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Ende des Informationalismus und Bankrott der Bildungsgesellschaft

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Bankrott der Bildungsgesellschaft

Zusammenfassung

Um – im besten kantschen Sinne – den Mut aufbringen zu können, sich des eigenen Verstandes zu bedienen, ist es notwendig, so gut wie irgendwie möglich die Rahmenbedingungen der eigenen Existenz zu durchschauen. Die Vermittlung entsprechender Informationen im Kontext des Diskurses um die Bildungsgesellschaft stellte eines der Hauptziele aller vorangehenden Ausführungen dar. Dabei wurde jedoch absichtlich nicht auf die aktuellsten in Bezug auf dieses Thema relevanten Ereignisse eingegangen, um sie hier in komprimierter Form zu behandeln – auf die direkten Auslöser und v. a. Implikationen der derzeitigen Weltwirtschaftskrise. Letztere ist als Folge sämtlicher vorhin dargelegter Entwicklungen zu betrachten, weswegen ihre Untersuchung nicht unbedingt völlig neue Erkenntnisse zutage fördert. Jedoch lässt sie bisherige oft in einem neuen Licht erscheinen. Und zwar erstens, weil sich oben angesprochene Probleme erst vor ihrem Hintergrund in aller Deutlichkeit (und Hässlichkeit) offenbaren und zweitens, weil im Zuge ihrer Aufarbeitung der Zusammenhang zwischen dem Konzept des informationellen Kapitalismus und der Idee der Bildungsgesellschaft genauso offensichtlich wird, wie der Zusammenbruch beider Vorstellungen.

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Notes

  1. 1.

    Das führt auch zu einer Änderung in der sprachlichen Gestaltung der Arbeit. Schließlich ist es (auf jeden Fall dem Autor des vorliegenden Buches) kaum möglich, fortwährend entsprechende Quellen zu zitieren, ohne sich von ihrem Schreibstil inspirieren oder sogar mitreißen zu lassen. Letzteres ist jedoch hier insofern durchaus von Vorteil, als die Thematik zum Teil sehr schwer – im Sinne von tragisch – ist. Eine gewisse Auflockerung, auch wenn sie in Richtung „Galgenhumor“ geht, kann folglich beim Lesen behilflich zu sein, um nicht in Trübsal zu verfallen.

  2. 2.

    Im vorliegenden Abschnitt wird auf das Platzen des Traumes von einer Bildungsgesellschaft lediglich in seinem Zusammenhang mit dem Zusammenbruch der Vision eines aufkommenden Informationszeitalters eingegangen – v. a. in Hinblick auf die Versprechungen der Vollbeschäftigung. Zur Darstellung des generellen Bankrotts einer auf der Bildung basierenden sozialen Organisationsform siehe Unterkapitel 4.7.

  3. 3.

    Ausführlich zum Zusammenhang zwischen der Weltwirtschaftskrise ab 1929 und dem Aufstieg des Nationalsozialismus in Deutschland siehe Bauer 2008, S. 161 ff.

  4. 4.

    Bezeichnenderweise schlug bereits Francis Fukuyama in seinem viel beachteten Artikel zum Ende der Geschichte auf dem Hintergrund der Ereignisse von 1989 eine Brücke von den „goldenen Jahren“ zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu denen, die seiner Meinung nach mit dem Mauerfall wieder einsetzen würden (Fukuyama 1989; ausführlicher siehe Abschnitt 7.3.6).

  5. 5.

    Z. B. führen einige Wirtschaftswissenschaftler/innen den ökonomischen Einbruch der 1970er Jahre auf Ereignisse in den USA vor den Ölkrisen zurück. In diesem Land – welches nach dem Zweiten Weltkrieg jahrzehntelang durch die Bindung sämtlicher Weltwährungen an den US-Dollar zur Stabilisierung der globalen Wechselkurse und folglich ebenso zur Verhinderung übermäßiger Spekulationen beitrug – kündigte das entsprechende Abkommen („Bretton Woods“) 1971 auf dem Hintergrund der enormen Ausgaben im Vietnamkrieg und dem daraus resultierenden Zahlungsbilanzdefizit auf. Die Währungskurse wurden freigegeben, was zu einer weltweiten Spekulationswelle führte und damit auch – im Nachhinein betrachtet – die „Geburtsstunde“ des Neoliberalismus in seiner heutigen Form markierte (vgl. Bussmann 2009, S. 19; Schäfer 2009, S. 40ff; Ritschl. 2009, S. 27).

  6. 6.

