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Auf der Suche nach Erklärungen für die geringe Repräsentanz von Fachkräften mit Migrationshintergrund im frühpädagogischen Berufsfeld

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Frühe Kindheit in der Migrationsgesellschaft
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Zusammenfassung

In einer empirischen Untersuchung mit quantitativen und qualitativen Methoden, deren wichtigste Ergebnisse vorgestellt werden, wird nach Gründen dafür gefragt, warum Fachkräfte mit Migrationshintergrund im Berufsfeld Kindertagesstätte unterrepräsentiert sind. Die Ergebnisse zeigen u. a., dass sie in ihrer Biographie häufig stereotype Einteilungen, Zuschreibungen und Abwertungen erfahren, diese jedoch nicht vor den Toren von Ausbildungsstätten zum Beruf der Erzieherin/des Erziehers oder von Kindertagesstätten Halt machen, sondern auch dort implizit und explizit wirksam werden. Es wird deutlich, dass solche Erfahrungen den Zugang zum oder den Verbleib im Berufsfeld erschweren können.

Ergebnisse einer Befragung an Kindertagesstätten, Berufsfachschulen und Fachakademien.

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Notes

  1. 1.

    Auch im Rahmen unserer eigenen Untersuchungen greifen wir auf den Begriff ‚Migrationshintergrund‘ zurück. Wir sind uns dabei darüber im Klaren, dass dies nicht unproblematisch ist. Ähnlich wie andere Begriffe folgen solche Benennungen auch askriptiven demographischen Merkmalen oder alltäglichen Wahrnehmungsmustern, die häufig an phänotypische Oberflächlichkeiten gekoppelt sind, wobei eine Tendenz zu vereinheitlichenden und festlegenden Gruppenkonstruktionen zu beobachten ist. Es besteht die Gefahr, mit dem Begriff ‚Migrationshintergrund‘ (ungewollt) solche Muster und Logiken zu reproduzieren. Die Vielzahl der sowohl im Alltag, in den Medien als auch in den Wissenschaften verwendeten Benennungen für die in Deutschland lebenden Menschen, die aus anderen Ländern zugezogen sind bzw. eine (familiäre) Migrationsgeschichte haben, zeigt aber auch, dass es unmöglich ist, gültige und Zuschreibungen gänzlich vermeidende Begrifflichkeiten für eine unter Oberbegriffen versammelte Personenkohorte zu generieren. Vereinheitlichende Gruppenkonstruktionen wie ‚Türken‘, ‚Ausländerinnen‘, Zuwanderer, Immigranten, Eingewanderte, neue Inländerinnen, Schwarze, die Anderen, Menschen mit Migrationshintergrund, People of Color etc. greifen die Diversität der so subsummierten Menschen nicht auf, müssen jedoch eher weniger (‚Ausländerinnen‘) oder eher mehr (People of Color) als sinnvoll eingeordnet werden. Zudem machen einseitige Betonungen u. U. unsichtbar, dass „in einem konkreten Fall z. B. nicht nur ein Migrationshintergrund wirksam ist, sondern gleichzeitig und vor allem Generationsverhältnisse, Geschlechterverhältnisse und/oder soziale Schichtungsverhältnisse von Bedeutung sind“ (Leiprecht 2011, S. 8). Um migrationsbezogene Ungleichheitsverhältnisse untersuchen zu können, halten wir aber dennoch (in provisorischer Weise) an der Verwendung der Beschreibungskategorie Migrationshintergrund fest. Sie wurde u. a. eingeführt, um den alltäglichen Begriff ‚Ausländer‘ zu vermeiden und gleichzeitig nicht nur auf die Berücksichtigung von Staatsbürgerschaft angewiesen zu sein. Zudem wird es mit ‚Migrationshintergrund‘ auch möglich, so hoffen wir, Prozesse offen zu legen, die mit Zuschreibungsverhältnissen und entsprechenden Praxisformen zu ‚Migration‘ verbunden sind oder verbunden werden. Wer eine Ignoranz gegenüber Unterscheidungspraxen vermeiden will, wird immer auf (mehr oder weniger geeignete) Bezeichnungen für betroffene Kohorten zurückgreifen müssen.

  2. 2.

    Die Verbleibquote ist der Anteil der Fachkräfte, die eine Ausbildung im frühpädagogischen Bereich absolviert haben und auch aktuell im Berufsfeld arbeiten (Fuchs-Rechlin 2010, S. 47 ff.).

  3. 3.

    Bei der Auswahl des Erhebungsraumes lag der Schwerpunkt auf Regionen, die einen höheren Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund aufweisen, um die Erfolgschancen für verwertbare Ergebnisse zu erhöhen. Beispielsweise wurden deshalb Regionen aus den neuen Bundesländern nicht berücksichtigt. Niedersachsen gewinnt an besonderer Relevanz, da hier unter allen Bundesländern der mit Abstand größte Personalfehlbedarf in der Kindertagesbetreuung prognostiziert wird (Rauschenbach und Schilling 2010, S. 45). Neben Niedersachsen wurden auch Hamburg und die Regierungsbezirke Stuttgart (Baden-Württemberg), Darmstadt (Hessen), Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) und Oberbayern (Bayern) als Erhebungsraum ausgewählt. Die Regierungsbezirke Stuttgart, Darmstadt, Düsseldorf und Oberbayern stellen im jeweiligen Bundesland den Regierungsbezirk mit dem höchsten Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund dar. Diese Studie, Teil eines umfassenderen Forschungsprojektes (siehe Fußnote 5), ist angesichts der ausgewählten Erhebungsräume nicht repräsentativ für Deutschland und hat einen explorativen Charakter.

  4. 4.

    Die Projektförderung durch das BMBF erfolgte im Rahmen des Programms „Ausweitung der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte“ (AWIFF).

