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Das »August-Erlebnis« der geistigen Deutschen

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Deutsche Exilliteratur 1933–1950
  • 112 Accesses

Zusammenfassung

Resümieren wir. Die un- oder antipolitische Mehrheit der Geistigen verstieß gegen gesellschaftliche Übereinkünfte, wenn sie »den« Bürger verachtete und verhöhnte, sich gegen Menschen auflehnte, die im Alltag hierarchisch-autoritäre Lebensformen propagierten oder verkörperten, oder wenn sie die Kunstideale der wilhelminischen Epoche mehr oder weniger vehement verwarf. Solche hier scharf konturierten, in der Realität meist ineinander verfließenden Motivkomplexe des Widerspruchs zum Bestehenden gingen gemeinhin mit verbalen Beteuerungen des Anderswerdenwollens einher, gelegentlich — so in der Jugendbewegung — auch mit realen Bekundungen des Andersseins, mit gelebtem Protest. Die Abkehr vom gesellschaftlich Sanktionierten definierte sich aber selbst dann nicht politisch, wenn sie sich demonstrativ gebärdete. In der Regel war den Aufbegehrenden nicht einmal bewußt, daß ihr Wollen und Tun auch eine politische Dimension besaß. Politik spielte für sie ja in einer anderen Welt (Elias), war Sache des Bürgers, des Alltags (Döblin), war eine ganz untergeordnete menschliche Tätigkeit (Musil). Ihr Widerspruch zum Bestehenden erreichte allenfalls das Vorfeld der Politik.

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Quellen und Anmerkungen

  1. Er wird neuerdings von einigen jüngeren — fast hätte ich gesagt: revisionistischen — Historikern mit, wie mich dünkt, nicht immer sonderlich überzeugenden Argumenten relativiert, und die Tendenz geht dahin, ihn allenfalls für ein paar Großstädte zuzugeben, ansonsten aber in Frage zu stellen. Vgl. Wolfgang Kruse (Hrsg.): Eine Welt von Feinden. Der Große Krieg 1914–1918. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1997; Gerhard Hirschfeld und andere (Hrsg.): Kriegseifahrungen. Studien zur Mentalitätsgeschichte des Ersten Weltkriegs. Klartext Verlag, Essen 1997; Jeffrey Hervey: Der »Geist von 1914« und die Erfindung der Volksgemeinschaft. Hamburger Edition, Hamburg 2000.

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Walter, HA. (2003). Das »August-Erlebnis« der geistigen Deutschen. In: Deutsche Exilliteratur 1933–1950. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03183-9_7

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03183-9_7

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-00536-6

  • Online ISBN: 978-3-476-03183-9

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