    Als Stagflation wird die Kombination aus Stagnation und Inflation bezeichnet, also gleichzeitig niedriges Wirtschaftswachstum (und damit zunehmende Arbeitslosigkeit, sinkende Kaufkraft etc.) sowie Anstieg des Preisniveaus (vgl. Willis 2006, S. 215).

  7. 7.

    Auf dem Hintergrund des hier gleich Dargestellten ist es höchst bedenklich, dass Barack Obama sofort nach Amtsantritt den bereits über 80-jährigen Paul Volcker zum Leiter jenes President’s Economic Recovery Advisory Board bestellte, welcher Maßnahmen gegen die Finanz- und Wirtschaftskrise ausarbeiten soll. Zwar distanziert sich Volcker heute von der entfesselten Ökonomie, weil sie seiner Meinung nach „den Markttest nicht bestanden“ habe (Schäfer 2009, S. 48). Andererseits war er jedoch genau jener Mann, der das „vorher keynesianisch geprägte Wirtschaftsmodell der USA und damit des Weltkapitalismus in das bis heute gültige neoliberale, finanzmarktdominierte umwandelte“ (Zeise 2009, S. 118).

  8. 8.

    Dabei muss angemerkt werden, dass der Begriff „Derivat“ keinesfalls alles inkludiert, was am Finanzmarkt gehandelt wird. Es sind lediglich „hybride Wertpapiere“, „komplexe Produkte“, die mehrere Finanzinstrumente mit einander kombinieren (Castells 2001, S. 111).

  9. 9.

    Ausführlich zur übermäßigen Macht und fatalen Rolle der Notenbanken in Hinblick auf die Entstehung der aktuellen Weltwirtschaftskrise siehe Zeise 2009, S. 101 ff.

  10. 10.

    Die Volkswirtschafts-Professoren Hanno Beck und Helmut Wienert (2009, S. 7) erklären, warum sehr niedrige Leitzinsen Finanzspekulationen anfachen folgenderweise: „Erstens konnten sich die Geschäftsbanken zu äußerst günstigen Konditionen Fremdkapital beschaffen und dadurch ihre Kreditvergabe ausweiten, und zweitens waren institutionelle Investoren (Versicherer, Pensionskassen, Versorgungswerke), die traditionell konservativ anlegen, angesichts der niedrigen Zinsen gezwungen, sich nach höherverzinslichen Alternativen umzusehen“.

  11. 11.

    An dieser Stelle ist in der deutschen Fassung Castells vom „Mrd. US$“ die Rede, was eindeutig einen Übersetzungsfehler bzw. eine Verwechslung der Zahlenangaben darstellt, da gleichzeitig betont wird, diese Summe entspräche „dem zwölffachen Wert des globalen BIP“ (Castells 2001, S. 112)

  12. 12.

    Die letzte Schilderung soll ausnahmsweise mit einer Fremdaussage direkt belegt werden, weil sie erstens aufzeigt, dass nicht nur der Autor des vorliegenden Buches bei diesem Thema emotional wird, und zweitens von niemand geringerem als Warren Buffet stammt. Denn dieser ist laut Ulrich Schäfer „der erfolgreichste Spekulant der Welt“ und somit vor der Unterstellung „alt-linken“ Gedankenguts sowie der Unkenntnis finanzmarkttechnischer Vorgänge gefeit: „Es kann doch nicht sein, dass hunderttausende Jobs vernichtet werden, dass ganze Industriezweige in der Realwirtschaft auf Grund solcher Finanzwetten zugrunde gehen, obwohl sie eigentlich kerngesund sind“ (nach Schäfer 2009, S. 18f).

  13. 13.

    Am Rande angemerkt ist es durchaus bemerkenswert, dass diese Jahreszahlen genau mit der Datierung des Beginns des Informationalismus im vorliegenden Buch zusammenfallen und im Übrigen auch nur knapp nach dem Ersterscheinen von Bells The Coming of Post-Industrial Society liegen – eines Buches, das sofort nach seiner Veröffentlichung auf größte Beachtung stieß.

  14. 14.

    Eigentlich hätte man das schon ab dem ersten Drittel des 17. Jahrhunderts begriffen haben müssen. Denn „seit der Tulpenmanie der Jahre 1635 bis 1637 sind größere Finanzkrisen ein regelmäßiges Phänomen des modernen Kapitalismus“ (Otte 2009a, S. 15).

  15. 15.

