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Die ästhetische, ethische und politische Bedeutung einer Kultur der Gefühle bei Platon und Aristoteles

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Die Moderne und Platon
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Zusammenfassung

Um die platonisch-aristotelische Analyse dessen, was im modernen Sprachgebrauch Gefühl oder Emotion genannt wird, korrekt darzustellen, wären noch erheblich mehr als die bisher behandelten Aspekte zu bedenken. Eine grundsätzliche Auswertung der bisher nebeneinander behandelten Einzelaspekte ist aber bereits möglich, die, wie ich hoffe, auch den Einwand entkräften kann, eine rationale Analyse, wie sie Platon und Aristoteles vorschlagen, könne dem Reichtum der Welt der Gefühle niemals gerecht werden.

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Notizen

  1. Eine solche ‚naturalistic fallacy’ lassen sich nach Auffassung George E. Moore’s (Princi-pia Ethica, Cambridge 21993) alle ‚metaphysisch’ begründeteten Ethiken zuschulden kommen. Weil sie glauben, daß jedes Ding einen natürlichen Wert habe, schließen sie von den Eigenschaften der Dinge auf ihren moralischen Wert. Daß Aristoteles diesen Fehlschluß nicht begeht, sondern präzise erklären kann, wann und wodurch die Erkenntnis einer Eigenschaft einen moralisch relevanten Wert bekommt, ist aber, so hoffe ich, aus seiner unterscheidungsphilosophischen Erkenntnisauslegung inzwischen geklärt. Bei der Behandlung seiner Wirtschaftstheorie (die sich ja um eine Erklärung des Gebrauchswerts der Dinge bemühen muß) wird noch genauer belegt werden können, daß Aristoteles den naturalistischen Fehlschluß nicht nur nicht begeht, sondern über kritische Analysen zur Herstellung der Verbindung von natürlichem und moralischen Wert verfügt. S. unten S. 373ff. Zum Verständnis dessen, was unter ‚naturalistic fallacy’ verstanden wird, s. v.a. William K. Frankena, The Naturalistic Fallacy, in: Mind 48, 1939, 464–477.

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  2. S. Verf., Zur Charakterdarstellung des Hippolytos im ‚Hippolytos’ von Euripides, in: Würzburger Jahrbücher für die Altertumswissenschaft N.F. 3, 1977, 17–42.

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  3. S. Verf., Menschliches Fehlen und tragisches Scheitern. Zur Handlungsmotivation im Sophokleischen ‚König Ödipus’, in: Rheinisches Museum 131, 1988, 8–30.

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  4. S. v.a. Michel Foucault, Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses, Frankfurt a.M. 1976 (=Surveiller et punir. La naissance de la prison, Paris 1975).

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  5. Zur Bedeutung des richtigen ‚Logos’ für das antike Ethikkonzept im allgemeinen s. Christoph Horn, Antike Lebenskunst. Glück und Moral von Sokrates bis zu den Neuplatonikern, München 1998, 121ff.

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  6. Diese Differenzierung zwischen dem, was für den Einzelnen wirklich gut und für ihn individuell wirklich erstrebenswert ist, und einem nur scheinbaren Gut, das der Einzelne aufgrund einer unzureichenden und perspektivisch verzerrten Beurteilung erstrebt, spielt auch für die Oppositionshaltung gegenüber der aristotelischen Wirtschaftslehre, durch die sich die neuzeitliche Ökonomik konstituiert, bis in die gegenwärtigen Methodendiskussionen hinein eine wichtige Rolle. Dabei ist es für die Neuzeit überhaupt charakteristisch, daß — bei allen Unterschieden in der Auffassung, welche normativen Setzungen für die Ökonomik gerechtfertigt und erforderlich sind — an der Autonomie des Einzelindividuums in Bezug auf die eigenen Bedürfnisse, Wünsche und Zwecksetzungen festgehalten wird. So vertritt z.B. die moderne Wohlfahrtsökonomik zwar die These, es gebe ein wahres Gemeininteresse im Unterschied zu einem nur vermeintlichen — und grenzt sich mit dieser These von früheren politischen Theorien ab, stimmt aber 1. mit der Tradition darin überein, daß die Prädikate ‚wahr’/,unwahr’ bzw. ‚wirkliche Interessen’/ ‚Scheinbare Interessen’ auf Individuen und ihre Zwecke und Handlungen schlechthin unanwendbar seien; 2. bezieht sich diese Unterscheidung nicht auf ein wirkliches, nach einem objektiven, sachlichen Kriterium beurteilbares Interesse, sondern es geht um die methodisch richtige Ermittlung des von den Einzelinteressen der Individuen vorgegebenen Gemeinschaftsinteresses, nicht aber um die Möglichkeit einer Korrektur dessen, was die Individuen für gut und erstrebenswert halten. Auch dafür wird die, ‚Unfehlbarkeit’ des Einzelnen im Hinblick auf die Bestimmung des für ihn individuell Guten vorausgesetzt und nur auf eine höhere Ebene übertragen, (s. z.B. Gerald D. Feldman, Welfare Economics, in: The New Palgrave 4, 1987, 889–895).

