, einen anderen Fokus setzen als in Deutschland.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 39.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as EPUB and PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Notes

  1. 1.

    Aus Gründen der Lesbarkeit wird sofern nicht anders angegeben, die männliche Form verwendet. Es ist aber immer ausdrücklich auch das weibliche Geschlecht angesprochen.

  2. 2.

    Der Begriff „Bodycam“ folgt in Deutschland keiner einheitlichen Schreibweise (Hessen schreibt „Body-Cam“, Hamburg „Bodycam“). Da in diesem Artikel das Beispiel Hamburg zur Geltung kommt, wird dessen Schreibweise übernommen.

  3. 3.

    Das College of Policing in England und Wales fand heraus, dass die Bodycam als ein Mechanismus gesehen werden kann, der das Vertrauen der Öffentlichkeit in Polizei wiederherstellt (vgl. Ariel et al. 2014, S. 2).

  4. 4.

    Für Hamburg bestehen folgende Gesetzesgrundlagen für Videodokumentation: § 30 HmBDSG, § 58a StPO, § 100 h StPO, § 163 StPO, § 12a VersG, § 19a VersG, § 44, 45 i.V.m. § 36 StVO, § 8 Abs. 1–5 PolDVG.

  5. 5.

    Das polizeiliche Filmen wurde 1989 in das Versammlungsrecht eingefügt (vgl. Arzt 2015).

  6. 6.

    Hier spielt der Aspekt des Vertrauens bei polizeilicher Arbeit eine wichtige Rolle (siehe hierzu ausführlicher Wagener 2015, S. 14 ff.).

  7. 7.

    Angaben insgesamt.

  8. 8.

    Siehe hierzu auch die Ausführungen von Andreas Pudlat in diesem Band.

  9. 9.

    Weitere kritische Aspekte siehe Singelnstein und Puschke (2011, S. 3475 f.).

  10. 10.

    Siehe hierzu ausführlich Lehmann (2014) und Lehmann (2015).

  11. 11.

    In den USA wurde die Diskussion um eine verpflichtende Kennzeichnung nicht auf den Aspekt der Gewalt fokussiert. Hier konzentrierte sich die Debatte u.a. auf die professionelle Integrität von Polizei und den damit einhergehenden internen rechtlichen Schutzmechanismen für die Polizeibediensteten (vgl. Walker 2005).

  12. 12.

    Dieses Statement steht der Aussage von Rüdiger Seidenspinner „unsere Kolleginnen und Kollegen haben es satt, im Zeitalter von Video-Handies immer nur gefilmt zu werden, wenn sie tätig werden“ entgegen (Seidenspinner in GdP-Digit@l 2014).

  13. 13.

    Hessen greift auf eine bestehende Gesetzesgrundlage, welche mit der Einführung von Videodokumentation im Streifenwagen eingeführt worden ist, zurück (§ 14 Abs. 6 HSOG).

  14. 14.

    In NRW wurde der Antrag auf Erprobung abgelehnt (vgl. Drucksache NRW 2015).

  15. 15.

    In Rheinland-Pfalz findet eine wissenschaftliche Begleitung in Bezug auf juristische Fragen durch die Universität Trier statt.

  16. 16.

    In Saarland wird ebenfalls ein Pilotprojekt gestartet (vgl. SRonline 2015).

  17. 17.

    In Hessen war keine Gesetzesänderung nötig, um den Einsatz der Bodycam zu legitimieren. Die Gesetzesgrundlage beruht auf § 14 Abs. 6 HSOG. Im November wird es diesbezüglich eine Gesetzesänderung geben, so dass sowohl Tonaufnahmen gefertigt werden können, als auch die Funktion des pre-recordings aktiviert werden kann (vgl. Behördenspiegel 2015, S. 3).

  18. 18.

    Finanziert werden die Bodycams (ca. 20.000 €) aus dem 10-Millionenpaket der Bürgerschaft zur Verbesserung des Schutzes von Polizeibeamten (vgl. Interview HH, Abs. 71).

  19. 19.

    Näheres zu den technischen Details der Bodycams siehe weiter unten.

  20. 20.

    Alle beschulten Polizisten müssen sich in einer Liste eintragen und sind damit registriert, dass sie im Umgang mit der Bodycam und den damit verbundenen rechtlichen Anforderungen geschult sind.

  21. 21.

    Hessen hatte zum Start des Pilotprojektes eine Weste mit der Aufschrift „Videoüberwachung“. Dies wurde dann im Verlauf des Projektes in „Videodokumentation“ geändert.

  22. 22.

    In einer Bachelorarbeit wurden Polizeibeamte aus Bremen und Bremerhaven, wie diese zu einem möglichen Einsatz der Bodycam stehen, befragt. Hier zeigte die Umfrage, dass die Meinungen dazu sehr heterogen sind (vgl. Venzke 2014, S. 51 ff.).

  23. 23.

    Aus Hessen sind zwei Verfahren bekannt, bei dem die Aufnahmen als Beweismittel verwendet wurden (vgl. Becker 2015, S. 2). Im ersten Fall musste „eine Beweisführung indes nicht vorgenommen werden, weil der Strafbefehl von dem Beschuldigten nicht angegriffen und rechtskräftig wurde.“ (Becker 2015, S. 2). Im zweiten Verfahren wurde ebenfalls auf das Beweismittel (der Aufnahme der Bodycam) verzichtet (vgl. ebd. 2015, S. 2).

  24. 24.

    Als Beispiel wurde hier ein Urteil vom Amtsgericht Frankfurt am Main (06. November 2014) benannt, in dem ein Polizist wegen Körperverletzung im Amt und Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Es stellte sich später heraus, dass hier Falschaussagen vom Ankläger bestanden (vgl. hierzu Behr 2014).

  25. 25.

    Weitere Argumente führt Arzt (2014, S. 6 f.) auf.

  26. 26.

    In den USA besteht das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht (vgl. Arzt 2014, S. 3).

Literatur

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Lena Lehmann .

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2017 Springer Fachmedien Wiesbaden

About this chapter

Cite this chapter

Lehmann, L. (2017). Die Legitimation von Bodycams bei der Polizei – Das Beispiel Hamburg. In: Frevel, B., Wendekamm, M. (eds) Sicherheitsproduktion zwischen Staat, Markt und Zivilgesellschaft. Studien zur Inneren Sicherheit. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-13435-8_12

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-13435-8_12

  • Published:

  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-13434-1

  • Online ISBN: 978-3-658-13435-8

  • eBook Packages: Social Science and Law (German Language)

Publish with us

Policies and ethics