Zusammenfassung
Im ersten Semester seines zweiten Studienjahres in Princeton belegte Everett nur die Vorlesung Eugene Wigners über die Methoden der mathematischen Physik: Vektoranalysis, Fourier-Reihen und Matrizenalgebra.
Wigner und von Neumann waren seit ihrer Studentenzeit in Ungarn gute Freunde und Kollegen. Beide hatten für das Manhattan-Projekt gearbeitet, und beide setzten sich für eine aggressive Außenpolitik der USA ein. Wigner, der sich intensiver mit den Grundlagenfragen der Quantenmechanik beschäftigte als sein Freund, stellte das Postulat vom „Wellenkollaps“ in Frage, das von Neumann aufgestellt hatte, und das von Niels Bohr vertretene „Komplementaritätsprinzip“ befriedigte ihn wenig.
Fragt sich also, wie funktioniert es wirklich? Welcher Mechanismus steckt letztlich dahinter? Niemand kennt einen solchen Mechanismus. … Wir betonen den gewaltigen Unterschied zwischen der klassischen und der Quantenmechanik … Wir können nur Wahrscheinlichkeiten vorhersagen! … anderen Worten, die Zukunft lässt sich nicht in die Karten schauen. … Das bedeutet, dass die Physik in gewisser Hinsicht die Waffen gestreckt hat –falls es ihr, (wie jedermann annahm) ursprünglich darum ging, genügend herauszufinden, um die Entwicklung der Dinge in einer vorgegebenen Situation vorhersagen zu können.
Richard Feynman, 19631
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Notes
- 1.
Feynman, R. (1993). 178–179. Übers. S. Summerer und G. Kurz.
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Danach liegt Phänomenen eine objektive, physikalische Realität zugrunde.
- 3.
Princeton ließ 1961 erstmals eine Frau zu, Sabra Follett Meserve, die in Türkischer Geschichte promoviert wurde. Princeton Alumni Weekly, 12.3.03.
- 4.
Im September 1954 veröffentlichte die in Everetts Heimatstadt erscheinende Alexandria Gazette ein Foto, das zeigt Everett im akademischen Talar mit der Zigarette in der Hand bei der Begrüßung des „Dänischen Weisen“ Niels Bohr in Princeton. Im diesem Sommer hatte Everett, so die Bildunterschrift, „einen Vortrag über sein „Spieltheorie“ genanntes Spezialgebiet gehalten, eine Art wissenschaftliches Raten, das für das Militär wichtig sein kann.“
- 5.
„Ich hab mich auf ein Projekt eingelassen, das die Quantentheorie revidieren sollte,“ sagte Nash, und er schob den Ausbruch seiner Geisteskrankheit diesem Versuch zu. Der Versuch, die Widersprüche der Quantentheorie aufzulösen, auf den er sich im Sommer 1957 eingelassen hatte, sei, so meinte er, „womöglich zu weit gegangen und habe ihn psychologisch destabilisiert.“ Nasar, S. (1998). 221.
- 6.
Schrödinger, E. (1952). 115.
- 7.
Mathematisch berechnet man die Wahrscheinlichkeit aus dem Quadrat des positiven Werts der Wellenfunktion. Dazu später mehr.
- 8.
- 9.
DeWitt, B. und Graham, N. Hg. (1973). 110.
- 10.
Bohrs eigenen schriftlichen Darstellungen der Komplementarität sind bekanntermaßen vage, aber in Verbindung mit den Arbeiten von Werner Heisenberg und Wolfgang Pauli und anderen fand der Ausdruck „Kopenhagener Deutung“ Eingang in die öffentliche Diskussion. Um 1950 bot er sich als eine bequeme Zielscheibe für jene an, die (wie Everett oder Bohm) mit dem Status quo unzufrieden waren. Als eine Art umfassender Deutung der Quantenmechanik enthält sie mehrere wichtige Gedanken, die keineswegs alle Bohrs Zustimmung fanden. Mara Beller bemerkt dazu: „Die Kopenhagener Philosophie lässt sich als ein kontingentes Zusammenspiel mehrerer unterschiedlicher philosophischer Stränge sehen, als die der Öffentlichkeit zugängliche Seite eines verborgenen Netzes sich ständig verschiebender Unterschiede unter ihren Urhebern.“ Beller, M. (1999). 173.
- 11.
Pais, A. (1991). 502.
- 12.
Wheeler, J. A. und Ford, K. (1998). 126.
- 13.
Pais, A. (1991). 435. Bohr schrieb 1956: „Die experimentellen Bedingungen lassen sich auf viele Weisen variieren, aber entscheidend ist, dass wir in jedem Fall anderen mitteilen können, was wir getan und gelernt haben, und deshalb muss die Funktion der Messinstrumente im Rahmen der klassischen Physik beschrieben werden. Da alle Messungen Körper betreffen, die so schwer sind, dass zu ihrer Beschreibung das Quantum ignoriert werden kann, gibt es, genau genommen, in der Atomphysik kein Problem der Beobachtung.“ Bohr, N. (1956).
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French, A. P. und Kennedy, P. J. Hg. (1985). 305. Bohr schrieb 1934: „In unserer Beschreibung der Natur ist das Ziel nicht, das wahre Wesen der Phänomene zu entdecken, sondern nur, so weit wie möglich die Beziehungen zwischen den mannigfaltigen Aspekten unserer Erfahrung aufzuspüren.“ Bohr, N. (1934). 18.
- 15.
Bohr, N. und Rosenfeld, L. (1933). 479. Wir erläutern Bohrs Ansicht weiter unten genauer.
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Wheeler an NSF, 13.1.1955.
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Byrne, P. (2012). Quanten-Everett. In: Viele Welten. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-25180-1_6
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