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  7. (Zu der dazu vorausgesetzten Absolutsetzung der Freiheit des Einzelnen und der These der Unhintergehbarkeit und begrifflichen Nicht-Erfaß-barkeit des Individuums s. unten S. 403ff.) In ähnlicher Weise wird auch in der Spieltheorie zwischen wahren Präferenzen der Individuen und falschen Präferenzen unterschieden: gemeint ist damit wiederum kein auf eine objektive, außerhalb des momentanen Horizonts des einzelnen Akteurs liegende Beurteilung verweisender Unterschied, sondern ‚falsche Präferenzen’ sind solche Präferenzen, die von den Individuen in Täuschungsabsicht geäußert werden. Demnach geht es in der Formulierung eines Modells darum, solche Täuschungen mit einzukalkulieren bzw. den Mechanismus so zu konstruieren, daß ausgeschlossen wird, „daß Konsumenten einen Anreiz haben können, falsche Präferenzen anzugeben.“ (Wolfgang Leininger, Artikel ‚Mikroökonomik’, in: Springers Handbuch der Volkswirtschaftslehre, 1996, 1–42, hier: 15). Direkt auf die platonische’ Konzeption der Politeia bezogen ist die Kritik, die Kenneth J. Arrow an Theorien übt, die sich die Gesellschaft als einheitliches Gebilde, quasi als ein Lebewesen, mit homogenen Wertvorstellungen denken, dessen ‚soziale Wohlfahrtsfunktion’ von einem allwissenden, neutralen, ausschließlich an dem Wohl der Gemeinschaft interessierten Philosophenkönig festgelegt wird (Social Choice and Individual Values, New York 1951/1963): eine solche Annahme sei nicht nur unrealistisch, sondern nivelliere alle Unterschiede zwischen den Individuen und unterwerfe die Einzelnen einem äußeren Zwang und entmündige sie gänzlich. Arrow setzt einem solchen Konzept eine Theorie entgegen, die auf der Annahme beruht, jedem Individuum könnten zwei verschiedene Präferenzordnungen zugeordnet werden, eine sozusagen egoistische, die nur auf die privaten Eigeninteressen bezogen ist, und eine soziale, auf die Gemeinschaft bezogene, mit Hilfe derer das Individuum den größten Nutzen bestimmt, den es innerhalb der sozialen Ordnung erreichen kann. Die eigentliche soziale Wohlfahrtsfunktion der Gesellschaft insgesamt bestimmt sich dann als Summe aller einzelnen sozialen Präferenzordnungen der Individuen.

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  8. Einen Überblick über die in der Forschung vertretenen Interpretationsansätze bietet der Sammelband: Matthias Luserke (Hg.), Die Aristotelische Katharsis: Dokumente ihrer Deutung im 19. und 20. Jahrhundert, Hildesheim (u.a.) 1991.

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  9. S. jetzt die neue Studie von Eun-Ae Kim, Lessings Tragödientheorie im Licht der neueren Aristoteles-Forschung, Würzburg 2002.

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  10. S. Verf., Bemerkungen zu Charakter und Schicksal der tragischen Hauptpersonen in der, Antigone’, in: Antike und Abendland 94, 1988, 1–16.

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Schmitt, A. (2003). Die ästhetische, ethische und politische Bedeutung einer Kultur der Gefühle bei Platon und Aristoteles. In: Die Moderne und Platon. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02926-3_9

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-02926-3_9

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-01949-3

  • Online ISBN: 978-3-476-02926-3

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