Zusammenfassung
Selbst wenn man anerkennt, dass Stereotype Einfluss darauf nehmen, wie wir andere Menschen wahrnehmen (siehe Kap. 3), ist es schwerer zu akzeptieren, dass die Stereotype der Gruppen, denen wir angehören, unser eigenes Verhalten beeinflussen. Dennoch ist dies der Fall, wie im vorliegenden Kapitel gezeigt wird. In unserer Gesellschaft, in der das Geschlecht eine der auffälligsten sozialen Kategorien darstellt, in die Personen weitgehend automatisch „sortiert“ werden (siehe Abschnitt 2.3 zur Geschlechterkategorisierung), beginnen Kinder früh, diese Kategorie zu nutzen, um Erfahrungen und Wahrnehmungen zu organisieren. Speziell in Situationen, in denen eine Geschlechtergruppe die Minderheit bildet, wird diese Kategorie sehr zugänglich (d. h. salient): Bei einem Gruppenbild fällt die einzige Frau unter Männern sofort auf. Die sozialen Gruppen, denen Menschen angehören und mit denen sie sich identifizieren, bilden einen wichtigen Teil ihrer Identität. Man sieht sich selbst als zugehörig zu diesen Gruppen, unterteilt andere in Mitglieder der Eigengruppe und der Fremdgruppe (d. h. der Männer, wenn Sie eine Frau sind) und hat eine hohe Bereitschaft, sich im Einklang mit dem Bild, das man von dieser Gruppe hat, zu verhalten. Beispielsweise könnten Sie sich in einem Kontext, in dem Sie sich als Führungskraft sehen, bemühen, seriös zu erscheinen, da das Ihrem Bild von Führungskräften und daher in diesem Moment Ihrem Selbstbild entspricht. Auf dem Sportplatz, auf dem ein anderer Teil Ihrer Identität gefragt ist, spielt ein seriöses Auftreten hingegen eine nachgeordnete Rolle und Sie werden sich vermutlich darum bemühen, andere Ihrer Eigenschaften zu verkörpern (z. B. mit vollem körperlichen Einsatz für Ihr Team zu kämpfen). Mädchen oder Junge, Frau oder Mann zu sein, ist in unserer Gesellschaft eine zentrale soziale Identität – anders als bei Sport-Teams kann man die Gruppe auch nicht einfach verlassen. Während Geschlecht insgesamt eine saliente Kategorie ist, unterscheiden sich Menschen jedoch in ihrer Bereitschaft, Geschlecht als Organisationsgrundlage für ihr Handeln und Erleben zu nutzen. Beispielsweise wurde nur bei denjenigen Frauen, die stark mit ihrem Geschlecht identifiziert waren, ein Zusammenhang zwischen ihren impliziten Geschlechterstereotypen bezüglich Natur- und Geisteswissenschaften und ihren Karriereplänen gefunden. Je stärkere Stereotype sie besaßen, dass Naturwissenschaften Männerfächer und Geisteswissenschaften Frauenfächer sind, umso eher wollten sie selbst Geisteswissenschaften und nicht Naturwissenschaften studieren.
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Steffens, M., Ebert, I. (2016). Auswirkungen von Stereotypen auf eigenes Verhalten. In: Frauen – Männer – Karrieren. Springer, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-10750-5_5
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