Zusammenfassung
Euro-Mediterrane Politik ist rational und interessengeleitet, aber sie ist auch eingebettet in historisch gewachsene Diskurse, deren negative Wirkkraft sich mit einem reinen rational-choice Ansatz nicht fassen lässt. Diese Diskurse sind vielfältig, ähneln sich jedoch in ihrer binären und damit hierarchischen Struktur. Signifikant ist dabei zum einen die Vermischung der Kategorien Identität und Raum und zum anderen eine daran gekoppelte machtpolitische Komponente. Edward Said hat in seinem Standartwerk ‚Orientalism‘ Genese und Wirkkraft dieser Diskurse über mehrere Jahrhunderte in religiösen und literarischen Texten nachgezeichnet und dabei den Begriff ‚othering‘ geprägt, der auch hier von Bedeutung ist (vgl. Said 1979). ‚Othering‘ meint den diskursiven Prozess der Konstruktion des ‚Anderen‘ zur Schärfung und Stabilisierung der eigenen Identität, die als ‚kulturelle‘ Identität konzipiert wird. Diesem Prozess inhärent ist die Tendenz zur Homogenisierung der eigenen Identität durch Negierung interner Differenzen bei gleichzeitiger Hervorhebung der Differenzen gegenüber der anderen, ebenfalls homogen konstruierten ‚Gegenkultur‘. ‚Othering‘ basiert auf selektiver Wahrnehmung und anderen Mechanismen der Realitätsreduktion und führt im Ergebnis zur Überhöhung der eigenen kulturellen Identität und zur Abwertung der ‚anderen‘. Damit wird eine unterkomplexe Weltsicht diskursiv unterfüttert die – wenn sie zur leitenden Handlungslogik avanciert – inadäquate politische Entscheidungen provoziert. Bemerkenswert ist, dass die Rolle der Frau als Kennzeichen der Differenz zwischen vermeintlich antagonistischen Kulturen besonders betont und symbolisch überhöht wird.
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Jünemann, A. (2014). Geschlechterpolitik im Kontext kulturalistischer Identitäts- und Raumkonstruktionen. In: Geschlechterdemokratie für die Arabische Welt. essentials. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-04942-3_6
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