Zusammenfassung
Ganz sachte zersetzte die Wirklichkeit des Krieges die nationale unio mystica des Anfangs. Im dritten Kriegsjahr zeigte sie Risse, und das vierte sprengte sie auseinander. Nunmehr war die deutsche Kultur wirklich gespalten. Die trotzigen Realitätsleugner auf der Rechten interessieren hier nicht. Uns gehen die an, denen die einst höchsten Tugenden, Nationalismus und Bellizismus nunmehr als Irrtümer galten, wenn nicht als Schande. Nicht jeder von ihnen hatte nach dem November 1918 die Kraft, auch persönlich zu dieser Vergangenheit zu stehen. Manche sahen in ihr einen Sündenfall, den vergessen zu machen sie sich beeilten. Wie bei jedem politischen Umschwung, standen Weißwäscherei und Schönfärberei auf der Tagesordnung. Auf solche Retuschen ist oft beträchtliche Mühe gewendet worden. An die Stelle der Tatsachen traten Legenden, und mitunter bestimmen sie das Bild der jeweiligen Personen noch heute.
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Quellen und Anmerkungen
Michael Hepp: Kurt Tucholsky, a.a.O., S. 105; Richard von Soldenhoff (Hrsg.): Kurt Tucholsky 1890–1935. Ein Lebensbild. Quadriga Verlag, Weinheim 1987, S. 65. Hier das Faksimile der Kasinorechnung.
Donald Prater: Stefan Zweig. Das Leben eines Ungeduldigen. Carl Hanser Verlag, München 1981, S . 122.
Stefan Zweig: Tagebücher. Herausgegeben von Knut Beck. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1984, S. 514.
Stefan Zweig: Briefe 1914–1919. Herausgegeben von Knut Beck, Jeffrey B. Berlin und Natascha Weschenbach-Feggeler. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1998, S. 21. — Hervorhebungen im Original.
Ein Faksimile des Textes in — Donald Prater, Volker Michels (Hrsg.): Stefan Zweig. Leben und Werk im Bild. Insel Verlag, Frankfurt am Main 1981, S. 121.
René Schickele: Werke in drei Bänden. Herausgegeben von Hermann Kesten unter Mitarbeit von Anna Schickele. Verlag Kiepenheuer Witsch, Köln 1959, (künftig zitiert als: René Schickele, Werke und Bandzahl), Band 3, S. 10 f.
Adrien Finck, Maryse Staiber (Hrsg.): Elsässer, Europäer, Pazifist. Studien zu René Schickele. Morstadt Verlag, Kehl, Strasbourg, Basel 1984, S. 244.
Kurt Wolff: Briefwechsel eines Verlegers. Herausgegeben von Bernhard Zeller und Ellen Otten. Büchergilde Gutenberg, Frankfurt am Main o. J. [1967], S. 198.
Friedrich Bentmann: René Schickele. Leben und Werk in Dokumenten. Verlag Hans Carl, Nürnberg 1974, S. 108 f.
Erich Mühsam: Tagebücher 1910–1924, a. a. O., S. 171; Julie Boghardt: Minna Flake. Campus Verlag, Frankfurt am Main 1997, S. 40 ff.; Kurt Wolff: Briefwechsel eines Verlegers 1911–1963, a.a.O., S. 204.
Ich folge hier dem Nachwort von Josef Poláček in — Egon Erwin Kisch: Briefe an den Bruder Paul und an die Mutter 1905–1936. Aufbau-Verlag, Berlin und Weimar 1978, S. 396 ff.
Siehe zu diesem diffizilen Komplex meine vergleichende Interpretation der Zeitungs- und der Buchfassung eines symptomatisch veränderten Kisch-Textes — Hans-Albert Walter: Ein Reporter, der keiner war. Rede über Egon Erwin Kisch. Metzlersche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1988.
Walter Grab: Reportage als Sozialkritik. In — Walter Grab: Friedrich von der Trenck. Hochstapler und Freiheitsmärtyrer. Scriptor Verlag, Königstein im Taunus 1977, S. 171 f. — Hervorhebung im Original.
Es ist schon schwer zu verstehen, daß der Kisch-Fan Walter Grab seinen lediglich sprachlich hier und da variierten, substantiell aber unveränderten Text drei Jahre nach dem Erscheinen von Mein Leben für die Zeitung noch einmal vorgelegt hat. Vollends unbegreiflich ist es, daß der zitierte Passus Grabs in einer von angesehenen Wiener Wissenschaftlern betreuten Dissertation noch 1997 als affirmativ verwendetes Motto auftauchen kann. (Vgl. Walter Grab, Julius H. Schoeps (Hrsg.): Juden in der Weimarer Republik. Burg Verlag, Stuttgart — Bonn 1986, S. 230f.;
Marcus G. Patka: Egon Erwin Kisch. Stationen im Leben eines streitbaren Autors. Böhlau Verlag, Wien 1997, S. 41.