    Northern Rock war nur „der Anfang vom Ende“. Dieses Geldinstitut wurde zwar Anfang 2008 verstaatlicht, jedoch hatten noch nicht alle Mächtigen verstanden, dass das der einzige mögliche Ausweg war. Erst musste im September 2008 der Bankrott einer der größten Investmentbanken – Lehman Brothers – einen weltweiten Börsencrash auslösen, damit die Regierenden sämtlicher wohlhabenden Staaten mit ihrer Abgabe einer Garantie für alle Spareinlagen de facto die Privatisierung des gesamten Bankensektors aufhob (vgl. Schäfer 2009, S. 187ff; Zeise 2009, S. 124 ff).

  16. 16.

    Ähnlich verfuhr z. B. Theodor W. Adorno in seiner 1949 zuerst erschienenen Theorie der Neuen Musik, in der er sämtlichen damals zeitgenössischen Ansätzen der tonalen musikalischen Gestaltung faschistoiden Charakter unterstellte. Dabei bezog sich seine Kritik konkret auf niemand geringeren, als auf Igor Strawinsky, in der Bemühung, die (ideologischen) Mängel dessen kompositorischen Ansatzes im Gegensatz zu jenem – Adorno zufolge bei weitem überlegenen – von Arnold Schönberg zu untermauern.

  17. 17.

    In Europa war die Freude über den Zusammenbruch des Ostblocks in den 1990er Jahren von den Konflikten in Ex-Jugoslawien getrübt. Jedoch wurden auch diese kaum als ein Zeichen für eine dauerhafte Fortsetzung ideologischer Konflikte betrachtet, sondern viel eher im Gegenteil als ihr letztes Aufbäumen im eigenen Todeskampf.

  18. 18.

    Manuel Castells (vgl. 2001, S. 315) spricht dagegen davon, dass die Einkommen der Durchschnittsfamilien in den USA nicht nur in den 1980er Jahren sowie in der ersten Hälfte der 1990er – als „direkte Konsequenz der wirtschaftlichen Neustrukturierung“ – sanken, sondern sogar noch nach dem 1993 eine deutliche Erholung der Wirtschaft einsetzte.

  19. 19.

    Ulrich Schäfer (2009, S. 233) stellt in seinem Buch Der Crash des Kapitalismus eine ähnliche Rechnung mit dem Vergleich des Gehalts von Manager/innen von Spekulationsfonds und dem Lohn „normaler“ Arbeiter/innen auf und kommt auf ein Verhältnis von 1 zu 22.255.

  20. 20.

    Treichl tätigte die Aussage nicht im Kontext der Diskussion um seine Gage, sondern auf dem Hintergrund des im Rahmen der aktuellen Regulierungsmaßnahmen den Banken auferlegten Zwangs, von ihnen vergebene Kredite mit höherem Eigenkapital zu hinterlegen, als bisher. Jedoch folgte das Statement direkt der Kritik an seiner Gehaltserhöhung und wurde von der Öffentlichkeit – v. a. in ihrer Emotionalität – auch größtenteils als Reaktion darauf aufgefasst. Ein Politiker der rechtsgerichteten FPÖ sprach (wie für diese Partei üblich) aus, was die Leute an den Stammtischen dazu meinten: „(…) Treichl ist aus meiner Sicht die personifizierte Unanständigkeit. Nimmt Staatshilfe im Milliardenausmaß und schimpft nachher und zahlt sich selbst Millionenhonorare aus“ (ORF.at 2011 g).

  21. 21.

    Eine detaillierte Aufarbeitung dahinter stehender Gründe kann hier nicht geleistet werden. Nur drei „schnelle“ Erklärungsansätze: Erstens ist eine effiziente Regulierung der globalen Märkte nur möglich, wenn sich alle Staaten der Welt auf eine einheitliche Vorgehensweise einigen. Das ist bekanntlich enorm schwierig (nicht zuletzt, weil es zahlreiche Länder gibt, die von der „entfesselten“ Wirtschaft profitieren) und braucht sehr viel Zeit. Zweitens hat die Finanzlobby inzwischen beträchtliche Macht erlangt. V.a. in den USA ist sie aufs Engste mit der Politik verknüpft, was man u.a. an der Rekrutierung wichtiger Mitarbeiter/innen der Präsidenten aus dem Bankensektor immer wieder sehen kann (ebenfalls unter Obama). Und schließlich sind Finanzmanager/innen – wie man oben bei der Darstellung der Umgehung der Gagendeckelung gesehen hat – höchst phantasievoll, wenn es darum geht, Regeln auszuweichen. Sogar in den eindeutigsten Gesetzen finden sie Schlupflöcher, die ihnen die Fortsetzung der „Party“ erlauben.

  22. 22.

