Zusammenfassung
Hilbert verfolgte mit seinem Programm grundsätzlich das Ziel, den Verdacht zu entkräften, in den die "gewöhnliche Mathematik" durch die Entdeckung der sog. "logisch-mengentheoretischen Antinomien" geraten war: Können Widersprüche nicht immer wieder auftreten? Was versichert die Mathematik davor? Diese Situation war für Hilbert "unerträglich", die Mathematik sollte ihren Nimbus als Musterwissenschaft unbezweifelbarer Theorien wiedergewinnen. Seine Idee bestand darin, beweisen zu wollen, daß die mathematischen Schlußprinzipien sicher sind, und das heißt konkret, daß aus ihnen keine Widersprüche ableitbar sind. Genauer ging es ihm darum, die Widerspruchsfreiheit mathematischer Theorien in einer Weise mathematisch zu beweisen, daß keine Zweifel an der Gültigkeit dieser Beweise, also keine Zweifel an der Widerspruchsfreiheit und damit an der Zuverlässigkeit der untersuchten mathematischen Theorien mehr bestehen könnten. Die spezielle Weise, in der die Widerspruchsfreiheit zu beweisen ist, muß so gewählt sein, daß ihre Resultate aus anderen Gründen als sicher gelten können, d. h. ohne selbst wieder einen ähnlichen Widerspruchsfreiheitsbeweis zu benötigen. Denn wäre ein solcher weiterer Widerspruchsfreiheitsbeweis nötig, so würden auch die dafür verwendeten Beweismittel wiederum einen solchen Beweis verlangen und das Ganze letztlich auf einen infiniten Regreß hinauslaufen.
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Notes
- 1.
Hilbert, Über das Unendliche [1926], 162.
- 2.
Vgl. Hilbert, Über das Unendliche [1926], 162.
- 3.
Cantor, Grundlagen [1883], 166.
- 4.
Hilbert, Über das Unendliche [1926], 170.
- 5.
Hilbert, Über das Unendliche [1926], 190.
- 6.
Hilbert, Über das Unendliche [1926], 190.
- 7.
Hier ließe sich ein Argument Cantors ins Spiel bringen, das er in bildlicher Form vorgebracht hat: Setzt die Möglichkeit, immer weiter voranzuschreiten (Potentialität), nicht die Aktualität des Weges voraus? – Vgl. Cantor, Gesammelte Abhandlungen [1932], 392.
- 8.
Zu dem erwähnten Zusammenhang zwischen großen Kardinalzahlen und ihren ordinalzahlrekursiven Entsprechungen siehe auch Rathjen, Eine Ordinalzahlanalyse [1992], bes. S. 8–9.
- 9.
„Es gibt manche programmatische Veröffentlichungen Hilberts, in denen das bewiesen-Sein oder beinahe-bewiesen-Sein von Dingen behauptet wird, für die das auch nicht approximativ der Fall ist (Kontinuum-Problem, u.s.w.)“; Brief von John von Neumann an Rudolf Carnap vom 7.6.1931, zitiert nach Mancosu, Between Vienna [1999a], 39, Fn. 10.
- 10.
Zach, Hilbert's Finitism [2001], 141; vgl. auch im ersten Teil das Kapitel zum Finitismus (Kap. 6).
- 11.
Vgl. Hilbert, Wintersemester 22/23 (Kneser) [1923*], 37.
- 12.
„Fundamentistisch“ wird hier als Übersetzung von Englisch „foundationalist“ vorgeschlagen, um es von „fundamentalistisch“/„fundamentalist“ abzuheben.
- 13.
Vgl. Link, Reductionism [2000], bes. S. 174.
- 14.
Vgl. Link, Reductionism [2000], 182–183.
- 15.
Das Zitat lautet im englischen Original: „a systematic presentation of the most important results which have so far been achieved in the pursuit of Hilbert's programme.“ – Schüttes Buch war ursprünglich als Übersetzung und Überarbeitung seines früheren Lehrbuchs gedacht; vgl. Schütte, Beweistheorie [1960]. Die Anpassung an die mittlerweile avancierten Resultate der Beweistheorie machte daraus aber viel eher ein zweites nach-hilbertsches Lehrbuch.
- 16.
Pohlers, Proof Theory [1989].
- 17.
Vgl. Pohlers, Proof Theory [1989], 4.
- 18.
Vgl. Weyl, Philosophie der Mathematik [2000], 89.
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Tapp, C. (2013). Resümee. In: An den Grenzen des Endlichen. Mathematik im Kontext. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-29654-3_16
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