Zusammenfassung
In ihrer Analyse der Bedeutung des Diskriminierungsschutzes weisen Bielefeldt und Follmar-Otto (2005, S. 5 ff.; vgl. Bielefeldt 2005) darauf hin, dass dieser sich nicht nur auf die Freiheits- und Abwehrrechte, sondern auf den Zugang zu „sämtlichen weiteren menschenrechtlichen Gewährleistungen“ bezieht. Damit liegt eine Lesart des menschenrechtlichen Diskriminierungsverbotes nahe, das sich auch auf die Rechte auf „politische Mitwirkung“ (AEDM Art. 21), auf „soziale Sicherheit“ (AEDM Art. 22), „auf angemessene und befriedigende Arbeitsbedingungen“ (AEDM Art. 23), „auf einen für die Gesundheit und das Wohlergehen […] angemessenen Lebensstandard“ (AEDM Art. 25) und auf Bildung (AEDM Art. 26), also auf solche Rechte bezieht, deren Ausübung faktisch nicht allein durch formelle Rechtsgleichheit gewährleistet ist, sondern von Merkmalen der sozialen Lage abhängig bzw. mit diesen verknüpft ist: Dass etwa der Zugang zu Erwerbsarbeit sowie zu befriedigenden Arbeitsbedingungen und zu einem angemessenen Lebensstandard, aber etwa auch die Chancen politischer Mitwirkungen in einem engen Zusammenhang mit der sozialen Lage, nicht zuletzt mit dem Bildungsstatus und den beruflichen Qualifikationen stehen, kann vor dem Hintergrund zahlreicher Studien der sozialwissenschaftlichen Ungleichheitsforschung als evident gelten. Geht man zudem davon aus, dass der Diskriminierungsschutz der Menschenrechte nicht allein auf formale Gleichberechtigung, sondern darüber hinausgehend auf „materielle defacto-Gleichberechtigung“ (Bielefeldt und Follmar-Otto 2005, S. 7 f.) zielt, dann kann es in einer sozialwissenschaftlichen Perspektive als unstrittig gelten, dass sozioökonomische Ungleichheiten Auswirkungen auf die Entstehung von Benachteiligungen haben, welche die Gewährleistung von Menschenrechten betreffen.
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Notes
- 1.
Die soziale Herkunft wird auch in einer Reihe weiterer menschenrechtlicher Vereinbarungen als Diskriminierungsmerkmal benannt, im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Abs. 2) und in der Europäischen Menschenrechtskonvention (Art. 14).
- 2.
der englischsprachigen Fassung ist an dieser Stelle von ‚property‘ die Rede.
- 3.
Zumindest für geschlechtsbezogene, rassistische und ethnisierende Diskriminierungen gilt, dass die Entstehung, Verfestigung und die Funktion von Stereotypen, Vorurteilen und Ideologien, die Benachteiligungen begründen und rechtfertigen, in einem historisch und systematisch engen Zusammenhang mit der Zuweisung sozioökonomischer Positionen sowie politischen und rechtlichen Unterordnungsverhältnissen stehen (vgl. dazu u. a. Balibar und Wallerstein 1990; Bommes und Scherr 1991; Elias und Scotson 1993; Kreckel 1992, S. 212 ff.; Priester 2003).
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Scherr, A. (2014). Welche sozialen Merkmale gelten als Anknüpfungspunkt für unzulässige Diskriminierung?. In: Diskriminierung und soziale Ungleichheiten. essentials. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-04716-0_4
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