    Der Begriff „Plebs“ ist hier lediglich im ironischen Sinne abwertend gemeint. Gleichzeitig soll an dieser Stelle an seine Ursprungsbedeutung „Plebejer“ erinnert werden – d. h. des einfachen Volkes, auf der Idee dessen Beteiligung an Entscheidungsprozessen das „Plebiszit“ und folglich unserer gesamtes demokratisches System basiert.

  23. 23.

    In den USA ist der Trend zum Zweit- und Dritt-Job bereits seit langem „notorisch“, weil die Bezahlung aus einem Arbeitsverhältnis zum Überleben nicht ausreicht (Zeise 2009, S. 78). Mittlerweile breitet sich dieser Zustand auf alle „wohlhabenden“ Länder aus.

  24. 24.

    Dieses Kapitel wurde im Spätsommer 2011 geschrieben. Der Abschluss des gesamten Buches erfolgte ein halbes Jahr später. Auf eine Aktualisierung der beschriebenen Tatsachen verzichtete der Autor auf Grund dessen, dass das hier Behandelte im Großen und Ganzen die nachfolgenden, uns allen bekannten Ereignisse vorwegnimmt.

  25. 25.

    70 % der Wirtschaftsleistung in Griechenland hängen vom Inlandkonsum ab. Der Rückgang der Einkommen löst automatisch einen Einbruch des Verbrauchs aus, was viele Unternehmen in den Bankrott treibt. Letzteres verstärkt die Arbeitslosigkeit, was wiederum den Konsum dämpft – ein Teufelskreis (vgl. Ertel 2011).

  26. 26.

    Expert/innen zufolge würde z. B. die deutsche Bevölkerung vergleichbare Sparmaßnahmen niemals mittragen, weil sie laut dem Leiter des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung Gustav in einem Totalabsturz der deutschen Wirtschaft münden würden (nach El-Sharif; Kaiser 2011). Ulrich Blum, Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle stellt fest: „Bei solchen Einschnitten hätte auch Deutschland Probleme mit der Regierungsfähigkeit“ (nach ebd.).

  27. 27.

    Bezeichnend ist, dass das neoliberale Modell zunächst im Rahmen einer Diktatur erprobt wurde – und zwar in der Militärchunta unter der Führung von Augusto Pinochet. Hier konnten die „Missionare der entfesselten Marktwirtschaft“ ungestört den „Kapitalismus pur“ umsetzen (vgl. Schäfer 2009, S,97).

  28. 28.

    Dass es auch anders geht zeigt sich z. B. an der brasilianischen Wirtschaft, die derzeit so stark boomt, dass man sich wegen „Überhitzung“ Sorgen macht. Der Hauptgrund für das enorme Wachstum besteht darin, dass in Brasilien im Jahre 2003 ein Sozialist „alter Schule“ an die Macht kam. Mit Wohlfahrtsprogrammen für die ärmsten Bürger/innen seines Landes kurbelte er den Konsum und davon ausgehend die gesamte Ökonomie an. Laut einer aktuellen Studie hat sich daraufhin die Mittelschicht um fast 40 Millionen Bürger/innen vergrößert – Tendenz stark steigend (vgl. ORF.at 2011i).

  29. 29.

    Laut dem Buch des österreichischen Historikers Kurt Bauer Nationalsozialismus: Ursprünge, Anfänge, Aufstieg und Fall bestanden die Hauptgründe dafür zunächst in der regulären zyklischen Erholung und später in der „Rüstungskonjunktur“ (Bauer 2008, S. 271).

  30. 30.

    Solche Fragen wurden bisher immer wieder am Rande aufgeworfen. Um Redundanzen zu vermeiden und gleichzeitig frische Perspektiven einzubringen, erfolgt hier die Untermauerung der Argumentationen mit Hilfe des Rückgriffs auf zwei Publikationen, deren Besprechung bisher bewusst fast gänzlich unterblieb, um sie an dieser Stelle konzentriert vorzunehmen – auf das v. a. an deutsche Leser/innen adressierte Ohne Abschluss in die Bildungsgesellschaft (Solga (2005) und das in erster Linie an US-amerikanische Rezipient/innen gerichtete The Global Auction (Brown et al. 2011). Beide Veröffentlichungen ergänzen sich nicht nur auf Grund ihrer Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Regionen sowie (wissenschaftlichen) Kultursphären, sondern v. a. deshalb, weil die deutsche sich auf die Lage der sozial Benachteiligten und vom Berufsmarkt Ausgeschlossenen fokussiert, während die angelsächsische verstärkt die Probleme der Mittelschicht ins Visier nimmt. Deswegen und auf Basis des Anspruches der globalen Gültigkeit der Aussagen sowie ihrer besonderen Aktualität wird der Letzteren größere Aufmerksamkeit geschenkt.

