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Zusammenfassung

Ohne Entwicklungspsychologie kann man soziale und politische Institutionen der vormodernen Gesellschaften nicht erklären, weder Gerontokratie noch Monarchie, weder das konkrete politische Handeln von Herrschern und Beherrschten noch die entsprechenden Sitten und Normen. Archaische politische Systeme werden getragen von Menschen, die auf kindlichen Entwicklungsstufen sind. Es liegt auf der Hand, dass Menschen, die auf kindlichen Entwicklungsstufen operieren, vollkommen anders politisch handeln als Menschen, die durch anthropologische Entwicklungsniveaus gekennzeichnet sind, die fünf, zehn und mehr Entwicklungsjahre höher gestuft sind.

Das Leben und Treiben der Fürsten hat noch manchmal ein phantastisches Element, das uns an den Kalifen aus Tausend und eine Nacht erinnert. Sie handeln inmitten der kühl berechneten Unternehmungen bisweilen mit einem verwegenen Ungestüm, das um einer persönlichen Laune willen ihr Leben und ihr Werk in Gefahr bringt.

(Johan Huizinga, Herbst des Mittelalters, Stuttgart: Kröner 1975, S. 13)

Das kleine Kind, das beherrscht wird von der einseitigen Achtung, hat für die Regel, die es von außen erhält, dasselbe mystische Gefühl wie der den Soziologen teure australische Ureinwohner für die Tradition seiner Vorfahren. Das große Kind kennt nur noch die gegenseitige Achtung und betrachtet mit der Einstellung des zivilisierten Intellektuellen gegenüber den Gesetzen seines Landes die Regeln, die es anwendet, als Ausdruck von Meinungen, die fortwährend der Überprüfung unterworfen sind.

(Jean Piaget, Die moralische Regel beim Kind, in: H. Bertram, Gesellschaftlicher Zwang und moralische Autonomie, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1986, S. 110)

Fragen wir uns jetzt, welche Geschichtsphilosophie sich für das Kind aus seiner Entdeckung der Demokratie ergibt. In dieser Hinsicht läßt sich ein bemerkenswerter Synchronismus feststellen: im selben Augenblick, wo das Kind beschließt, dass man die Regeln ändern kann, hört es zugleich auf, an ihre frühere Ewigkeit und ihren Ursprung von den Erwachsenen her zu glauben. Mit anderen Worten, es betrachtet die Regeln als einem ständigen Wechsel unterworfen und nimmt an, sie seien von den Kindern selbst erfunden und verändert worden.

(Jean Piaget, Das moralische Urteil beim Kinde, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1973, S. 77)

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© 2012 VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden

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Oesterdiekhoff, G. (2012). Staat, Regierung und Politik. In: Die Entwicklung der Menschheit von der Kindheitsphase zur Erwachsenenreife. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19727-2_21

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