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Zusammenfassung

Die Ethnologie hat seit ihren Anfängen das animistische Denken als ein Hauptmerkmal der vormodernen Kulturen identifiziert. Schon früh beschrieben Ethnographen, dass primitive Kulturen keine Vorstellung von toter Materie und unbelebten Objekten haben, sondern alles als lebendig und bewusst sehen. Insbesondere Edward Tylor (2005) betonte die Rolle des Animismus in Primitivkulturen. Viele Ethnographen, Historiker und Soziologen erkannten klar die Ähnlichkeiten zwischen Kindern und Primitiven hinsichtlich des animistischen Naturverständnisses. Sogar Lucien Lévy-Bruhl (1930, S. 2) verstand den Animismus der Primitivkulturen als ein kindliches Denken. Seiner Auffassung nach teilen sich Kinder und Primitive den Mangel an Reflexivität des Denkens, der dem Animismus zugrunde liegt.

Die naive Antike sah in der Sonne den großen Himmels- und Weltvater und im Monde die fruchtbare gute Mutter. Und jedwedes Ding hatte seinen Dämon, das heißt, war belebt und gleich einem Menschen oder seinem Bruder, dem Tiere. Man bildete alles anthropomorph oder theriomorph, als Menschen oder als Tier. Sogar die Sonnenscheibe erhielt Flügel und vier Füßchen, um ihre Bewegung zu veranschaulichen. So entstand ein Bild des Universums, das der Realität nur sehr entfernt, ganz aber den subjektiven Phantasien entsprach. Wir kennen diesen Zustand des Geistes aus eigener Erfahrung, es ist ein kindlicher Zustand; für das Kind ist der Mond ein Mann oder ein Gesicht oder der Hirte der Sterne; am Himmel ziehen die Wolken als Schäfchen, die Puppen trinken, essen, schlafen.

(Carl Gustav Jung, Wandlungen und Symbole der Libido, München: DTV 1991, S. 35)

Der Begriff ‚Animismus‘ bezeichnet eine für Naturvölker charakteristische Überzeugung. Wir wählen ihn hier für eine kindliche Eigenschaft. Es sieht so aus, als würden wir dadurch der Frage vorgreifen, ob analoge Überzeugungen bei Naturvölkern und beim Kind identisch seien.“ (Jean Piaget, Das Weltbild des Kindes, Frankfurt am Main: Ullstein 1981, S. 144)

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© 2012 VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden

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Oesterdiekhoff, G. (2012). Animismus. In: Die Entwicklung der Menschheit von der Kindheitsphase zur Erwachsenenreife. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19727-2_8

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