Zusammenfassung
In Teilen der erziehungswissenschaftlichen Forschung ist jüngst Kritik an den aktuellen Reformen im Bildungswesen deutlich geworden. Bemängelt wird unter anderem, dass sich die ergriffenen Maßnahmen der Schulsteuerung an allgemeinen, „ökonomischen“ Steuerungsmodellen orientieren. So kritisiert Andreas Gruschka, dass die Reformen auf einem Unterrichtsverständnis aufbauen, das der besonderen pädagogischen Struktur von Erziehung und schulischem Unterricht nicht gerecht wird. Demgegenüber verweist er – in Anlehnung an Herwig Blankertz – auf eine „Eigenstruktur des Pädagogischen“, deren Missachtung maßgeblichen Anteil am „Misslingen“ der Reform habe. Der vorliegende Beitrag will dieser Spur folgen und in einem ersten Schritt aufzeigen, wie sich ein „pädagogischer“ Einspruch gegen eine in der aktuellen Praxis der Schulsteuerung zum Vorschein tretende „ökonomische“ Sicht auf das Lernen formulieren ließe. In einem zweiten Schritt soll anhand der zentralen Lernstandserhebung in Hessen aufgezeigt werden, wie sich beide Sichtweisen im schulischen Alltag in unproduktiver Weise entgegenstehen. Schließlich ergibt sich hieraus der Auftrag für die Governance-Forschung, durch die Erforschung der pädagogischen Struktur von Erziehung und Schule zu verbesserten Steuerungsmodellen beizutragen.
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Zu einer gezielten Zuspitzung dieses Passungsproblems siehe auch Dreßler (2013).
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Dreßler, J. (2016). Wider eine ökonomische Sicht auf Schule?. In: Heinrich, M., Kohlstock, B. (eds) Ambivalenzen des Ökonomischen. Educational Governance, vol 29. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-10084-1_4
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