Zusammenfassung
Für die Analyse der Kafkaschen Romane kann hinsichtlich der in ihnen dargestellten Körperlichkeit zurückgegriffen werden auf einen komplexen Hintergrund aus mythologischen, religionsgeschichtlichen, philosophischen, psychologischen, physiognomischen oder auch kunst- und medientheoretischen Denkansätzen und Traditionen. Die Religionen, die Medizin, die Kunst und die Philosophie haben sich seit jeher verschiedene Begriffe vom menschlichen Körper gemacht.200 Der abendländische Körperbegriff der Neuzeit ist kulturhistorisch in besonderem Maße von einer christlich-jüdischen Denktradition geprägt, die den Körper zumeist in der Abgrenzung von Geist oder Seele definiert.201 Nach biblischer Vorstellung erhält der erste Mensch zunächst „aus einem Erdenkloß“ seinen Körper, bevor Gott ihm „den lebendigen Odem“, seine Seele, einhaucht.202 Dieses Konzept hatte in der Folgezeit starken Einfluss auf die Körperdarstellung in den Künsten. So war die mittelalterliche Proportionslehre in ihrem Kern „kosmologisch-harmonistisch“203, das hieß die Proportionen des zur Darstellung gebrachten menschlichen Körpers sollten übereinstimmen mit dem (rechten und gerechten) Schöpfungsplan Gottes. Gedanklicher Ausgangspunkt dieser Kunstauffassung war demnach eine „metaphysische Ausdeutung des menschlichen Körperbaus“204, für die manieristische Züge oder Umsetzungsversuche, die das Verhältnis von Außen- und Innenleben verdrehten, tabu waren.
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Sell, R. (2002). Begriffe vom Körper. In: Bewegung und Beugung des Sinns. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02872-3_3
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Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-45300-6
Online ISBN: 978-3-476-02872-3
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