  5. 5.

    Das Team des Gesamtprojekts setzt sich zusammen aus Christiane Brokmann-Nooren, Iris Gereke und die Autorin/den Autor des vorliegenden Beitrags. Bedia Akbaş konzentriert sich auf das erste Teilprojekt, über das hier berichtet wird. Ein zweites Teilprojekt, auf das sich Iris Gereke konzentriert, hat als Zielgruppe die Zugewanderten, die bereits im Herkunftsland frühpädagogische Qualifikationen erworben haben. Untersucht wird die (Nicht-) Anerkennung (formal/sozial) der im Ausland erworbenen Abschlüsse, Qualifikationen und Kompetenzen und der Zugang zum Berufsfeld.

  6. 6.

    Ein Drittel der Einrichtungen, deren Leitungen einen Fragebogen ausfüllten, liegen in Großstädten mit über 100.000 EinwohnerInnen, zwei Drittel in Klein- und Mittelstädten. Ca. jeweils ein Drittel der Einrichtungen haben einen öffentlichen Träger (35 %) bzw. einen konfessionellen Träger (34 %). Unter den weiteren freien (gemeinnützigen) Trägern (24 %) hat der Paritätische Wohlfahrtsverband den größten Anteil. Die Zusammensetzung des Datenkorpus entspricht diesbezüglich den Relationen in den Erhebungsregionen, allerdings unterscheiden sich die Trägerlandschaften sehr erheblich in den einzelnen Regionen (z. B. mehr katholische Träger in RBZ Oberbayern und Düsseldorf, nicht-christliche freie Träger in Hamburg).

  7. 7.

    Dabei stammt der überwiegende Teil aus Schulen in Niedersachsen (28), welches als Flächenland auch über die meisten Schulen in den Erhebungsräumen verfügt. Der Rücklauf war am niedrigsten in Hamburg (2 Fragebögen, bei insgesamt lediglich 7 Schulen) und im RBZ Darmstadt (3). Auf Grund der geringen Zahl an Fragebögen aus Hamburg und dem RBZ Darmstadt kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Erhebungsräume durch die Fragebögen repräsentativ abgedeckt werden. Für eine explorative Studie sind im Gesamt des Datensatzes Rücklauf und Datenumfang jedoch ausreichend.

  8. 8.

    Der Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund in den einzelnen Erhebungsräumen liegt in Niedersachsen bei 17,5 %, im RBZ Oberbayern bei 23,8 %, im RBZ Düsseldorf bei 25,2 %, in Hamburg bei 26,9 %, im RBZ Darmstadt bei 28,9 % und im RBZ Stuttgart bei 29,5 % (vgl. Statistisches Bundesamt 2012, S. 36–37).

  9. 9.

    Wir haben die Leitungen um Angaben zu Migrationshintergrund und Religionszugehörigkeit gebeten, die allerdings teilweise auf Schätzungen beruhen. 80 % der Ausbildungsstätten erfassen sowohl die Staatsangehörigkeit als auch die Religionszugehörigkeit der Schülerinnen und Schüler, doch nur bei 50 % werden diese Daten in den Schulstatistiken wiedergegeben. Die Leitungen der Kindertagesstätten haben über die Gehaltsabrechnungen (Kirchensteuer!) Einblick in die Religionszugehörigkeit zumindest der christlichen Mitarbeiter. Andere Religionszugehörigkeiten werden meist jedoch nicht erfasst, genauso wenig wie der Migrationshintergrund. Wir haben die Leitungen deshalb jeweils um (ergänzende) Schätzungen gebeten, um überhaupt Aussagen machen zu können. In kleinen Einheiten (also eher in den Kindertagesstätten als in den Ausbildungsstätten) mögen Schätzungen genauer ausfallen als in größeren Organisationen, in beiden Fällen bleiben jedoch (ergänzende) Schätzungen an den Vorstellungen der befragten Leitungen gekoppelt und sind somit keine ‚harten‘ Daten. Für eine explorative Studie wie die unsere sind solche (ergänzenden) Schätzungen jedoch aussagekräftig genug.

  10. 10.

    Der Bruttomonatsverdienst von Erzieherinnen liegt bei rund 2.500 € monatlich und damit 700 € unter dem von Realschul-, Haupt- und Sonderschullehrerinnen, die Aufstiegsmöglichkeiten sind gering, ebenso der soziale Status des Berufes, und dies trotz der großen Bedeutung, den diese Berufsgruppe im Bildungssystem hat und trotz der immer umfangreicher und anspruchsvoller werdenden Anforderungen (z. B. differenzierte Entwicklungsförderung mit entsprechender Beobachtung und Dokumentation, Kinderschutz, Spracherwerb, niedrigschwellige Anlaufstelle für soziale Beratung/Vermittlung, vorurteilsfreie Erziehung) (vgl. Aktionsrat Bildung 2012; Leiprecht 2012). Allerdings ist hier die Frage, warum strukturelle Probleme des Berufs für Fachkräfte mit Migrationshintergrund schwerer wiegen sollten als für Fachkräfte ohne Migrationshintergrund?

  11. 11.

    Ein Problem, welches allerdings nicht nur auf Fachkräfte mit Migrationshintergrund beschränkt ist.

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Akbaş, B., Leiprecht, R. (2015). Auf der Suche nach Erklärungen für die geringe Repräsentanz von Fachkräften mit Migrationshintergrund im frühpädagogischen Berufsfeld. In: Otyakmaz, B., Karakaşoğlu, Y. (eds) Frühe Kindheit in der Migrationsgesellschaft. Springer, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-07382-4_12

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-07382-4_12

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  • Publisher Name: Springer, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-07381-7

  • Online ISBN: 978-3-658-07382-4

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