Reinhard Müller (Hrsg.): Die Säuberung. Moskau 1936. Stenogramm einer geschlossenen Parteiversammlung. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 1991, S. 179.
Johannes R. Becher: Briefe. Herausgegeben von Rolf Harder. Aufbau-Verlag, Berlin und Weimar 1993, Band 1, S. 30.
Paul Raabe (Hrsg.): Expressionismus. Aufzeichnungen und Erinnerungen von Zeitgenossen. Walter Verlag, Olten und Freiburg 1965, S. 280. — Bechers neuester Biograph gibt als Datum der Veranstaltung den 18. September 1914 an, freilich ohne eine Quelle zu nennen. Vgl. Jens-Fietje Dwars: Abgrund des Widerspruchs. Das Leben des Johannes R. Becher. Aufbau-Verlag, Berlin 1998, S. 59.
Wolfgang Jeske, Peter Zahn: Lion Feuchtwanger oder Der arge Weg der Erkenntnis. Eine Biographie. J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1984, S. 60.
Lion Feuchtwanger: Centum Opuscula, a. a. O., S. 363 (Hervorhebung von mir), S. 369; Lion Feuchtwanger: Stücke in Prosa. Querido Verlag, Amsterdam 1936, S. 215 f.; Wilhelm von Sternburg: Lion Feuchtwanger, a.a.O., S. 152 (gleichlautend in der unter demselben Titel vorgelegten kürzeren Erstfassung der Biographie, Athenäum Verlag, Königstein im Taunus 1984, S. 104).
Joseph Pischel: Lion Feuchtwanger. Versuch über Leben und Werk. Verlag Phil. Reclam jun., Leipzig 1976, S. 39ff.;
Reinhold Jaretzky: Lion Feuchtwanger. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 1984, S. 27 ff. — Bezeichnend sind schon die Kapitelüberschriften »Buddha gegen den Krieg« (Pischel) und »Pazifismus und das Ideal des Verzichts« (Jaretzky).
Marta Feuchtwanger: Nur eine Frau. Jahre — Tage — Stunden. Verlag Langen Müller, München 1983, S. 88 f.
Alfred Kerr: »Ich sage, was zu sagen ist.« Theaterkritiken 1893–1919. Herausgegeben von Günther Rühle. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1998, S. 589.
Walter Benjamin: Berliner Chronik. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1970; Rolf Tiedemann und andere (Bearb.): Walter Benjamin 1892–1940, a. a. O., S. 46 ff.
Oskar Maria Graf: Wir sind Gefangene. Ein Bekenntnisbuch aus diesem Jahrzehnt. Drei Masken Verlag, München 1927 (künftig zitiert als: Wir sind Gefangene I), S. 190 ff.
Oskar Maria Graf: Wir sind Gefangene. Ein Bekenntnisbuch. Verlag Kurt Desch, München 1965 (künftig zitiert als: Wir sind Gefangene II), S. 5. — Dieser arglistigen Täuschung bin ich lange aufgesessen (vgl. mein Nachwort zu — Oskar Maria Graf: Reise in die Sowjetunion 1934. Luchterhand Verlag, Darmstadt 1974, S. 211 f.), und das nicht etwa nur, weil die Erstausgabe mir nicht zur Verfügung stand. Sie wäre zweifellos zu beschaffen gewesen, doch angesichts von Grafs Versicherung im Vorwort bin ich gar nicht auf die Idee gekommen, daß dies nötig sein könnte. Nach mir hat dann auch noch Georg Bollenbeck Grafs Retuschen in puncto Kriegsbeginn für unverfälschte Äußerungen genommen (Georg Bollenbeck: Oskar Maria Graf. Rowohlt Taschenbuch Verlag 1985, S. 43). Vollends folgt die 1978 in der Werk-Edition des Süddeutschen Verlags erschienene Neuauflage von Wir sind Gefangene der Version von 1965.
Gerhard Bauer, Helmut F. Pfanner: Oskar Maria Graf in seinen Briefen. Süddeutscher Verlag, München 1984, S. 22;
Wilfried F. Schoeller: Oskar Maria Graf: Odyssee eines Einzelgängers. Büchergilde Gutenberg, Frankfurt am Main 1994, S. 75.
Gerhard Bauer: Gefangenschaft und Lebenslust. Oskar Maria Graf in seiner Zeit. Süddeutscher Verlag, München 1987, S. 74.
Rights and permissions
Copyright information
© 2003 Springer-Verlag GmbH Deutschland
About this chapter
Cite this chapter
Walter, HA. (2003). Ein Nationalist aus Opportunismus und spätberufene Kriegsgegner der ersten Stunde. In: Deutsche Exilliteratur 1933–1950. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03183-9_8
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03183-9_8
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-00536-6
Online ISBN: 978-3-476-03183-9
eBook Packages: J.B. Metzler Humanities (German Language)