Zusammenfassung
»Edith liebt ihn. Hievon nachher mehr.«1 Mit diesen beiden kurzen Sätzen beginnt das Manuskript, das Robert Walser im Sommer 1925 auf 35 oktavformatige Kunstdruckblätter geschrieben hat und das 1972 nach mühsamer Transkriptionsarbeit erstmals publiziert wurde. Nur ein bis zwei Millimeter sind die Buchstaben dieser Walserschen Version der deutschen Kurrent- oder Sütterlinschrift groß, in der der damals 47jährige Autor seine Texte mit Bleistift niederschrieb. Alle Arbeiten, die Walser seit 1924 von Bern aus an die Feuilleton-Abteilungen der bekanntesten deutschsprachigen Tageszeitungen nach Berlin, Prag, Frankfurt, München oder Zürich schickte, die diese Skizzen und Betrachtungen in der Regel auch druckten, alle seine Feuilletons hatten wohl in diesem Bleistiftgebiet, oder, wie es Carl Seelig, der spätere Vormund und Nachlaßverwalter Walsers nannte, in diesen Mikrogrammen ihre erste Niederschrift gefunden. Vor der Publikation überarbeitete Walser die Texte, kürzte sie oft und übertrug sie mit der Feder in eine größere Schrift. Eine solche Umschrift liegt für den Räuber-Roman nicht vor, weshalb es auch ungewiß ist, ob Walser nach der Beendigung dieser 35 Blätter, die 139 Buchdruckseiten entsprechen, noch an eine Publikation dachte. Walser führte dieses Schreib verfahren fort, auch nachdem er Anfang 1929 in die Heilanstalt Waldau bei Bern eintrat, erst 1933, nach der Verbringung in die Heil- und Pflegeanstalt Herisau, ließ er von seiner schriftstellerischen Tätigkeit.
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Notizen
Robert Walser: Aus dem Bleistiftgebiet. 6 Bde. Frankfurt/M. 1985–2000, Bd. 3, S. 11. (Im folgenden zitiert als ›BG‹ mit Band- und Seitenangabe.)
Ein »Experiment ohne Wahrheit« hatte schon Walter Lüssi das Schreiben Walsers genannt: Walter Lüssi: Robert Walser. Experiment ohne Wahrheit. Berlin 1977.
Zu diesem Verständnis der Geste siehe vor allem: Giorgio Agamben: Noten zur Geste. In: Jutta Georg-Lauer (Hg.): Postmoderne und Politik. Tübingen 1992, S. 97–107
und Werner Hamacher: Die Geste im Namen. Benjamin und Kafka. In: Ders.: Entferntes Verstehen. Studien zu Philosophie und Literatur von Kant bis Celan. Frankfurt/M. 1998, S. 280–323.
Emmanuel Lévinas: Jenseits des Seins oder anders als Sein geschieht. Freiburg i. Br. 1992.
Walter Benjamin: Die Aufgabe des Übersetzers. In: Ders.: Gesammelte Schriften. Unter Mitwirkung von Theodor W. Adorno und Gershom Scholem hg. von Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser. Bd. IV. 1: Kleine Prosa, Baudelaire-Übertragungen. Hg. von Tilman Rexroth. Frankfurt/M. 1991, S. 9–21.
Giorgio Agamben: Remnants of Auschwitz. The witness and the archive. New York 1999, S. 137ff.
Emile Benveniste: Sémiologie de la langue. In: Ders.: Problèmes de linguistique générale. Bd. II. Paris 1974 (2000), S. 43–66, hier S. 66.
Peter Utz: Tanz auf den Rändern. Robert Walsers »Jetztzeitstil«. Frankfurt/M. 1998, S. 442.
Sabine Rothermann: Spazierengehen — Verschollengehen. Zum Problem der Wahrnehmung und der Auslegung bei Robert Walser und Franz Kafka. Marburg 2000, S. 111.
Robert Walser: Das Gesamtwerk. Hg. von Jürgen Greven. Bd. XI. Zürich, Frankfurt/M. 1978, S. 233.
André Leroi-Gourhan: Hand und Wort. Die Evolution von Technik, Sprache und Kunst. Frankfurt/M. 1980, S. 240.
Auf die Nähe Walsers zu Gedanken Klees hat wohl als erste Susan Sonntag in einem Vorwort zu einer amerikanischen Anthologie von Texten Walsers aufmerksam gemacht. Übersetzt nachzulesen als: Susan Sontag: Walsers Stimme. In: Robert Walser. Hg. von S.K.P. HELVETIA. Bern 1984, S. 76–78.
Vgl. auch Tamara S. Evans: Robert Walsers Moderne. Bern, Stuttgart 1989, S. 81ff.
sowie Dieter Roser: Fingierte Mündlichkeit und reine Schrift. Zur Sprachproblematik in Robert Walsers späten Texten. Würzburg 1994, S. 164f.
Paul Klee: Beiträge zur bildnerischen Formlehre. Hg. von Jürgen Glaesemer. Basel 1979, S. 15 (Anhang).
Paul Klee: Handzeichnungen II (1921–1936). Hg. von Jürgen Glaesemer. Bern 1984.
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Görling, R. (2002). »Diskreteste Schriftstellerei«. Die Geste der Mitteilbarkeit in Robert Walsers Räuber-Roman. In: Borsò, V., Cepl-Kaufmann, G., Reinlein, T., Schönborn, S., Viehöver, V. (eds) Schriftgedächtnis — Schriftkulturen. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02870-9_22
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