Zusammenfassung
Die von Frauenbewegungen und feministischer Kritik beförderte Einsicht, dass die Bedeutungen von Geschlecht historisch und kulturell variieren, immer wieder neu hergestellt werden (müssen) und dabei umkämpft sind, war und ist von der Hoffnung begleitet, dass Geschlechterhierarchien damit nicht mehr so leicht aufrechtzuerhalten sind, dass eine grundlegende Veränderung möglich ist. Die Betonung der Veränderbarkeit – notwendig, um Veränderung überhaupt in Angriff nehmen zu können – rückt womöglich eine andere Einsicht in den Hintergrund: Die herrschende Geschlechterordnung erweist sich als beharrlich und zäh und wird – wenn auch unter sich verändernden politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen – vielfältig institutionell abgestützt und reproduziert. Dass damit durchaus auch – im Einzelnen genauer zu betrachtende – Transformationen einhergehen, soll damit nicht negiert werden. Im Kontext des ‚aktivierenden Sozialstaats‘ (vgl. hierzu insgesamt etwa Kessl/Otto 2009) wird zum Beispiel eine „Ideologie der Selbstgestaltung“ wirksam, die die Delegation sozialstaatlicher Verantwortung an die Individuen und deren Bewältigungsleistung zugleich legitimiert und verdeckt (vgl. Bitzan 2003). Die damit angedeuteten Prozesse werden von Maria Bitzan als „Entöffentlichung geschlechtshierarchischer Widersprüche und Individualisierung gesellschaftlicher Konfl ikte“ (Bitzan 2000, S. 340) gekennzeichnet.
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Literatur
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Maurer, S. (2011). GeschlechterUmOrdnungen in der Sozialen Arbeit?. In: Böllert, K., Heite, C. (eds) Sozialpolitik als Geschlechterpolitik. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92793-0_8
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