Zusammenfassung
Ikonizität wird als bedeutsamste Qualität des Bildes und seines besonderen Zeichenstatus angesehen. Ikonizität als Ähnlichkeit mit der abgebildeten Wirklichkeit wird, wie eingangs ausgeführt, für die erfahrene Nähe des Bildes zu der von ihm dargestellten Wirklichkeit angesehen. Die Frage der Beziehung zwischen Bild und Objekt ist damit für das Verstehen bildlicher Wirklichkeiten konstitutiv, sie ist Gegenstand der Semiotik. Wird jedoch Ikonizität als wesentliches Bestimmungsmerkmal des Bildes auf die Ähnlichkeit zwischen Bild und Objekt verkürzt, werden in der Semiotik vorfindbare Grundlagen für die Bedeutungskonstitution von Bildern übersehen: Ikonizität ist nicht Voraussetzung zur Interpretation des Bild(zeichens), sondern eine Funktion seiner Bedeutungskonstitution.
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Literatur
Das Verständnis des Interpretanten im Sinne eines Empfängers impliziert, dass eine vollständige Übereinkunft der beteiligten Zeichenverständnisse vorliegt, was den Prozess der Semiose abbrechen würde. Nach Peirce aber wird er gerade an dieser Stelle fortgesetzt. Sonessons Verständnis des Peirce’schen Interpretanten als „simply that which determines the relation between the other two“ (1995, S. 75) besticht in ihrer Knappheit, wird aber erst verständlich, wenn man sich genauer betrachtet, was beim Prozess der Semiose geschieht. Nach Sauerbier (1984) ist der Interpretant keine Person, denn damit würde das Problem „nur verschoben“, weil auch die Person beim Akt der Interpretation Zeichen einsetzt. Er beschreibt die dreigliedrige Zeichenstruktur nach Peirce folgendermaßen: „Das Zeichen basiert auf einem Mittel, das als Vehikel für einen bezeichneten Inhalt der Semiose fungiert; dabei nimmt das Zeichen Bezug auf ein Objekt und wendet sich an ein interpretierendes Bewußtsein, dementsprechend hat es einen Interpretanten. Dieser Interpretant nun ist als interpretierendes Bewußtsein ein ‚interpretierendes Zeichen’.“ (S. 648) Es gibt drei verschiedene Möglichkeiten des Bezugs zwischen Zeichen und Interpretant: Der Interpretant interpretiert das Zeichen mit Hilfe eines anderen Zeichens außerhalb des ersten, er interpretiert durch das Zeichen andere Zeichen oder als dritte, fundamentale Möglichkeit bringt er die Bedeutung des Zeichens hervor, die nicht aus sich heraus existiert. Damit versteht Sauerbier den Peirce’schen Interpretanten einmal als Voraussetzung für den Akt der Interpretation, zum anderen als dessen Resultat (vgl. S. 650). Die Existenz oder Wirkung von Zeichen hängt von anderen Zeichen ab, die sie selbst interpretieren oder durch die sie interpretiert werden, d. h. ein Zeichen ruft im Bewusstsein einer Person ein Äquivalent seiner selbst hervor, das selbst ein Zeichen ist. Damit besitzt der Begriff Interpretant eine doppelte Bedeutung, er ist interpretiertes und interpretierendes Zeichen zugleich (vgl. Sauerbier 1984, S. 651). Er umfasst „die Bedeutung eines gegebenen Zeichens und zugleich die Bedeutung eines anderen Zeichens (...), welche das vorhergehende Zeichen interpretiert“ (ebd.). Die Bezeichnung „Interpretations- oder Informationssystem“ (Baumhauer 1986, S. 39) für Interpretant beschreibt griffig, dass der Interpretant den beidseitigen Bezug von Bedeutungsermittlung und -hervorbringung innerhalb eines Zeichensystems umfasst, wobei das Problem unüberbrückbarer Systemgrenzen nicht ausgeschlossen ist. Dass mit der Definition Peirce’ kein regressum ad infinitum vorgegeben ist, liegt in der kommunikativen Praxis begründet, die jeweils Endpunkte der Interpretation im Kommunikationsakt setzt (vgl. Oehler 1995, S. 16).
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Pietraß, M. (2003). Das Bildzeichen und die Konstitution seiner Relation zur Wirklichkeit. In: Bild und Wirklichkeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93448-2_5
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-93448-2_5
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-8100-3636-0
Online ISBN: 978-3-322-93448-2
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