Zusammenfassung
Die Transformation hin zu einer nachhaltigen Entwicklung ist ein wissensbasierter, ethisch orientierter Suchprozess, zu dem Hochschulen heute in vielfältiger Weise beitragen können. Um diesen Weg besser begehen zu können, ist es notwendig, das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung in konkrete Zielsysteme und Indikatoren zu übertragen. In Deutschland ist der Diskurs über Indikatoren für Hochschulen bislang kaum geführt worden; ein Umstand, dem der Beitrag von Hagemann und Meisch abhelfen soll. Dazu greifen die beiden Autoren den von Georg Müller-Christ (2011, 2013c) vorgeschlagenen ‚Nachhaltigkeitscheck 2.0‘ als ein geeignetes Indikatorenset auf. Es wird auf seine Schlüssigkeit hin überprüft und anschließend in Auseinandersetzung mit dem Nachhaltigkeitsindikatorenset der Bundesregierung erweitert. In einem weiteren Schritt werden die Nachhaltigkeitsaktivitäten der Eberhard Karls Universität Tübingen vorgestellt und auf Grundlage des modifizierten Indikatorensets einem ‚Nachhaltigkeitscheck 3.0‘ unterzogen. In der Zusammenschau wird deutlich, dass sich die Nachhaltigkeitsaktivitäten der Universität Tübingen nicht als ein kohärenter, von oben gesteuerter Prozess beschreiben lassen. Vielmehr handelt es sich um einen diffusen und vor allem bottom-up, das heißt von Einzelakteuren und ihren Zusammenschlüssen bestimmten Ablauf. In jüngster Zeit dienen der EMAS-Prozess (seit 2009) und der Beirat für nachhaltige Entwicklung (seit 2010) als diskursive Plattformen der Vernetzung unterschiedlicher Aktivitäten und der (Weiter-)Entwicklung einer umfassenden universitären Nachhaltigkeitsstrategie. Dieser Gesamtprozess steht in deutlichem Kontrast zu kleineren, für ihre Nachhaltigkeit ausgezeichneten Hochschulen wie die Leuphana Universität Lüneburg, kann aber für die klassischen Volluniversitäten dennoch als vorbildhaft gelten.
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Notes
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Im Weiteren wird der Begriff ‚Hochschule‘ sowohl für Universitäten als auch Fachhochschulen verwendet.
- 2.
EMAS: Eco-Management and Audit Scheme.
- 3.
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Grundsätzlich ließe sich auch die umgekehrte Blickrichtung, das heißt, eine Erweiterung des Indikatorensets der Bundesregierung durch die Auseinandersetzung mit anderen Indikatorensets einnehmen. Exkursorisch sei dies am Beispiel des Indikatorenbereichs „Bildung“ verdeutlicht, dem das Postulat „Bildung und Qualifikation kontinuierlich verbessern“ zugeordnet ist und der aus drei Indikatoren (9a-c) und zugeordneten Zielen besteht. Die darin angestrebte Erhöhung der Berufsabschluss- und Studierendenzahlen kann selbst bereits als Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung gesehen werden, indem Armut vorgebeugt sowie politische und wirtschaftliche Teilhabe unabhängig von der sozialen Herkunft ermöglicht wird (Bundesregierung 2012, S. 28). Über die rein quantitative Betrachtung hinaus, wie viele Menschen lernen, spielt es für die Transformation zu einer nachhaltigen Entwicklung auch eine Rolle, was Menschen lernen (de Haan und Meisch 2012). Damit setzt sich der Nachhaltigkeitscheck 2.0 zentral auseinander. Das Indikatorenset der Bundesregierung wäre daher um qualitative Indikatoren zu erweitern. Zu bedenken wäre die Ergänzung des Sets um Indikatoren zur Breitenbildung im Sinne einer BNE sowie der Ausbildung von Nachhaltigkeitsspezialisten. Letztere sollen befähigt werden, soziale und technische Innovationen zu generieren und als Pioniere des Wandels diese auch zu vertreten (WBGU 2011). Diese stammen nicht nur aus den Umwelt- und Wirtschaftswissenschaften, sondern explizit auch aus den Geistes- und Sozialwissenschaften. Die Bundesregierung spricht in diesem Zusammenhang von der Bedeutung einer „Kultur der Nachhaltigkeit“ (Bundesregierung 2002, S. 21). Um eine solche Kultur der Nachhaltigkeit umsetzen zu können, bedarf es auch anderer Bildungsinhalte. Dies muss sich auch in der Messung von Nachhaltigkeitsfortschritten abbilden. Daher wären die beiden folgenden Indikatoren sinnvoll: (9d): Anteil an nachhaltigkeitsbezogenen Unterrichtseinheiten in schulischen Lehrplänen; (9e): Anzahl an Studienplätzen in Studiengängen zu nachhaltiger Entwicklung. Ein ähnlich inhaltlich qualifizierender Zugriff kann auch für den Indikatorenbereich ‚Innovation‘ eingenommen werden. Vgl. auch Fußnote 11.