  31. 31.

    Wie erwähnt orientiert sich das Buch von Brown, Lauder und Ashton stark am US-amerikanischen Markt. Andererseits wird hier der „American Dream“ ebenso als ein Ideal betrachtet, dem inzwischen nicht nur genauso die Westeuropäer/innen, sondern ebenfalls der gesamte Rest der Welt – bis hin zu China und Indien – nachhängt bzw. nachjagt (vgl. Brown et al. 2011, S. 2, S. 150). Insofern und auf Grund dessen, dass die Forschungen, auf denen das Buch basiert, in sieben Ländern durchgeführt wurden, zu denen neben USA, Großbritannien und Deutschland die beiden zuvor genannten gehören, beanspruchen seine Aussagen globale Gültigkeit (vgl. ebd., S. 9).

  32. 32.

    Z. B. stimmen laut Umfragen 80 % der Deutschen folgender Aussage zu: „Deutschland ist eine offene Gesellschaft, was man im Leben erreicht, hängt nicht mehr vom Elternhaus ab, sondern von den Fähigkeiten, die man hat, und der Bildung, die man erwirbt“ (nach Dernbach 2010).

  33. 33.

    Watzlawick (1993, S. 6f) spricht damit die seiner Ansicht nach urmenschliche Eigenschaft an, vermeintliche „Patentlösungen“ immer weiter sowie mit steigender Intensität anzuwenden, auch wenn sich ihre Kontraproduktivität längst empirisch erwiesen hat, anstatt sich zu überlegen, welche Handlungsalternativen es geben könnte. Dadurch erreicht man lediglich immer „mehr desselben Elends“.

  34. 34.

    So schreibt z. B. der Chefredakteur der „Wirtschaftswoche“ Roland Tichy (2009, S. 3f) in einem Artikel unter der Zwischenüberschrift Bitte mehr von diesem Kapitalismus folgendes: „Woher soll das Wachstum in China kommen, wenn nicht aus der Kombination von Kapitalismus nach dortiger Machart (…) mit Globalisierung? Wie sollen die erneute Verelendung und der wachsende Hunger in der „Dritten Welt“ bekämpft werden, wenn nicht durch steigende Einkommen, höhere Rohstoffpreise und eine kapitalistisch geprägte Wachstumsdynamik, die das Pro-Kopf-Einkommen seit den 1980er Jahren stark erhöht, die Kindersterblichkeit in Süd- und Ostasien signifikant reduziert und weltweit die Lebenserwartung verbessert hat?“

  35. 35.

    Dass Akademiker/innen bei einer oberflächlichen Betrachtung von Einkommensstatistiken noch immer viel besser dastehen, als weniger gut Gebildete, hat Brown, Lauder und Ashton zufolge zwei Gründe: Erstens erfuhren auch die anderen Gruppen in dieser Zeit eine Stagnation oder sogar eine (z. T. enorme) Verringerung ihrer Gehälter (Brown et al. 2011, S. 127, S. 12). Viel wichtiger in diesem Kontext ist aber, dass die meisten „Superreichen“ irgendeinen universitären Abschluss vorzuweisen haben (ebd., S. 116) und folglich der Gruppe der hochgebildeten zugerechnet werden. Warum das die Zahlen enorm verzerrt, veranschaulichen die Autoren mit folgendem Witz: Sobald Bill Gates eine Bar betritt, avancieren alle Gäste im Durchschnitt zu Millionären (ebd., S. 117).

  36. 36.

    U.a. anderem führen Brown et al. (2011, S. 145) das Beispiel des chinesischen „Harward Girls“ Yiting Liu an, deren Vorbereitung darauf, einmal an diese Eliteuni zu kommen, bereits im Alter von 15 Tagen begann. Das über entsprechende – durchaus brutale, aber von Erfolg gekrönte – Methoden berichtende Buch wurde mehr 3 Millionen Mal verkauft.

  37. 37.

    Die Tatsache, dass die Meritokratie ausgehend von solchen und ähnlichen Überlegungen ein zutiefst demokratiefeindliches Konzept darstellt, bildet den Hauptgrund dafür, warum sich fast alle im vorliegenden Buch angesprochenen Theoretiker/innen (außer Daniel Bell und z. T. Theodor W. Adorno) von ihm abgrenzen und warum auch der Autor des vorliegenden Buches sich immer wieder überdeutlich dagegen positioniert.

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Pasuchin, I. (2012). Ende des Informationalismus und Bankrott der Bildungsgesellschaft. In: Bankrott der Bildungsgesellschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19638-1_7

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  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-531-19637-4

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