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Ein weiteres, mögliches Indikatorenset, das sich zum Abgleich angeboten hätte, ist der vom FEST erarbeitete „Leitfaden. Indikatoren im Rahmen einer lokalen Agenda 21“ (FEST 2009).
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Dabei handelt es sich um einen explizit gerechtigkeitsbasierten, aufgeklärt anthropozentrischen Ansatz, der sich für starke Nachhaltigkeit und die Erhaltung eines kritischen Naturkapitals ausspricht.
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Es scheint so, dass über das Hochschulsystem hinaus auch in der deutschen Bildungsforschung insgesamt die Entwicklung und Verknüpfung von Indikatoren sowie die Ermittlung von deren empirischen Grundlagen lange hinter dem Stand der internationalen Diskussion zurückblieb (van Ackeren und Hovestadt 2003, S. 8).
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An dieser Stelle soll nicht darauf eingegangen werden, dass beide Darstellungen auch sprachlich Differenzen aufweisen.
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Grundsätzlich gilt es auch zu bedenken, was genau durch Indikatoren im Hochschulbereich abgebildet, gemessen und vergleichbar gemacht werden soll: Sind dies (langfristige) Auswirkungen durch das Handeln oder Voraussetzungen für das Handeln von Hochschulen bzw. hochschulinterne Prozesse? (van Ackeren und Hovestadt 2003, S. 26 f.).
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Dieser Beitrag diskutiert Indikatoren, aber keine Ziele. Es ergibt keinen Sinn, Ziele, die sich ein Staat setzt, auf eine Hochschule übertragen zu wollen. Ziele sollte sich zudem die Polis ‚Hochschule‘ selbst setzen.
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Das könnte auch für die nationale Nachhaltigkeitsstrategie gelten. Zwar wird im Haupttext die Bedeutung von Partizipation und Bürgerbeteiligung betont, jedoch drückt sich dies nicht im Indikatorenset aus. Es existiert kein Indikator zu Partizipation. Jedoch scheint es so, als ob das Familienministerium an der Entwicklung eines solchen Indikators arbeitete (Bundesregierung 2012, S. 55).
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In diesem Indikatorenbereich wären neben der Kinderbetreuung auch andere Indikatoren denkbar, so etwa familienfreundliche Arbeitszeiten oder die Möglichkeit von Home Office.
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Die beiden Autoren waren in diese Veranstaltung als Mitorganisator und Teilnehmer involviert und auch im Vorstand von SIGU aktiv. Heute begleiten sie die Arbeit von SIGU als Alumni.
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Das Kursprogramm gliedert sich in zwei Gruppen: die Grundlagen- und die Themenkurse. In den Grundlagenkursen machen sich die Studierenden mit konzeptionellen Fragen nachhaltiger Entwicklung vertraut; in den Themenkursen lernen sie Herausforderungen nachhaltiger Entwicklung und Lösungsansätze in konkreten Handlungsfeldern kennen. Das Zertifikat Studium Oecologicum erwerben kann, wer mindestens zwölf ECTS-Punkte in mindestens drei Kursen erworben hat, wobei mindestens ein Kurs aus einem der beiden Gruppen stammen muss.
- 16.
Letzte Aktualisierung in der EG Verordnung 1221/2009 („EMAS III“).
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Die Universität Tübingen baut derzeit (Stand November 2013) Expertise im Bereich des Lebenslangen Lernen auf. Ob und inwiefern dies auch Fragen Nachhaltiger Entwicklung umfasst, bleibt zu sehen.
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Es kann aber zugestanden werden, dass ein Schwerpunkt des Antrags auf der gesellschaftlichen Verantwortung von Hochschulen lag. Zwar sind gesellschaftliche Verantwortung und nachhaltige Entwicklung nicht deckungsgleich, es gibt aber viele Frage, die unter beiden Begriffen verhandelt werden.
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Hagemann, N., Meisch, S. (2014). Kriterien für nachhaltige Hochschulen – am Beispiel der Universität Tübingen. In: Tremmel, J. (eds) Generationengerechte und nachhaltige Bildungspolitik. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-02742-1_4
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